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Berufsunfähigkeits-Versicherung von der Steuer absetzen? Das geht – und geht doch nicht!

von Thorsten Schierhorn, 26.05.2024

In jedem vierten deutschen Haushalt gibt es eine Berufsunfähigkeitsversicherung – obwohl die Beiträge dafür vergleichsweise hoch sind. Da liegt die Frage nahe: Können Versicherungsnehmer*innen über die Steuer etwas von dem gezahlten Geld zurückbekommen? Die Antwort: prinzipiell ja. Aber wie so oft im Steuerrecht ist es auch hier nicht so einfach. Die KlarMacher bringen Licht ins Dunkel.

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

  • Grundsätzlich kannst du die Beiträge für deine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) von der Steuer absetzen. 
  • In der Praxis ist das aber selten möglich, da es Höchstgrenzen gibt, bis zu denen du die BU-Beiträge absetzen darfst. 
  • Diese Höchstgrenzen erreichst du in der Regel allein mit deinen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. 
  • Steuerliche Sonderfälle sind Berufsunfähigkeitsversicherungen über den Arbeitgeber oder als Zusatz einer Rürup-Rente.

Berufsunfähigkeitsversicherung: Steuerlich absetzbar, aber ...

Der Staat unterstützt dich, wenn du dich vor den finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit schützen willst. Denn die Beiträge für die Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz BU – gelten als sogenannte Sonderausgaben. Und die kannst du von der Steuer absetzen oder wie es in der Fachsprache heißt: steuerlich geltend machen. Schon hast du ein paar Steuern gespart (siehe Kasten).

Wie viel du dabei sparen kannst? Das ist unterschiedlich. In vielen Fällen sparst du sogar nichts. Warum? Weil es für die Sonderausgaben eine gemeinsame Höchstgrenze gibt. Sprich: Du kannst dabei nicht beliebig viel Geld von der Steuer absetzen.

Und noch mehr Faktoren spielen eine Rolle bei der Frage, wie viel du sparst:

  • Hast du die Berufsunfähigkeitsversicherung separat als Hauptversicherung abgeschlossen?
  • Hast du die Berufsunfähigkeitsversicherung als Zusatzversicherung abgeschlossen, etwa als Teil einer Lebens- oder Rentenversicherung?
  • Wie hoch ist dein Einkommen?
  • Bist du angestellt oder selbstständig?
  • Bist du verheiratet oder ledig?

Klingt kompliziert? Ist es leider auch. Aber keine Sorge. Wir sehen uns jeden Punkt in aller Ruhe an.

„Von der Steuer absetzen” – was heißt das eigentlich?

Wenn du Geld von der Steuer absetzt (zum Beispiel Spenden, Versicherungsbeiträge), heißt das nicht, dass du es vom Staat 1:1 zurückbekommst. Aber du kannst gewisse Beträge von deinem Einkommen abziehen. Nur die Restsumme wird versteuert. Entsprechend weniger Steuern musst du zahlen.

Diese Höchstgrenzen gelten bei der Steuererklärung

Die Beiträge für deine Berufsunfähigkeitsversicherung machst du sehr einfach steuerlich geltend: Du zählst alle Beiträge eines Jahres zusammen und trägst die Summe in deiner Einkommensteuererklärung unter dem Punkt „Sonstige Vorsorgeaufwendungen” ein. Dann musst du auf diesen Teil deiner Einkünfte keine Steuern mehr bezahlen.

Das funktioniert aber nur, wenn du deinen Höchstbetrag noch nicht ausgereizt hast. Du darfst nämlich nicht unbegrenzt solche „sonstigen Vorsorgeaufwendungen” von deinem Einkommen abziehen, sondern nur bis zu einer bestimmten Höhe. Die Obergrenze liegt bei:

  • 1.900 Euro, wenn du angestellt oder verbeamtet bist. Sprich: wenn du die Beiträge für Krankenkasse und Pflegeversicherung nicht allein bezahlst. Denn dein Arbeitgeber übernimmt ja eine Hälfte.
  • 2.800 Euro, wenn du gewerbetreibend, selbstständig oder freiberuflich arbeitest. Sprich: Du bezahlst die Beiträge für Krankenkasse und Pflegeversicherung allein.
Tischler poliert eine Holzlatte in seiner Werkstatt
© istock/dragana991/2018  Selbstständige können höhere Beiträge von der Steuer absetzen als Angestellte.

Das klingt nach viel. Trotzdem ist dieser Höchstbetrag meist schnell erreicht. Der Grund: Es gibt ja auch noch weitere Mittel, mit denen du für den Notfall vorsorgst – nämlich deine Beiträge für die Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung. Für diese „Basisabsicherung” besteht zwar keine Höchstgrenze; hier kannst du sämtliche Kosten abziehen. Trotzdem zählen sie für die Höchstgrenze mit. Und das bedeutet: Wenn du mit den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung jährlich über 1.900 beziehungsweise 2.800 Euro kommst, bleibt eben für die Anrechnung der BU-Beiträge kein Spielraum mehr übrig. 

Rechenbeispiel 1 (Stand: 2024)

  • Du bist angestellt und verdienst 30.000 Euro brutto im Jahr. 
  • In der Steuerklasse 1 ohne Kinder zahlst du dafür rund 3.007 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung (Stand: 2024). 
  • Diese 3.007 Euro kannst du in voller Höhe von der Steuer absetzen. 
  • Da du damit allerdings schon mehr als die 1.900 Euro Höchstbetrag geltend gemacht hast, kannst du die Beiträge für die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mehr von der Steuer absetzen. 

Rechenbeispiel 2 (Stand: 2024) 

  • Du bist angestellt und verdienst 18.000 Euro brutto im Jahr. 
  • In der Steuerklasse 1 ohne Kinder zahlst du dafür rund 1.804 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung (Stand: 2024). 
  • Damit verbleiben noch rund 96 Euro bis zum Höchstbetrag von 1.900 Euro für die „sonstigen Vorsorgeaufwendungen”. 
  • Von deinen Beiträgen zur Berufsunfähigkeitsversicherung kannst du nur 96 Euro absetzen. 

Tipp: Trag deine BU-Beiträge vollständig ein – auch dann, wenn du den Höchstbetrag schon mit den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen erreicht hast und keine Steuerersparnis mehr erwarten kannst. Warum? Weil das Finanzamt im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung kontrolliert, ob es für dich eventuell weitere steuerliche Vorteile gibt. 

Du fragst dich, von welchen Steuererleichterungen du außerdem profitieren kannst? Das erklären die KlarMacher im Ratgeber „Mehr Netto vom Brutto – Steuerentlastungen einfach erklärt“. 

Mann mittleren Alters sitzt an seinem Schreibtisch, den Kopf in die aufgestützten Hände versunken
© istock/Thomas_EyeDesign/2013  Zu den häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit zählen psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen.

Was ist mit einer BU-Zusatzversicherung bei Rürup und Riester?

Die oben beschriebenen Regeln gelten in zwei Fällen:

  • Bei einer sogenannten selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) – also die Versicherung, die du direkt für den Fall der Berufsunfähigkeit abgeschlossen hast und für die du eigene Beiträge zahlst.
  • Bei einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ), die du zusammen mit einer Risikolebensversicherung abgeschlossen hast.

Aber es gibt auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Zusatz einer Rürup-Rente. Bei einer solchen BUZ darfst du weitaus höhere Beiträge steuerlich geltend machen. 2024 beträgt die Höchstgrenze für Alleinstehende 27.566 Euro und für Verheiratete 55.131 Euro Brutto-Jahresgehalt. Seit 2023 sind die Beiträge vollständig steuerlich absetzbar. In den vergangenen Jahren war das anders: So hat das Finanzamt für das Jahr 2021 nur 92 Prozent und für das Jahr 2022 nur 94 Prozent der eingezahlten Beiträge anerkannt.  

Und bei der BUZ im Rahmen einer Riester-Rente? Da darfst du die Beiträge ebenfalls von der Steuer absetzen. Allerdings nur dann, wenn von den gesamten Beiträgen zur Riester-Rente höchstens 15 Prozent in die BU-Zusatzversicherung fließen. Und Beiträge in dieser Höhe dürften wohl kaum dafür ausreichen, dass du im Falle einer Berufsunfähigkeit gut abgesichert bist.

Sonderfall BU-Direktversicherung

Manche Arbeitgeber bieten ihren Angestellten eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung an. Genauso wie bei einer betrieblichen Altersvorsorge belohnt das der Staat mit Steuervergünstigungen. Dein Vorteil: Die Beiträge für diese BU-Direktversicherung werden dir direkt vom Lohn abgezogen. Entsprechend niedriger ist dein Einkommen, und entsprechend weniger Einkommensteuer und Sozialabgaben musst du bezahlen.

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