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Selbstständig oder freiberuflich: Was ist der Unterschied?

von Dagmar Sörensen, 03.01.2024

Sein eigener Chef oder seine eigene Chefin sein – das hat schon was! Träumst du auch davon? Aber wenn du den Schritt wagst – machst du dich dann selbstständig oder arbeitest du freiberuflich? Das kann einen Unterschied machen, vor allem bei den Steuern. Allerdings hast du in den meisten Fällen gar keine Wahl! Die Entscheidung triffst nämlich nicht du. Wer in dieser Sache das Sagen hat, was denn nun was ist und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen, erfährst du hier.

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

Auf den Punkt

  • Freiberufler*innen sind eine Untergruppe der Selbstständigen.
  • Wer als Freiberufler*in tätig ist, entscheidet das Finanzamt.
  • Freiberufler*innen haben gegenüber Gewerbetreibenden einige Vorteile.

Freiberuflich versus selbstständig ...

… die Frage stellt sich eigentlich gar nicht. Denn tatsächlich ist jede*r Freiberufler*in auch selbstständig. Warum? Ganz einfach: Genauso wie Selbstständige arbeiten Freiberufler*innen in keinem Angestelltenverhältnis. Stattdessen sind sie ihr eigener Chef beziehungsweise ihre eigene Chefin. Sie wirtschaften auf eigene Rechnung und eigene Gefahr, müssen sich um ihre soziale Absicherung kümmern, haben aber auch die volle Entscheidungsgewalt.

Umgekehrt gilt das aber nicht, sprich: Nicht jede*r Selbstständige ist auch ein*e Freiberufler*in. Tatsächlich zählen diese lediglich zu einer eher kleinen Untergruppe der Selbstständigen. Denn es sind nur wenige, ganz bestimmte Berufsgruppen, die freiberuflich arbeiten dürfen. Und die Entscheidung, ob du einer solchen Gruppe angehörst, die triffst nicht du – sondern das Finanzamt!

Die andere – größere – Untergruppe der Selbstständigen machen die Gewerbetreibenden aus. Deshalb ist die richtige Frage nicht „freiberuflich oder selbstständig“, sondern vielmehr „freiberuflich oder gewerbetreibend?“. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen sind durchaus nennenswert.  

Architekt baut ein Modell eines Hauses
© istock/jacoblund/2017  Selbstständige Architekt*innen gehören den Katalogberufen an und sind daher Freiberufler*innen.

Finanzamt entscheidet über Freiberuflichkeit

An freie Berufe stellt der Gesetzgeber ganz bestimmte Anforderungen: Sie müssen schriftstellerischer, künstlerischer, heilender, erziehender oder wissenschaftlicher Natur sein. Weiterhin verlangt das Gesetz als Voraussetzung für die Ausübung eines freien Berufes eine spezielle berufliche Qualifikation oder eine besondere künstlerische Fertigkeit.

Ob eine konkrete Tätigkeit nun freiberuflich ist oder nicht, entscheidet in letzter Instanz das Finanzamt. Manchmal ist die Einordnung einfach, manchmal nicht. Es gibt drei Gruppen von freien Berufen.

Katalogberufe

Im Paragraf 18 des Einkommensteuergesetzes findet sich eine Auflistung von anerkannten freien Berufen. Hier ist die Zuordnung also am einfachsten. Diese sogenannten Katalogberufe lassen sich grob in vier Gruppen einteilen: 

  • Heilberufe wie Ärzt*innen, Heilpraktiker*innen, Geburtshelfer’*innen und Physiotherapeut*innen 
  • Beratende Berufe in Recht und Wirtschaft wie Anwält*innen, Notar*innen, Wirtschaftsprüfer*innen, Steuerberater*innen 
  • Technisch-wissenschaftliche Berufe wie Architekt*innen und Ingenieur*innen 
  • kulturelle, Medien- und Sprachberufe wie Journalist*innen, Bildberichterstatter*innen, Dolmetscher*innen, Künstler*innen oder Lehrer*innen

Tätigkeitsberufe

Diese Berufe sind nicht unter den Katalogberufen zu finden. Jedoch können sie als freiberuflich gelten, wenn sie selbstständig ausgeübt werden und aus den eingangs erwähnten Bereichen stammen. In der Praxis sind das Tätigkeiten wie diese:

  • Wissenschaftliche Tätigkeit, zum Beispiel wenn man Gutachten erstellt oder eine Lehrtätigkeit ausübt
  • Künstlerische Tätigkeit, wenn eine eigene schöpferische Leistung erkennbar ist (Bild, Bildhauerei)
  • Schriftstellerische Tätigkeit mit selbstverfassten Texten, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind (auch Werbetexte oder Übersetzungen)
  • Unterrichtende Tätigkeiten mit besonderen Fähigkeiten oder Kenntnissen, zum Beispiel als Reitlehrer*in oder Fahrlehrer*in

Ähnliche Berufe

Immer wieder entstehen neue Berufe, die man früher gar nicht kannte, EDV-Berater*in zum Beispiel oder Web-Designer*in. Das Gesetz hilft sich damit, dass es ausdrücklich auch „ähnliche Berufe” zulässt. Aber wann ist eine Tätigkeit nun freiberuflich oder nicht? Das Finanzamt legt bei der Beurteilung im Wesentlichen drei Kriterien zugrunde: 

  • Freie Berufe finden sich in erster Linie im Dienstleistungssektor. Handelsgeschäfte oder Massenproduktion schließen daher eine freiberufliche Tätigkeit aus.
  • Ein freier Beruf erfordert bestimmte Qualifikationen; das kann entweder ein Hochschulabschluss oder eine kreative Fähigkeit sein.
  • Bei freien Berufen spielen die persönlichen Arbeitseinsätze die entscheidende Rolle. Die ausführende Person muss auch die sein, die die fachliche Verantwortung für alle Aufträge trägt.  

Alle Berufe, die nicht als Katalogberuf gelistet sind und auch diese drei Kriterien nicht erfüllen, sind demnach gewerbliche Berufe. 

Wie und wo melde ich eine Freiberuflichkeit an?

Wie und wo melde ich eine Freiberuflichkeit an?

Im Unterschied zur Anmeldung eines Gewerbes ist die Anmeldung einer freiberuflichen Selbstständigkeit sehr einfach. Wenn du belegen kannst, dass du Angehörige*r eines freien Berufes bist, genügt schon ein formloses Schreiben an das zuständige Finanzamt mit der Bitte um die Vergabe einer Steuernummer.

Daraufhin erhältst du einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Sobald du den ausgefüllt zurückgeschickt hast, ist deine Freiberuflichkeit offiziell.

Freiberuflicher Gitarrenlehrer unterrichtet einen Jungen
© istock/South_agency/2018  Der Katalogberuf Lehrer*in umfasst auch selbstständige Musiklehrer*innen.

Vorteile für Freischaffende

Wer vom Finanzamt als Freiberufler*in eingestuft wird, hat gegenüber den gewerbetreibenden Selbstständigen einige Vorteile. Freiberufler*innen ...

  • müssen keinen Gewerbeschein beantragen, sondern nur ihre Tätigkeit beim Finanzamt anmelden.
  • zahlen keine Gewerbesteuer.
  • müssen kein Mitglied in der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer werden, können das aber freiwillig tun.
  • unterliegen weder der Gewerbeaufsicht noch dem Handelsrecht.
  • sind nicht zur Buchführung verpflichtet und müssen keine Bilanzen erstellen, sondern lediglich eine einfache sogenannte Einnahme-Überschuss-Rechnung beim Finanzamt einreichen.

Trenne hauptberufliche und nebenberufliche Tätigkeiten

Vielleicht ist dein Geschäftsmodell ja eine Mischung aus freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit? Oder du betreibst eine der beiden Tätigkeiten nur nebenberuflich? Das ist grundsätzlich auch kein Problem. Achte aber unbedingt darauf, die beiden Tätigkeiten organisatorisch klar voneinander zu trennen! Denn sonst besteht die Gefahr, dass das Finanzamt dich insgesamt als Gewerbetreibende*n beurteilt und du deine Sonderstellung als Freiberufler*in auch für den freiberuflichen Anteil verlierst.

Beispiele: Eine zahnärztliche Fachkraft vertreibt nebenher Zahnpflegeprodukte; ein*e freiberufliche Geburtshelfer*in verkauft Baby-Tragetücher. Beide Berufsbestandteile lassen sich klar trennen und werden unterschiedlich behandelt: der eine Teil mit allen Vorteilen der Freiberuflichkeit, der andere Teil als Gewerbetreibende*r.

Kläre solche Fragen am besten frühzeitig direkt mit dem Finanzamt. Denn erkennt dir das Finanzamt nachträglich – zum Beispiel nach einer Betriebsprüfung – die Freiberuflichkeit ab, musst du die Gewerbesteuer der vergangenen Jahre rückwirkend nachzahlen.

Junge Illustratorin arbeitet an einem neuen Auftrag
© istock/Georgii Boronin/2020  Freischaffende Künstler*innen müssen sich über die Künstlersozialkasse versichern.

Krankenversicherung für Selbstständige

Alle Selbstständigen sind generell krankenversicherungspflichtig. Allerdings genießen sie – egal ob gewerblich oder freiberuflich tätig – vollständige Wahlfreiheit und entscheiden selbst, ob sie sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern oder lieber in eine private Krankenkasse wechseln.

Die Vor- und Nachteile der beiden Optionen und vieles mehr findest du im Ratgeber „Krankenversicherung für Selbstständige: Das solltest du wissen”.

Eine Besonderheit gibt es für Freiberufler*innen, die als freischaffende Künstler*innen oder Publizist*innen tätig sind. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich bei der Künstlersozialkasse (KSK) zu versichern. Damit sind sie in das gesetzliche Versicherungssystem eingebunden und Mitglied der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Höhe der monatlichen Zahlungen richtet sich nach dem zu erwartenden monatlichen Einkommen, wobei die Freiberufler*innen nur die Hälfte der Sozialabgaben zahlen. Die andere Hälfte übernimmt der Bund.

Video: Steuerlicher Unterschied: Freiberuflich oder selbständig?

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© sevdesk 

Unterschiede bei den Steuern für Selbstständige

Wie vorhin schon erwähnt, haben Freiberufler*innen den Vorteil, dass sie keine Gewerbesteuer, kurz GewSt, zahlen. Gewerbetreibende müssen 3,5 Prozent vom sogenannten Gewerbeertrag an das Finanzamt entrichten. Sowohl Freiberufler*innen als auch Gewerbetreibende sind umsatzsteuerpflichtig – doch einige sind von der Pflicht ausgenommen. Auch hier gibt es Unterschiede: 

  • Gewerbetreibende gelten als Kleinunternehmer*innen, wenn sie im Vorjahr maximal 22.000 Euro Umsatz hatten und im laufenden Geschäftsjahr voraussichtlich höchstens 50.000 Euro erwirtschaften (Stand: Januar 2023). Und Kleinunternehmen müssen keine Umsatzsteuer von 7 oder 19 Prozent zahlen – können das aber, wenn sie es wollen. 
  • Manche Freiberufe wie ärztliche Fachkräfte und in der Bildung und Kultur arbeitenden Personen sind von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen.  

Unabhängig davon haben beide Gruppen von Selbstständigen Einkommensteuern zu zahlen, sobald ihre Einnahmen über dem Grundfreibetrag von 11.604 Euro liegen (Stand: 2024).

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