Betriebliche Altersvorsorge: Wann ist sie sinnvoll?

Auf den Punkt

Auf den Punkt
- Arbeitnehmer können einen Teil ihres Gehalts in eine betriebliche Altersvorsorge investieren („Entgeltumwandlung“).
- Die betriebliche Altersvorsorge kann auf unterschiedliche Weise organisiert werden. Über die Art und Weise entscheidet der Arbeitgeber.
- Die Entgeltumwandlung bietet steuerliche Vorteile.
- Die Betriebsrente ist auch bei einer Pleite des Arbeitgebers oder einer Privatinsolvenz sicher.
- Bei einer Entgeltumwandlung erhalten Sie später weniger gesetzliche Rente.
- Sobald Sie die Betriebsrente bekommen, müssen Sie darauf Steuern und teilweise Sozialabgaben bezahlen.
- Womöglich bekommen Sie mit der Betriebsrente nicht die Summe heraus, die Sie eingezahlt haben.
Eine betriebliche Altersvorsorge ist sinnvoll, aber ...
Keine Frage: Die gesetzliche Rente bedeutet für viele einen gehörigen finanziellen Schritt rückwärts, wenn man sie mit dem Gehalt aus Ihrem Arbeitsleben vergleicht. Oft reicht sie nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Rechtzeitig etwas zur Seite zu legen, ist da immer eine gute Idee. Das gilt auch für die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Denn ihr Arbeitgeber und der Staat greifen Ihnen mit Zuschüssen und Steuererleichterungen unter die Arme.
Aber der Spareffekt ist in vielen Fällen nicht so groß, wie man vielleicht glaubt. Zum Beispiel, weil Sie je nach bAV-Modell zwar eine zusätzliche Betriebsrente bekommen – aber dafür eine kleinere gesetzliche Rente. Oder weil Sie zwar Steuervorteile erhalten, solange Sie sparen – aber dafür im Alter Steuern zahlen müssen. Sie sehen: Bei der betrieblichen Altersvorsorge gibt es oft ein „Ja, aber …“. Ohne Einschränkungen sinnvoll ist sie jedoch in den folgenden Fällen:
- Wenn der Arbeitgeber die Beiträge allein bezahlt. Bei den meisten Betriebsrenten zahlen Sie selbst etwas dazu. Manche finanziert der Arbeitgeber aber auch allein, etwa als besonderen Bonus oder um Fachkräfte anzuwerben. Dann haben Sie keinerlei Nachteile und sollten die Gelegenheit nutzen.
- Wenn der Arbeitgeber eine Betriebsrente bietet statt mehr Gehalt. Der Chef will Ihnen keine Gehaltserhöhung zahlen, sondern mit seinen Zuschüssen für Sie eine bAV finanzieren? Wenn Sie das zusätzliche Einkommen ohnehin in die Altersvorsorge stecken wollten – greifen Sie zu! Häufig erhalten Arbeitgeber bessere Konditionen, weil sie gleich mehrere Verträge abschließen. Sie allein kommen bei privaten Vorsorgemodellen meistens schlechter weg. Und dann gibt es in der betrieblichen Altersvorsorge ja auch noch einen Zuschuss vom Arbeitgeber – bei anderen Vorsorgemodellen nicht.
- Wenn Sie sehr wenig verdienen. Wenn Sie nur kleine Beiträge für die bAV abführen können, erhalten Sie zwar nur eine kleine Betriebsrente. Bleibt sie aber im Rahmen der Freibeträge, kommen Sie immerhin um die Sozialabgaben herum.
Und in allen anderen Fällen? Da kommt es darauf an, ob für Sie die Vorteile oder die Nachteile überwiegen. Sehen wir sie uns im Einzelnen an.
Übersicht: Vor- und Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge
Vorteile | Nachteile |
Garantierte Rente bis ans Lebensende | Weniger gesetzliche Rente |
Steuervorteile in der Ansparphase | Nachgelagerte Besteuerung |
Weniger Sozialabgaben in der Ansparphase | Teilweise Sozialabgaben auf die Betriebsrente |
Arbeitgeberzuschuss von mindestens 15 Prozent (bei Neuverträgen ab 2019, sonst ab 2022) | Fortführung bei Arbeitgeberwechsel teilweise mit hohem Aufwand verbunden |
Sicher bei Hartz IV und vor Pfändung | Keine vorzeitige Kündigung bzw. Auszahlung möglich |
Fortführung bei Arbeitgeberwechsel grundsätzlich möglich | Geringer Ertrag im Vergleich zu anderen Anlageformen |
Je nach Vertrag Absicherung der Hinterbliebenen möglich | |
Wenig Aufwand, da Abwicklung über den Arbeitgeber erfolgt |
Betriebliche Altersvorsorge: Das spricht dafür
Der Staat unterstützt die betriebliche Altersvorsorge mit einigen Vergünstigungen und Sicherheiten. Diese Punkte sprechen für die Betriebsrente:
Steuererleichterungen bringen bares Geld.
Wenn Sie eigenes Geld in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen, belohnt das der Staat mit Steuervorteilen. Die Beiträge zieht Ihnen der Arbeitgeber vom Bruttolohn ab und überweist sie direkt in die bAV-Kasse (das nennt sich „Entgeltumwandlung“). Für diesen Teil des Lohns wird keine Einkommensteuer fällig. Und auch die Sozialabgaben (für Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse etc.) fallen weg.
Das gilt zumindest für Beiträge bis zu einer gewissen Höhe. Die Grenzen für 2020 lauten: Für Monatsbeiträge bis 552 Euro fallen keine Steuern an, bis 276 Euro bleiben die Beiträge außerdem sozialabgabenfrei.
In der Praxis bedeutet das: Sie zahlen beispielsweise 200 Euro von Ihrem Bruttolohn in die bAV-Kasse ein. Würden Sie das nicht tun, müssten Sie für diesen Betrag – bei einem durchschnittlichen Einkommen – um die 90 Euro Steuern und Sozialabgaben zahlen. Weil Sie die 200 Euro aber in Ihre Altersversorgung investieren, verschont Sie der Staat. Und da Sie so 90 Euro sparen, kosten Sie die 200 Euro für die bAV zu diesem Zeitpunkt nur 110 Euro.
Die Betriebsrente ist sicher.
Was passiert mit Ihrem bislang angesparten Geld, wenn Ihr Arbeitgeber oder das Versicherungsunternehmen in der Zeit bis zu Ihrer Rente pleitegehen? Dann springt der Pensionssicherungsverein (PSV) ein und zahlt die Betriebsrente aus.
Falls Sie einmal arbeitslos werden und Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) bekommen, bleibt das angesparte Geld unangetastet. Andere Ersparnisse dagegen müssen Sie zunächst aufbrauchen, bevor Sie Arbeitslosengeld II erhalten.
Das Gleiche gilt, falls es bei Ihnen zu einer Pfändung kommt. An das Geld in der Betriebsrentenkasse kommt der Gerichtsvollzieher nicht heran.
Die Rente gibt es lebenslang.
In der Regel bekommen Sie das Geld aus Ihrer bAV-Kasse als monatliche Rente bis ans Lebensende. Wie hoch diese bAV-Rente ausfällt, hängt von Ihrem Vertrag ab. Hier steht, welche Lebenserwartung die Versicherung bei Ihnen anlegt. Je länger Sie laut Versicherung voraussichtlich leben, umso länger muss das angesparte Geld reichen, umso weniger gibt es also pro Monat. Wenn Sie aber länger leben als vorhergesagt, läuft die Rente trotzdem weiter. In dem Fall erhalten Sie also mehr ausgezahlt, als Sie überhaupt angespart hatten. Sie können sich das angesparte Geld aber auch auf einen Schlag auszahlen lassen, wenn Sie das Rentenalter erreicht haben.
Sicherheit für Ihre Familie
Mit einer betrieblichen Altersvorsorge können Sie nicht nur sich, sondern auch Ihre Hinterbliebenen (Ehe-/Lebenspartner und Kinder) absichern. Was die Hinterbliebenen im Todesfall bekommen, hängt vom jeweiligen Vertrag und dem Durchführungsweg ab. Falls Sie vor Ihrem Rentenbeginn sterben, erhalten die Erben entweder die eingezahlten Beiträge, das komplette, angesparte Kapital (also Beiträge plus Zuschüsse und Zinsen) oder eine Hinterbliebenenrente. Wenn Sie bereits im Ruhestand waren, bekommen Ihre Hinterbliebenen je nach Vertrag den Rest der eingezahlten Beiträge oder eine monatliche Rente.
Weiterführung bei Arbeitgeberwechsel
Was passiert eigentlich, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz wechseln und Ihr neuer Arbeitgeber (noch) keine betriebliche Altersvorsorge anbietet? Oder er mit einem anderen Anbieter zusammenarbeitet oder eine anderen Durchführungsweg nutzt? Dann kann der Vertrag auf verschiedene Weise weitergeführt werden:
- Ihr neuer Arbeitgeber übernimmt Ihre betriebliche Altersvorsorge und führt sie wie gewohnt fort. Das geht bei einer Direktversicherung, einer Pensionskasse und einem Pensionsfonds (siehe Durchführungswege). Allerdings muss er freiwillige Zuschüsse Ihres bisherigen Chefs nicht weiterzahlen.
- Ihr neuer Arbeitgeber schließt einen bAV-Vertrag für Sie ab, wie er in seinem Unternehmen üblich ist. In diesem Fall können Sie das angesparte Kapital aus Ihrem alten Vertrag in den neuen übertragen. Eventuell werden dafür Gebühren fällig.
- Sie führen den bAV-Vertrag in Eigenregie weiter. Das heißt, die Beiträge laufen nicht mehr über den Arbeitgeber und werden nicht mehr von Ihrem Bruttoeinkommen abgezogen. Stattdessen zwacken Sie selbst Geld von Ihrem Nettoeinkommen ab. Dann erhalten Sie allerdings keine Steuervorteile mehr. Achten Sie darauf, dass Sie in diesem Fall als Versicherungsnehmer im Vertrag stehen und nicht mehr Ihr bisheriger Arbeitgeber.
Wenn weder Ihr Arbeitgeber den Vertrag weiterführen möchte noch Sie selbst, können Sie den Vertrag einfach ruhen lassen. Sie zahlen dann keine Beiträge mehr, das angesparte Kapital bleibt aber weiter angelegt und wird Ihnen im Alter als Rente ausbezahlt.
Betriebliche Altersvorsorge: Das spricht dagegen
Die betriebliche Altersvorsorge hat allerdings auch Nachteile. Das wohl größte Manko: Wenn Sie nur die reine Entgeltumwandlung einsetzen und Ihr Arbeitgeber lediglich den Pflichtzuschuss von 15 Prozent beisteuert, dann machen Sie meistens ein großes Minus. Denn nur in seltenen Fällen bekommen Sie das Geld heraus, das Sie angespart haben. In fast allen Vergleichen würden Sie finanziell besser fahren, wenn Sie das Geld in eine andere Anlage stecken würden.
Die Steuer schlägt im Alter zu
Was Ihnen der Staat beim Ansparen „erlässt“, holt er sich später zurück. Zwar nicht alles, aber einen Teil. Und zwar ausgerechnet dann, wenn Sie ohnehin schon weniger Einkommen zur Verfügung haben – nämlich im Rentenalter.
Denn auf Ihre Betriebsrente müssen Sie Steuern und Sozialabgaben zahlen. Das nennt man „nachgelagerte Besteuerung“. Mehr noch: Im Arbeitsleben übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte der fälligen Sozialabgaben. Sobald Sie die Betriebsrente beziehen, zahlen Sie hingegen die gesamten Sozialabgaben allein.
Immerhin: Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung sind für Ruheständler kein Thema mehr. Sozialabgaben zahlen Sie also „nur“ noch für die Kranken- und Pflegeversicherung. Für die Krankenversicherung (KV) gilt ein Freibetrag von 159,25 Euro (Stand: 2020). Sprich: Sozialabgaben auf die Betriebsrente zahlen Sie nur für den Betrag, der über diesen 159,25 Euro liegt. Und auch an Steuern zahlen Sie sehr wahrscheinlich weniger als das, was Sie vorher gespart haben. Denn im Alter haben Sie in aller Regel niedrigere Einkünfte als im Arbeitsleben. Durch die Steuerprogression fallen die fälligen Steuern entsprechend niedriger aus.
Mehr dazu finden Sie im Artikel Betriebliche Altersvorsorge: Wie läuft es bei der Steuererklärung?.
Mehr Betriebsrente = weniger gesetzliche Rente
Die Beiträge in Ihre gesetzliche Rente werden von Ihrem Bruttoeinkommen abgezogen. Derzeit sind das 18,6 Prozent, der Arbeitgeber legt noch einmal 18,6 Prozent obendrauf (Stand: 2020). Und je mehr Sie für Ihre gesetzliche Rente einzahlen, umso höher fällt sie später aus.
Aber was passiert, wenn Sie etwas von Ihrem Gehalt für die betriebliche Altersvorsorge abzweigen und Ihr Bruttoeinkommen dadurch sinkt? Sie zahlen automatisch weniger in die Rentenkasse ein und beziehen deshalb eine geringere gesetzliche Rente im Alter. Das muss die betriebliche Rente erst einmal ausgleichen. Experten haben ausgerechnet: Bei manchen Verträgen müssten Sie über 90 Jahre alt werden, bis Sie das Geld wieder raus haben, das Sie eingezahlt hatten. Am besten ist, Sie lassen sich vor Ihrer Unterschrift von einen unabhängigen Rentenexperten beraten.
Weniger Bruttoeinkommen heißt im Fall der Fälle übrigens auch: weniger Krankengeld, Elterngeld und Arbeitslosengeld.
Einmalzahlung kann teu(r)er werden
Wenn Sie sich Ihre angesparte Betriebsrente auf einen Schlag auszahlen lassen, werden ebenfalls Steuern fällig. Und die sind durch die Steuerprogression unterm Strich höher als bei einer monatlichen Rente.
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, müssen Sie außerdem die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, die auf die Einmalzahlung fällig werden. Allerdings nicht auf einmal, sondern in Monatsraten über zehn Jahre. Immerhin: Auch hier gilt der Freibetrag für die Krankenkassenbeiträge (siehe den Absatz „Die Steuer schlägt im Alter zu.“).
Vorzeitige Auszahlung ist nicht drin
Sie hätten Ihr angespartes Geld gerne schon vor Rentenbeginn? Zum Beispiel als Eigenkapital für einen Immobilienkauf? Für einen Notfall? Pech gehabt: Das ist bei der betrieblichen Altersvorsorge nicht möglich. Sie wird frühestens ab dem 62. Geburtstag ausgezahlt. Vorher dürfen Sie den Vertrag nicht kündigen.
Mehr dazu finden Sie im Artikel Die betriebliche Altersvorsorge kündigen: Geht das überhaupt?.
Arbeitgeberwechsel kann Ärger machen
Die vielen Möglichkeiten bei einem Arbeitgeberwechsel (siehe den entsprechenden Absatz unter Betriebliche Altersvorsorge: Das spricht dafür) machen einem die Sache nicht immer leicht. Übernimmt der neue Arbeitgeber den alten Vertrag? Wie läuft es mit einem Wechsel? Weiterführen oder ruhen lassen? Was kostet eventuell wie viel? Das müssen Sie alles sorgfältig klären und organisieren. Das bedeutet häufig einen erheblichen Aufwand.
Und: Wenn Sie Ihre bisherige Vorsorge im neuen Job nicht fortsetzen können, müssen Sie unter Umständen eine andere vereinbaren. Dann stehen Sie am Ende womöglich mit mehreren bAV-Verträgen da. Die könnten zusammen weniger Gewinn abwerfen als ein einziger Vertrag mit besseren Konditionen und Zinseszinsen.
Das sind die 5 bAV-Durchführungswege
Die eine betriebliche Altersvorsorge gibt es nicht. Insgesamt existieren fünf Varianten, die sogenannten Durchführungswege:
- Direktversicherung: Dahinter steckt im Grunde eine Lebens- oder Rentenversicherung, die der Arbeitgeber für Sie abschließt. Die Versicherer werden von der staatlichen Aufsichtsbehörde BaFin überwacht, damit das Geld wirklich sicher angelegt wird.
- Pensionskasse: Früher legten manche Unternehmen die Sparbeiträge selbst an, statt dies einem Versicherer zu überlassen. Das Geld wanderte dann in sogenannte Pensionskassen. Das sind sozusagen Versicherungen in Unternehmerhand. Heute dürfen allerdings auch Versicherer eine Pensionskasse einrichten, deswegen ist der Unterschied zu einer Direktversicherung nicht mehr groß.
- Unterstützungskasse: Im Unterschied zum Direktversicherer oder einer Pensionskasse kann eine Unterstützungskasse frei entscheiden, wie sie das Geld anlegt. Eine Aufsicht durch die BaFin gibt es für sie nicht. Das kann ein höheres Risiko bedeuten, aber dafür auch mehr Gewinn bringen. Darauf verlassen sollten Sie sich nicht. Eine Unterstützungskasse garantiert jedenfalls nur eine relativ geringe Rente.
- Pensionsfonds: Hier wird das Geld stärker in Aktien und Aktienfonds angelegt. Dadurch gibt es die Chance auf eine höhere Rendite, aber auch mehr Risiken, dass Geld verloren geht. Die Beiträge, die man eingezahlt hat, gibt es aber garantiert zurück.
- Direktzusage: Dieses Modell wird häufig auch „Pensionszusage“ genannt. Dabei sorgt der Arbeitgeber im Alleingang für die Betriebsrente: Aus eigener Kasse legt er das Geld für Sie zurück und an. Per Entgeltumwandlung können Sie in der Regel noch etwas hinzutun, damit Ihre Betriebsrente höher ausfällt.
Im Jahr 2018 wurde außerdem das Sozialpartnermodell eingeführt. Diese Variante ist auch als „Nahles-Rente“ bekannt. Sie wird von Arbeitgebern und Gewerkschaften in einem Tarifvertrag festgelegt. Eine garantierte Rente gibt es hierbei nicht, lediglich eine Zielsumme. Je nachdem, wie erfolgreich das Geld angelegt wurde, erhalten Sie daraus eine höhere oder niedrigere Rente.