Wissen

Steuerstundung: Wer darf Steuerzahlungen verschieben und wie geht das?

von Tanja Viebrock, 26.05.2024

Es kommt kaum Geld rein, aber die Kosten laufen weiter: Selbstständige und Unternehmen müssen auch in Krisenzeiten Steuern ans Finanzamt abführen. Wenn es ganz eng wird, wie etwa während der Coronapandemie, können sie die Zahlungen aber unter bestimmten Umständen auf später verschieben. Damit will die Bundesregierung vermeiden, dass Unternehmer*innen zahlungsunfähig werden. Für Privatpersonen ist es hingegen deutlich schwieriger, Steuerschulden gestundet zu bekommen. Wer also kann eine Steuerstundung erreichen und wie geht das?

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

  • Eine Steuerstundung verschiebt nur den Termin, an dem die Zahlung beim Finanzamt eingehen muss. 
  • Die Höhe der Steuerschuld kannst du nicht mit dem Finanzamt verhandeln. Es wird der volle Betrag zuzüglich Stundungszinsen fällig. 
  • Steuerstundungen werden nur gewährt, wenn triftige Gründe vorliegen.
  • Für Privatpersonen kommt eine Steuerstundung seltener infrage. 

Was ist eine Steuerstundung?

Wer seine Steuerschulden nicht zahlen kann, kann beim zuständigen Finanzamt einen Zahlungsaufschub – eine sogenannte Stundung – beantragen. Die Stundung ist für den Gesamtbetrag möglich oder auch nur für einen Teil davon. Die Steuerschuld wird damit erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig. Das Finanzamt räumt Steuerzahler*innen also quasi einen Kredit ein. Deshalb darf es für den Zahlungsaufschub auch Stundungszinsen verlangen. Die kommen dann auf die Steuerschuld obendrauf. Das heißt: Je länger die Zahlung hinausgeschoben wird, desto teurer wird es.

Eine Steuerstundung wird allerdings nur gewährt, wenn ein gewichtiger Grund dafür vorliegt: Die Zahlung muss für die Betroffenen eine „erhebliche Härte” bedeuten. Das ist per Gesetz in § 222 Abgabenordnung (AO) geregelt. Der Haken an der Sache: Eine solche erhebliche Härte ist erst dann gegeben, wenn die Existenz durch die Steuerzahlung gefährdet wird. Eine weitere Bedingung ist, dass es keine Möglichkeit gibt, das Geld für die Steuern aufzutreiben, beispielsweise durch einen Kredit.

Üblicherweise sehen die Finanzämter bei Anträgen auf Steuerstundung sehr genau hin. Sie prüfen, ob Antragsteller*innen in der Vergangenheit ihre Steuern immer zuverlässig gezahlt haben. Aber auch, ob sie tatsächlich unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind. Wer eine Steuerstundung beantragt, sollte sich deshalb darauf einstellen, dass das Finanzamt Nachweise verlangt.

Handgeschriebener Hinweise an einer Ladentür: „Bis auf Weiteres geschlossen! Bleibt gesund.”
© istock/Animaflora/2020  In der Coronakrise mussten gab es Sonderregelungen für die Steuerstundung, zum Beispiel für geschlossene Geschäfte.

Während der Coronapandemie galten andere Vorgaben

In Ausnahmesituationen, die das ganze Land betreffen, gelten besondere, vereinfachte Regeln. In Zeiten von Corona wurde beispielsweise beschlossen, dass Steuerstundungen unbürokratisch ohne die übliche strenge Prüfung gewährt werden sollten.  

Wer als Unternehmer*in „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich” von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie betroffen war und das belegen konnte, konnte du bis zum 31. Dezember 2020 eine zinslose Steuerstundung beantragen. 

Übrigens: Eine andere steuererleichternde Coronamaßnahme gilt noch immer. Bis Ende 2024 können Unternehmer*innen ihren Mitarbeitenden eine steuerfreie Inflationsprämie gewähren. 

Wann ist es sinnvoll, Steuern zu stunden?

Eine Steuerstundung kann helfen, wenn die Zahlungsschwierigkeiten nur ein vorübergehendes Problem sind und andere Zahlungen gerade wichtiger sind, etwa der Lohn für die Mitarbeiter. Denn bei einer Stundung gilt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Eine Stundung ist deshalb nur sinnvoll, wenn du davon ausgehst, dass du den offenen Betrag bis zum neuen Zahlungstermin zusammenbekommst. 

Im Wattenmeer auf Grund gelaufenes Segelboot, daneben eine Frau, die Richtung Horizont schaut
© istock/claffra/2019  Nur wenn das Ende der Ebbe in der Kasse absehbar ist, kann eine Steuerstundung helfen. Ansonsten verschiebt sie das Problem nur.

Welche Steuern dürfen gestundet werden?

Prinzipiell können Steuerpflichtige alle Steuern gestundet werden, die sie direkt für sich abführten. Das sind vor allem diese Steuern: 

  • Umsatzsteuer
  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer

Nicht gestundet werden dagegen Steuern, die man in Vertretung für Dritte abführt. Damit sind sogenannte Abzugsteuern gemeint. Ein Beispiel dafür ist die Lohnsteuer. Die überweist der Arbeitgeber zwar an das Finanzamt. Allerdings zahlt er den Betrag nicht aus eigener Tasche, sondern zieht den Arbeitnehmer*innen den Betrag vom Lohn ab. Deshalb dürfen Unternehmen Lohnsteuerzahlungen nicht stunden. 

Überbrückungsstundung – die kurzfristige Alternative

Manchmal besteht eine Steuerschuld, während Schuldner*innen gleichzeitig Geld vom Finanzamt zurückbekommten. Das kann zum Beispiel sein, wenn Selbstständige Umsatzsteuer entrichten müssen, aber zu viel Einkommensteuer gezahlt haben. Dann können sie die Umsatzsteuererklärung einreichen zusammen mit einem Antrag, diese Schulden zu stunden, bis die Rückzahlung bei der Einkommensteuer genehmigt ist. Beides wird einfach verrechnet. 

Der Vorteil: So eine Überbrückungsstundung (oder auch technische Stundung) ist zinslos. 

Wie wird die Steuerstundung beim Finanzamt beantragt?

Wenn du Probleme hast, deine Steuerschulden zu bezahlen, ist die wichtigste Grundregel: Sprich umgehend mit dem Finanzamt und erkläre deine Situation. Und zwar, bevor die Steuerzahlung fällig ist. Die Beamten werden dann das weitere Vorgehen mit dir absprechen.

Steuerstundungen müssen in der Regel schriftlich beantragt werden. Grundsätzlich sollte ein Antrag auf Steuerstundung an das Finanzamt folgende Informationen enthalten:

  • Gründe für die Steuerstundung
  • Angabe der Steuerart, die gestundet werden soll
  • Zeitraum bzw. Fälligkeit der Steuerzahlung.
  • Angabe, ob dir eine Ratenzahlung der Steuerschuld möglich ist. Und falls ja: Gib an, in welchen Raten du deine Steuerschulden abtragen willst.

Hier können Sie ein Musteranschreiben als Word-Dokument herunterladen.

Normalerweise musst du für jede Forderung einzeln eine Steuerstundung beim Finanzamt beantragen. Nur weil du einmal einen Antrag gestellt hast, gilt der nicht automatisch auch für danach festgesetzte Steuern.

Klicken Sie hier, um die Inhalte von Instagram anzuzeigen.

Meine Zustimmung kann ich jederzeit unter Datenschutz widerrufen.

Welche Möglichkeiten haben Privatpersonen bei Steuerschulden?

Du musst kein Unternehmen besitzen oder selbständig sein –theoretisch kannst du auch als Privatperson eine Steuerstundung beantragen. Zum Beispiel wenn du eine hohe Steuernachzahlung leisten musst, die du bis zur gesetzten Frist unmöglich aufbringen kannst. 

Die Voraussetzungen sind die gleichen wie für Unternehmen, auch für Privatpersonen gilt § 222 AO: Sie müssen gute Gründe für die Stundung und dürfen ihre finanzielle Notlage nicht selbst verschuldet haben. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn sie Geld, das sie für eventuelle Steuernachforderungen beiseitegelegt hatten, wegen einer schweren Krankheit aufbrauchen mussten. Außerdem wird die Steuerstundung nur gewährt, wenn es tatsächlich keine andere Möglichkeit gibt, die Steuerschuld zu begleichen – beispielsweise durch einen Kredit. Daneben kann das Finanzamt unter Umständen Sicherheiten in Form einer Hypothek verlangen. 

Im Normalfall werden Steuern höchstens für sechs Monate gestundet. Ein Stundungsantrag ist also nur sinnvoll, wenn deine finanzielle Lage in einem halben Jahr voraussichtlich besser ist. Du kannst stattdessen auch versuchen, mit dem Finanzamt einen Vollstreckungsaufschub mit Ratenzahlung zu verhandeln. Das geht auch dann noch, wenn dein Antrag auf Stundung abgelehnt wurde. 

Wie hat dir der Artikel gefallen?

52
2

Das könnte dich auch interessieren: