Gesetzliche Erbfolge: Wer ist beim Erben der oder die Erste?
Die drei Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland | |
1. Ordnung | Abkömmlinge der erblassenden Person (Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder usw.) |
2. Ordnung | Eltern der erblassenden Person sowie deren Abkömmlinge (Geschwister, Nichten und Neffen der erblassenden Person, außerdem deren geschiedene Elternteile) |
3. Ordnung | Großeltern der erblassenden Person sowie deren Abkömmlinge (Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins der erblassenden Person) |
Video: Wie funktioniert das deutsche Erbrecht?
Wie funktioniert die Erbfolge im Detail?
Das System der drei Ordnungen hat direkten Einfluss auf die Erbreihenfolge. Doch wie wird der Nachlass verteilt? Bekommen die Mitglieder der 1. Ordnung alles? Oder erhalten auch die anderen etwas vom Nachlass? Auch darauf gibt der Staat eine klare Antwort.
Gesetzliche Erbreihenfolge nach Ordnungen | |
Situation | Erbanteil |
Es gibt Erbberechtigte 1. Ordnung. | Die Erbberechtigten 1. Ordnung bekommen den gesamten Nachlass beziehungsweise teilen ihn unter sich auf. Wer zur 2. oder 3. Ordnung gehört, hat keinen Erbanspruch. |
Es gibt keine Erbberechtigten 1. Ordnung*. | Die Erbberechtigten der 2. Ordnung bekommen den gesamten Nachlass beziehungsweise teilen ihn unter sich auf. Wer zur 3. Ordnung gehört, hat keinen Erbanspruch. |
Es gibt keine Erbberechtigten 1. und 2. Ordnung*. | Die Erbberechtigten der 3. Ordnung bekommen den gesamten Nachlass beziehungsweise teilen ihn unter sich auf. |
Es gibt überhaupt keine erbberechtigten Hinterbliebenen. | Das Erbe geht an das Bundesland, in dem die verstorbene Person ihren letzten Wohnsitz hatte. Lebte die verstorbene Person im Ausland, bekommt der Staat den Nachlass („Staatserbschaft“). |
*oder sie lehnen das Erbe ab |
Auf den ersten Blick sortiert dieses System die Erbreihenfolge zwar recht eindeutig: Ist eine Person kinderlos, sind in der gesetzlichen Erbfolge die Erbberechtigten der 2. Ordnung dran. Trotzdem sind damit nicht immer alle Fragen beantwortet. Was zum Beispiel passiert, wenn es mehrere Generationen von Erbberechtigten in einer Ordnung gibt? Also gleichzeitig Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder? Wer von ihnen hat dann das Vorrecht auf den Nachlass?
Auch das hängt wieder vom Grad der Verwandtschaft ab: Je kürzer die „Blutlinie“ von Hinterbliebenen zum Verstorbenen ist, desto eher haben sie Zugriff auf sein Hab und Gut. Sprich: Innerhalb einer Ordnung kommen erst die Älteren, dann die Jüngeren an die Reihe.
Beispiele zur Erbreihenfolge innerhalb einer Ordnung | |
Situation | Erbreihenfolge |
Die verstorbene Person hinterlässt mehrere Generationen von Erbberechtigten 1. Ordnung. | Hatte die verstorbene Person Kinder, geht ihr Nachlass an sie. Können oder wollen die Kinder das Erbe nicht annehmen, sind die Enkelkinder begünstigt. Können oder wollen auch die Enkelkinder das Erbe nicht annehmen, sind die Urenkelkinder begünstigt. Und so weiter. |
Die verstorbene Person hinterlässt mehrere Generationen von Erbberechtigten 2. Ordnung. | Leben noch die Eltern der verstorbenen Person, geht ihr Nachlass an sie. Können oder wollen die Eltern das Erbe nicht annehmen, sind die Geschwister der erblassenden Person begünstigt. Können oder wollen auch die Geschwister das Erbe nicht annehmen, sind Nichten und Neffen begünstigt. Und so weiter. |
Die verstorbene Person hinterlässt nur mehrere Generationen von Erbberechtigten 3. Ordnung. | Leben noch die Großeltern der verstorbenen Person, geht deren Nachlass an sie. Können oder wollen die Großeltern das Erbe nicht annehmen, sind Tanten oder Onkel begünstigt. Können oder wollen auch die Tanten oder Onkel das Erbe nicht annehmen, sind Cousinen oder Cousins der erblassenden Person begünstigt. Und so weiter. |
Gehören Ehepartner*innen auch zur gesetzlichen Erbfolge?
Nein. Wie bereits erwähnt, gehören Ehegatt*innen und eingetragene Lebenspartner*innen nicht zur direkten Verwandtschaft. Sie sind deshalb kein Teil der gesetzlichen Erbfolge. Trotzdem haben sie einen Anspruch auf das Vermächtnis (§ 1931 ff. BGB). Wie hoch der ausfällt, hängt von der Ordnung anderer erbberechtigter Personen ab. Grundsätzlich sieht die Verteilung so aus:
Gesetzlicher Erbanspruch von Ehepartner*innen | |
Situation | Erbanteil |
Es gibt Erbberechtigte 1. Ordnung. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben ein Viertel des Nachlasses. Der Rest geht an die anderen erbberechtigten Personen. |
Es gibt nur Erbberechtigte 2. Ordnung oder die Großeltern des Verstorbenen. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben die Hälfte des Nachlasses. Der Rest geht an die anderen erbberechtigten Personen. |
Es gibt weder Erbberechtigte 1. Ordnung und 2. Ordnung noch Großeltern. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben den kompletten Nachlass. |
Für den Erbanteil spielt auch der Güterstand eine Rolle. Der regelt die finanziellen Verhältnisse unter den Ehepartner*innen. Wurde nichts anderes vereinbart, so gilt automatisch die sogenannte Zugewinngemeinschaft. Danach behält jede*r Ehegatt*in oder Lebenspartner*in das eigene Vermögen, das er oder sie vor der Partnerschaft hatte. Stirbt eine*r der beiden, findet ein „Zugewinnausgleich“ statt. Das heißt: Alles, was beide zusammen an Kapital angesammelt haben, wandert in einen gemeinsamen Topf. Welche Folgen hat das?
Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbanteil | |
Situation | Erbanteil |
Es gibt Erbberechtigte 1. Ordnung. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben die Hälfte des Nachlasses. Der Rest geht an die anderen erbberechtigten Personen. |
Es gibt nur Erbberechtigte 2. Ordnung oder die Großeltern des Verstorbenen. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben drei Viertel des Nachlasses. Der Rest geht an die anderen erbberechtigten Personen. |
Es gibt weder Erbberechtigte 1. Ordnung und 2. Ordnung noch Großeltern. | Ehegatt*innen bzw. eingetragene Lebenspartner*innen erben den kompletten Nachlass. |
Ein weiterer Güterstand ist die Gütertrennung. Sie gilt nicht automatisch, sondern muss von den Partner*innen vertraglich vereinbart werden. Dann behält jede Partei ihr selbst angeschafftes Vermögen. Also auch das, was er oder sie während der Beziehung verdient hat. Und wenn nun einer der Eheleute verstirbt? Dann gilt dasselbe wie bei der Zugewinngemeinschaft – es sei denn, die verstorbene Person hatte Kinder. In diesem Fall funktioniert es so:
Einfluss der Gütertrennung auf den Erbanteil | |
Situation | Erbanteil |
Die erblassende Person hinterlässt Ehegatt*in und ein Kind. | Ehegatt*in bzw. eingetragene*r Lebenspartner*in und Kind erben jeweils die Hälfte des Nachlasses. |
Die erblassende Person hinterlässt Ehegatt*in und zwei Kinder. | Ehegatt*in bzw. eingetragene*r Lebenspartner*in und Kinder erben jeweils ein Drittel des Nachlasses. |
Die erblassende Person hinterlässt Ehegatt*in und drei Kinder. | Ehegatt*in bzw. eingetragene*r Lebenspartner*in und Kinder erben jeweils ein Viertel des Nachlasses. Und so weiter. |