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Der Arbeitgeber zahlt deinen Lohn nicht? So kannst du dich wehren

von Thorsten Schierhorn, 12.09.2024

Vermieter, Stromversorger, Fitnessstudio: Zum Monatsanfang halten viele die Hand auf. Da kann es sehr unangenehm werden, wenn das Gehalt nicht pünktlich kommt und das Konto nicht gedeckt ist. Doch was kannst du als Arbeitnehmer*in tun, wenn dein Arbeitgeber den Lohn nicht oder nicht rechtzeitig auszahlt?

Themen in diesem Artikel

Wann muss das Gehalt auf dem Konto sein?

Bevor du im Personalbüro Druck machst, wirf erst einen Blick in deinen Tarif- oder Arbeitsvertrag. Hier steht in der Regel, bis wann das Gehalt auf deinem Konto sein muss. Üblich sind der letzte Tag des Arbeitsmonats oder der erste Tag des nächsten Monats. Bei manchen Arbeitgebern ist ein späterer Zeitpunkt festgelegt. 

Falls in deinem Vertrag kein genaues Datum steht, gilt die gesetzliche Regelung, wann das Gehalt gezahlt werden muss. Dort ist nämlich vorgeschrieben, dass die Vergütung „nach Leistung der Dienste zu entrichten ist“, das Gehalt also im Anschluss an die geleistete Arbeit gezahlt werden soll. Das ist grundsätzlich der erste Tag des folgenden Monats Abweichungen lässt der Gesetzgeber zu, wenn es dafür gute Gründe gibt, beispielsweise die Lohnbuchhaltung Zeit zur Berechnung braucht. 

Beliebig lange dürfen sich Arbeitgeber aber nicht Zeit lassen. So hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 2017 eine Gehaltszahlung zum 20. des Folgemonats für unzumutbar erklärt. Nach diesem Urteil dürfen sich Arbeitgeber höchstens bis zum 15. des nächsten Monats Zeit nehmen. In diesem Fall sollten sie aber zumindest einen Teil des Gehaltes vorab auszahlen. 

Übrigens: Was in deinem Gehaltsnachweis stehen sollte und wann du ihn brauchst, erfährst du in diesem Ratgeber.  

Mann und Frau sitzen sich in Geschäftssesseln gegenüber
© istock/TommL/2018  Wenn dein Gehalt nicht pünktlich kommt, ist dein Arbeitgeber dir eine Erklärung schuldig.

Erster Schritt: Das Gespräch mit dem Arbeitgeber

Ist dein Arbeitgeber tatsächlich mit der Gehaltszahlung in Verzug, ist das natürlich sehr ärgerlich. Um die Arbeitsbeziehung nicht unnötig zu belasten, solltest du dennoch erst einmal in aller Ruhe das Gespräch suchen. Im besten Fall lässt sich alles ganz einfach klären. Oft liegt es nur an einem Fehler in der Buchhaltung oder bei der Bank.  

Unter Umständen erklärt dir dein Arbeitgeber aber auch, dass er sich gerade in einem finanziellen Engpass befindet. Wenn du ihn unterstützen willst, kannst du ihm mit einer Stundung oder einem Verzicht entgegenkommen: 

  • Stundung: Bei einer Stundung gibst du deinem Arbeitgeber mehr Zeit, dein Gehalt auszuzahlen. Wann er das Geld überwiesen haben muss, solltest du unbedingt schriftlich festhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt darfst du deinen Lohn nicht vor Gericht einklagen. Außerdem darfst du keinen Schadenersatz fordern, etwa weil du dein Konto überziehen musstest und dabei Zinsen angefallen sind. Achte auch darauf, wie lange du laut Tarif- oder Arbeitsvertrag dein Gehalt rückwirkend vor Gericht einfordern kannst. Wenn es dafür eine Frist gibt, sollte die Stundung rechtzeitig davor enden. So bleibt dir die Chance, dein Geld doch noch einzuklagen.
  • Verzicht: Bei einem Verzicht schenkst du deinem Arbeitgeber das Geld, das er dir schuldet. Auch einen möglichen Schadenersatz oder Zinsen kannst du dann nicht mehr einfordern. Falls du es dir nachträglich anders überlegst, kannst du den Verzicht nicht mehr rückgängig machen. Einzige Ausnahme: Du wurdest von den Vorgesetzten massiv unter Druck gesetzt. Das ist aber meist sehr schwierig zu beweisen.

In jedem Fall solltest du dir Bedenkzeit nehmen, bevor du einwilligst oder ablehnst. Wenn du deinem Arbeitgeber entgegenkommst, wird ihm das möglicherweise helfen, die Firma aus einer Schieflage zu retten. Entsprechend dankbar sollte er dir sein und sich bei späterer Gelegenheit erkenntlich zeigen. Nur gibt es keine Garantie dafür, und einmal abgetretene Rechte bekommst du nicht zurück. Fällt dir die Entscheidung schwer, überlege, ob du den Betriebsrat hinzuziehst. Dieser kann Ratschläge geben oder zwischen dir und den Vorgesetzten vermitteln. 

Ein Mann in kariertem Hemd sitzt zu Hause und tippt auf seinem Laptop
© istock/Jasmina007/2019  Wenn du rechtzeitig eine Mahnung schreibst, kannst du dich später darauf berufen.

So formulierst du eine Abmahnung

Hat dein Arbeitgeber den festgelegten Zahlungstermin nicht eingehalten, ist er rechtlich automatisch im Zahlungsverzug. Das gilt auch, ohne dass du ihm eine schriftliche Mahnung schickst, wie es etwa Händler bei offenen Rechnungen tun. Wenn ein Gespräch nicht weiterführt, solltest du dich dennoch zunächst schriftlich an deinen Arbeitgeber wenden, bevor du vor Gericht ziehst. Bei einem möglichen Verfahren kannst du so zeigen, dass du deinem Arbeitgeber die Chance gegeben hast, die Zahlung nachzuholen. 

Im besten Fall übt ein klar formuliertes Forderungsschreiben so viel Druck aus, dass dein Arbeitgeber seine Schulden lieber schnell begleicht. Doch was solltest du in dieses Schreiben aufnehmen? Wichtig ist Folgendes: 

  • Dein Name und deine Adresse 
  • Der Name und die Adresse deines Arbeitgebers inklusive Ansprechpartner*in 
  • Ort und Datum 
  • Der Betreff „Abmahnung“ 
  • Welche Gehälter werden dir geschuldet, welche Gesamtsumme ergibt das? Verweise dabei auf deinen Arbeitsvertrag. 
  • Die Aufforderung, das Geld bis zu einem bestimmten Termin zu überweisen (in der Regel eine Frist von sieben Tagen) und zukünftig pünktlich zu zahlen 
  • Ein Hinweis darauf, von welchen Rechten du (möglicherweise) Gebrauch machst, wenn die Frist ergebnislos verstreicht (Gerichtsverfahren, Arbeitsverweigerung, Kündigung) 

Damit du im Fall der Fälle die richtigen Worte findest, haben wir für dich ein Musterschreiben brauchst du nur die persönlichen Angaben wie Namen, Daten und Summen einzusetzen. 

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© hanseaticbank 

Arbeitsverweigerung, Kündigung, Klage: Diese Konsequenzen darfst du ziehen

Der Arbeitgeber macht sich zwar nicht strafbar, wenn er den Lohn nicht zahlt. Trotzdem darfst du Konsequenzen ziehen. Dafür hast du grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten. Da jeder Fall unterschiedlich ist, solltest du dich zu deiner eigenen Sicherheit aber beraten lassen. Viele Rechtsschutzversicherungen bieten ein kostenloses Erstgespräch an, und auch die Gewerkschaften unterstützen ihre Mitglieder in Rechtsfragen. 

Hast du dich für einen Weg entschieden, findest du entsprechende Formulierungen in unserem Musterschreiben. Unzutreffendes streichst du einfach weg. 

Arbeitsverweigerung

Für den Fall, dass deine Chefin oder dein Chef deinen Lohn nicht bezahlt, räumt dir der Gesetzgeber das sogenannte „Zurückbehaltungsrecht“ (§ 273 BGB) ein. Konkret bedeutet das, dass du deine Arbeitsleistung „zurückbehalten“, also verweigern kannst. Bei allem nachvollziehbaren Ärger solltest du aber sichergehen, dass die Bedingungen dafür erfüllt sind:

  • Langfristige Verzögerung: Du wartest schon länger auf dein Gehalt und Besserung ist nicht in Sicht. Falls jedoch absehbar ist, dass du deinen Lohn bald ausgezahlt bekommst, darfst du die Arbeit nicht niederlegen. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn dein Arbeitgeber nur darauf wartet, dass ein Kunde eine hohe Rechnung begleicht.
  • Hohe Zahlungsrückstände: Nach der Rechtsprechung müsste dein Arbeitgeber ungefähr zwei bis drei vollständige Monatsgehälter in Verzug sein. Wenn er aber nur ein paar Tage mit der Gehaltszahlung hinterherhinkt, darfst du deine Arbeitsleistung noch nicht verweigern.
  • Kein unverhältnismäßiger Schaden für den Arbeitgeber: Welche Auswirkungen hat es, wenn du nicht bei der Arbeit erscheinst? Wenn du eine Schlüsselfunktion im Unternehmen hast, könnte deine Firma beispielsweise Aufträge verlieren oder Projekte lassen sich nicht beenden kann. In diesem Fall darfst du die Arbeit nicht niederlegen, weil der Schaden, der deinem Unternehmen – und auch deinen Kolleg*innen – entsteht, im Verhältnis zu groß wäre.

Verweigerst du deine Arbeit zu Recht, darf dir daraus kein Schaden entstehen. Das heißt, weder darf dein Arbeitgeber dir aus diesem Grund kündigen, noch verlierst du die Ansprüche auf dein ausstehendes Gehalt.

Eine junger Mann packt seine Sachen aus dem Büro in einen Karton
© istock/fizkes/2018  Wenn du dauerhaft nicht bezahlt wirst, darfst du fristlos kündigen.

Fristlose Kündigung

Das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung haben nicht nur Unternehmen. Auch Angestellte dürfen das Arbeitsverhältnis frühzeitig und unabhängig von ihrer Kündigungsfrist beenden, wenn ihr Arbeitgeber einen schwerwiegenden Vertragsbruch begeht. Dies trifft zu, wenn Ihr Gehalt nicht ausgezahlt wird – allerdings muss es sich um eine große Summe und/oder einen langen Zeitraum handeln. Auch hier sollten zwei bis drei Monatsgehälter nicht auf Ihrem Konto eingegangen sein, bevor du über diesen Schritt gehst. 

Um fristlos kündigen zu können, musst du deinem Arbeitgeber zuvor jedoch eine entsprechende Abmahnung geschickt haben. Darin forderst du ihn auf, das ausstehende Gehalt umgehend zu überweisen, und teilst ihm mit, dass du andernfalls kündigen wirst. Führt die Abmahnung nicht zum Erfolg, darfst du die fristlose Kündigung einreichen. Das ist besonders dann ratsam, wenn du bereits einen anderen Job in Aussicht hast. Trittst du nicht direkt eine neue Stelle an, vergiss nicht, dich unmittelbar bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend zu melden. 

Selbstverständlich steht dir dein Gehalt weiterhin zu – sogar bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist. Das heißt, du wirst so lange bezahlt, wie du hättest arbeiten müssen, wenn du ganz normal und nicht fristlos gekündigt hättest. Außerdem darfst du auch eine Abfindung für den Verlust deines Arbeitsplatzes fordern. 

Justizia als kleine Statue
© istock/audioundwerbung/2017  Wenn der Arbeitgeber dein Gehalt nicht zahlt, dürfte das Urteil zu deinen Gunsten ausfallen.

Klage vor dem Arbeitsgericht

Wenn du deinen Arbeitgeber nicht anders dazu bewegen kannst, dein Gehalt zu zahlen, ist der Gang vor das Arbeitsgericht unter Umständen der einzige Ausweg. Beachte dabei mögliche Ausschlussfristen in deinem Arbeits- oder Tarifvertrag: Diese „Verfallklauseln“ geben an, wie lange du dein Gehalt rückwirkend fordern kannst und wann dieses Recht verfällt. Oft sind es drei oder sechs Monate. Wenn du Klage einreichst, führt das häufig zu einer sogenannten Güteverhandlung. Dabei erklärt sich der Arbeitgeber in der Regel bereit, das ausstehende Gehalt zu zahlen, um weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. 

Wenn du dir in diesem Schritt allerdings nicht mit deinem Arbeitgeber einig wirst, schließt sich ein Gerichtsverfahren an. Spätestens jetzt solltest du unbedingt einen Anwalt hinzuziehen. Hast du deinen Prozess gewonnen, kannst du mithilfe des Urteils eine Zwangsvollstreckung einleiten. Das bedeutet, dass du beispielsweise einen Gerichtsvollzieher einschaltest. Oder du veranlasst eine Kontopfändung, bei der das Guthaben deines Arbeitgebers eingefroren wird, bis er seine Schulden beglichen hat. 

Neben deinem Gehalt stehen dir unter Umständen auch Schadensersatz und Zinsen zu.  

Du hast gehört oder gelesen, es gibt einen pauschalen Schadenersatz von 40 Euro, der jedes Mal automatisch fällig wird, wenn der Arbeitgeber zu spät zahlt? Egal, ob dir Kosten entstanden sind? Das stimmt leider nicht. Diese Regelung gibt es nur im Geschäftsverkehr (§ 288 BGB). Als Arbeitnehmer*in kannst du aber Ersatz für tatsächlich entstandenen Schaden fordern. 

Bei den Verzugszinsen hältst du dich mit deiner Forderung am besten an den jeweils aktuellen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank. Auf den darfst du 5 Prozentpunkte aufschlagen. Wenn der Basiszinssatz Anfang 2024 also bei 3,62 Prozent lag, durften Arbeitnehmer*innen 8,62 Prozent Zinsen auf das ausstehende Gehalt erwarten. 

Eine junge Frau im Kleid sitzt im Flur eines Amtsgebäudes und wartet
© istock/fotografixx/2015  Du hast die Arbeit niedergelegt oder wirst nicht mehr beschäftigt? Dann kann dir trotz laufendem Arbeitsvertrag Arbeitslosengeld zustehen.

In diesen Fällen steht Ihnen Arbeitslosengeld zu

Während du versuchst, eine Einigung mit deinem Arbeitgeber zu erzielen, hast du natürlich weiterhin finanzielle Verpflichtungen. Leider musst du diesen nachkommen, auch wenn das vielleicht bedeutet, dass du dein Konto überziehst. Immerhin darfst du aber für alle Kosten, die dir nun zusätzlich entstehen – beispielsweise Mahngebühren oder Zinsen für den Dispokredit – Schadenersatz von deinem Arbeitgeber verlangen. 

Du hast kannst grundsätzlich Überbrückungsgeld erhalten, wenn dein Arbeitgeber nicht zahlt: Finanzielle Unterstützung durch das Arbeitsamt steht dir zu, wenn du – trotz laufendem Arbeitsvertrag – im eigentlichen Sinne des Wortes arbeitslos bist.  

Das ist der Fall, wenn dein Arbeitgeber dich nicht mit Aufgaben beschäftigt oder du dein Recht auf Arbeitsverweigerung nutzt. Beim Arbeitsamt musst du in dieser Situation das sogenannte „Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung“ anfragen, um Unterstützung zu bekommen. Dass du tatsächlich kein Gehalt ausgezahlt bekommst, kannst du mit deinen Kontoauszügen belegen. 

Ein älterer Mann spricht am Smartphone und schaut verärgert
© istock/fizkes/2019  Wenn das letzte Gehalt nach der Kündigung nicht kommt, such schnell das Gespräch – denn nach einer bestimmten Frist kommst du sonst nicht mehr an dein Geld.

Nach der Kündigung: Wenn das letzte Gehalt nicht kommt

Gelegentlich kommt es vor, dass Arbeitgeber den letzten Lohn nach der Kündigung nicht auszahlen. Doch auch wenn es keine Trennung im Guten gibt und der*die Angestellte möglicherweise auch freigestellt wird: Alle Arbeitnehmer*innen haben das Recht, bis zuletzt für ihre Arbeit entlohnt zu werden.  

Zwar fallen die Druckmittel Arbeitsverweigerung und Kündigung weg. Trotzdem haben Angestellte in diesem Fall gute Chancen, ihr Geld nachträglich zu bekommen, wenn die Chef*innen nach der Kündigung den Lohn nicht zahlen. 

Auch in dieser Situation solltest du zunächst das Gespräch suchen. Möglicherweise handelt es sich nur um das Versehen einer übereilten Buchhaltung. Erreichst du auf diesem Wege nichts, mahne die Zahlung schriftlich an: Schreib deinem ehemaligen Chef, welche Summe er dir schuldet und dass du eine umgehende Zahlung erwartest, weil du andernfalls rechtliche Schritte einleitest. 

Ist nach einer guten Woche kein Geld auf deinem Konto eingegangen, wendest du dich am besten an das Arbeitsgericht. Lass dir damit auf keinen Fall zu lange Zeit, damit die erwähnten Ausschlussfristen aus deinem Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht verstreichen. 

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