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Beitragsbemessungs-grenze: Wer drüber ist, zahlt weniger

von Thorsten Schierhorn, 28.06.2023

Jeden Monat das gleiche Spiel: Der Arbeitgeber zieht von Ihrem Gehalt allerlei Beiträge ab. Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung. Je höher Ihr Gehalt, umso mehr Geld wird abgezogen – logisch. Aber das gilt nur bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Was das bedeutet, zeigen Ihnen die KlarMacher.

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Grafik zur Beitragsbemessungsgrenze

Beitragsbemessungsgrenze heißt: Besserverdiener zahlen weniger

Auf dem Gehaltszettel steht immer das Gleiche: Einmal Ihr Bruttolohn und unten der Nettobetrag, also das, was tatsächlich auf Ihrem Konto landet. Dazwischen die lange Liste mit dem, was Ihnen alles abgezogen wird, nämlich Steuern und Sozialabgaben. Zu den Sozialabgaben zählen die

  • Rentenversicherung
  • Arbeitslosenversicherung
  • Krankenversicherung
  • Pflegeversicherung

Bei gesetzlich Versicherten gilt: Für jede Sozialversicherung gibt es einen bestimmten Prozentsatz. So viel vom Gehalt wird jeweils als Beitrag für die Versicherung fällig. Der Arbeitgeber legt in der Regel dieselbe Summe obendrauf.

Das Ganze gilt aber nur bis zu einer gewissen Grenze, eben der Beitragsbemessungsgrenze (kurz BBG). Zum Beispiel bei der Kranken- und Pflegeversicherung: Hier liegt die Beitragsbemessungsgrenze bei 59.850 Euro (Stand: 2023). Verdienen Sie mehr, fallen trotzdem dieselben Sozialabgaben an, als würden Sie nur 59.850 Euro im Jahr verdienen. Alles darüber bleibt also sozialabgabenfrei.

Beispiel: Ein gesetzlich versicherter Angestellter erhält einen Brutto-Jahreslohn von 120.000 Euro. Sein Arbeitnehmeranteil für die Krankenkasse beträgt 7,3 Prozent (ohne Zusatzbeitrag). Normalerweise müsste er also 8.760 Euro pro Jahr an Krankenkassenbeiträgen bezahlen (120.000 Euro x 7,3 % = 8.760 Euro). Durch die Beitragsbemessungsgrenze zahlt er aber lediglich 4.369,05 Euro, nämlich 59.850 Euro x 7,3% = 4.369,05 Euro.

Prozentual bezahlt unser Beispiel-Angestellter also weniger als jemand, der mit seinem Gehalt unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Denn die 4.369,05 Euro machen von seinen 120.000 Euro Gehalt nur rund 3,5 Prozent aus. Statt der 7,3 Prozent, die man mit einem Gehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze zahlt.

Es gibt mehrere Beitragsbemessungsgrenzen

Da es mehrere Sozialversicherungen mit unterschiedlichen Prozentsätzen gibt, gibt es auch mehrere Beitragsbemessungsgrenzen:

  • eine für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung (RV + AV)
  • eine für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (KV + PV).

Außerdem gibt es bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung auch noch jeweils unterschiedliche Beitragsbemessungsgrenzen für alte und neue Bundesländer, sprich Ost und West. Die Grenzen werden jährlich angehoben. Im Folgenden eine Übersicht (Stand jeweils 2023):

Beitragsbemessungsgrenzen der vergangenen Jahre:
JahrRV + AV: Alte BundesländerRV + AV: Neue BundesländerKV + PV (gilt für alte UND neue Bundesländer)
202387.600,00 €85.200,00 €59.850,00 €
202284.600,00 €81.000,00 €58.050,00 €
202185.200,00 €80.400,00 €58.050,00 €
202082.800,00 €77.400,00 €56.250,00 €
201980.400,00 €73.800,00 €54.450,00 €
201878.000,00 €69.600,00 €53.100,00 €

Daneben gibt es noch Arbeitnehmer, die Mitglied in einer knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung sind. Bei der Kranken- und Pflegeversicherung gilt für sie dieselbe Beitragsbemessungsgrenze. Bei der Rente aber gibt es für sie eigene BBGs, nämlich 107.400 Euro West und 104.400 Euro Ost (Stand: 2023).

Verwechslungsgefahr: Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungspflichtgrenze

Verwechslungsgefahr: Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungspflichtgrenze

Wer im Internet danach sucht, wie hoch die Beitragsbemessungsgrenze aktuell ist, stößt meistens im selben Atemzug auf die Versicherungspflichtgrenze. Die ist ähnlich hoch wie die Beitragsbemessungsgrenze – aber sie bedeutet etwas anderes. Wer mehr verdient als die Versicherungspflichtgrenze, kann in eine private Krankenversicherung wechseln. Alle anderen müssen in einer gesetzlichen Krankenkasse bleiben. Eine Ausnahme gibt es für Selbstständige und Freiberufler. Die können meist unabhängig von der Versicherungspflichtgrenze wählen, ob sie sich in einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse versichern wollen.

Im Jahr 2022 liegt die Versicherungspflichtgrenze bei 64.350 Euro (entspricht einem Monatslohn von 5.362,50 Euro).

Die Beitragsbemessungsgrenze soll die Kosten deckeln

Warum eigentlich zahlen Besserverdienende prozentual nicht dasselbe wie ein einfacher Normalverdiener? Der Grund: Die Kosten für die Krankenkassen sollen damit nicht aus dem Ruder laufen. Denn wer höhere Beiträge zahlt, bekommt im Fall der Fälle auch mehr Krankengeld. Durch die Beitragsbemessungsgrenze gibt es aber einen Maximalbetrag für das Krankengeld. Selbst wenn man Millionen verdient, die einem im Krankheitsfall durch die Lappen gehen – die Kasse springt nur bis zum Höchstbetrag ein.

Außerdem ist es dadurch leichter, jedem gesetzlich Versicherten die gleichen Leistungen zu gewähren. Ob arm, ob reich, ob kerngesund oder häufig krank: Jeder bekommt von der gesetzlichen Krankenkasse das gleiche Behandlungsangebot. Ein Millionär kann keinen Sonderstatus einfordern. Oder er muss zusätzliche Behandlungen eben zusätzlich bezahlen – aus eigener Tasche.

Dasselbe gilt für die Rente. Egal, wie viel man im Arbeitsleben verdient hat: Es gibt eine gesetzliche Maximalrente. Mehr gibt es nur durch eine private Altersvorsorge.

Zwei Männer liegen als Patienten nebeneinander im Krankenhaus
© istock/Zero Creatives/2014  Bei der Behandlung und auch beim Krankengeld gibt es für gesetzlich Versicherte kaum Unterschiede – dank der Beitragsbemessungsgrenze.

Höhere Kosten für die Sozialversicherungen = höhere Beitragsbemessungsgrenze

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales legt jedes Jahr die Beitragsbemessungsgrenzen neu fest. Dafür prüft es, wie sich die allgemeinen Einkommen und Lebenshaltungskosten in Deutschland entwickelt haben. Denn wenn die Einkommen steigen, erhalten auch die Ärzte und Krankenpfleger mehr Lohn – umso mehr Geld brauchen die Krankenkassen. Und wenn die Lebenshaltungskosten steigen, werden auch die Renten angehoben – umso mehr Geld braucht die Rentenversicherung.

Also wird die Beitragsbemessungsgrenze entsprechend angehoben. Denn dann müssen Besserverdiener etwas mehr an Sozialabgaben zahlen. Und es fließt mehr Geld in die Kassen der Sozialversicherungen.

Die neuen Beitragsbemessungsgrenzen müssen vom Bundestag und Bundesrat bestätigt werden, bevor sie gültig sind.

Auch für Privatversicherte spielt die Beitragsbemessungsgrenze eine Rolle

Private Krankenversicherer müssen laut Gesetz auch immer einen „Basistarif“ im Angebot haben. Dieser darf maximal so viel kosten wie der Höchstbetrag in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Ein angestellter Versicherter zahlt im Basistarif also maximal 364,09 Euro pro Monat. Wer selbstständig ist, zahlt maximal 728,18 Euro. Denn mehr müsste man ja wie oben beschrieben auch in der gesetzlichen Krankenversicherung keinesfalls bezahlen – wegen der Beitragsbemessungsgrenze. Allerdings sind hier die möglichen Zusatzbeiträge nicht eingerechnet, die jede Krankenkasse erheben kann.

Genauso wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt der Arbeitgeber auch bei der privaten noch einmal den gleichen Betrag hinzu. Aber was, wenn der Angestellte nicht den Basistarif gewählt hat, sondern einen anderen? Einen teureren? Ganz einfach: Auch hier gilt die Beitragsbemessungsgrenze. Der Arbeitgeber muss nur maximal 364,09 Euro pro Monat zahlen, also den Maximalbetrag, der sich aus der Beitragsbemessungsgrenze ergibt (Stand: 2023). Alles darüber muss der Arbeitnehmer allein bezahlen.

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