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Wie Robo-Advisors mit intelligenten Computerprogrammen Ihr Vermögen investieren

von Anna Ostrowska, 28.12.2023

Gesichtserkennung, digitale Fahrassistenten, vollautomatische Produktionsprozesse: Künstliche Intelligenz hält in unserem Leben Einzug, oftmals, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Aber können Maschinen auch Geld am Kapitalmarkt anlegen? Ja, sogenannte Robo-Advisors automatisieren die Vermögensanlage und übernehmen den Beratungs- und Anlageprozess. Einfach, günstig und schon mit geringen Mindestbeträgen ist die digitale Vermögensverwaltung für alle Anleger*innen zugänglich. Wir machen klar, wie es funktioniert. 

Themen in diesem Artikel

Was genau ist ein Robo-Advisor?

In Zeiten der Digitalisierung und Automatisierung können Maschinen mittlerweile viele Aufgaben übernehmen, die früher nur mit menschlicher Intelligenz lösbar waren. Sogar für die Vermögensanlage gibt es mittlerweile automatische Lösungen: Sie müssen als Anleger*in nicht mehr den Weg zur Bank machen, um Rat für Ihre Geldanlage einzuholen. Sie können sich einfach und bequem von zu Hause aus von einem Robo-Advisor führen lassen. Alles, was Sie dafür benötigen, ist ein Mobilgerät oder Computer mit Internetanschluss.

Beim Robo-Investing übernimmt ein intelligentes Computerprogramm den kompletten Investitionsprozess, von der Depoteröffnung über die Risikoeinstufung bis hin zur Verwaltung des Vermögens. Die digitale Lösung soll die Geldanlage für Privatanleger*innen vereinfachen. Dank der überwiegend automatisierten Prozesse sind Robo-Advisors zudem günstig: Das macht die professionelle Vermögensverwaltung auch für Menschen mit kleineren Anlagebeträgen erschwinglich.

Was versprechen Robo-Advisors?

Was versprechen Robo-Advisors?

  • Regelbasierte Geldanlage und emotionsfreies Management 
  • Breit gestreute Investments und Risikooptimierung 
  • Niedrige Kosten und transparentes Preismodell 
  • Einfacher digitaler Zugang und hohe Benutzerfreundlichkeit 
  • Geringe Mindestanlage und niedrige Einstiegsbarrieren 
  • Professionelle Produktauswahl 

Für wen eignet sich das digitale Vermögensmanagement?

Robo-Advisors übernehmen Risikoeinstufung und Anlageentscheidungen für Sie. Die Künstliche Intelligenz (KI) investiert automatisch nach fest vorgegebenen Bedingungen und ist ideal, wenn Sie … 

  • wenig Erfahrungen mit Geldanlagen haben, 
  • keine Zeit haben, um sich über Anlagen zu informieren, 
  • die Anlageentscheidung abgeben wollen, 
  • eine transparente, kostengünstige Anlage suchen, 
  • ein kleines Vermögen breit gestreut anlegen wollen oder 
  • die Vorteile computergesteuerter Anlagen und Künstlicher Intelligenz nutzen möchten. 

Die digitale Investition hat aber auch Nachteile: Bei Robo-Advisors gibt es keine persönlichen Ansprechpartner*innen, die Ihnen Fragen zu einzelnen Anlageentscheidungen oder der Wertentwicklung Ihres Vermögens beantworten. Die Strategien sind standardisiert, eine herkömmliche Vermögensverwaltung kann Ihre Wünsche viel individueller umsetzen. Aufgrund der jungen Historie vieler Anbieter gibt es zudem wenig langfristige Daten zur Wertentwicklung der Geldanlagen.

Automatisierte Anlageberatung: So funktioniert Robo-Investing

Beim Robo-Investing gibt es keine Filialen: Um eine Anlage bei einem Robo-Advisor zu tätigen, melden Sie sich online bei einem Anbieter an und werden dort automatisch durch den Anmeldeprozess geführt. Als Erstes eröffnen Sie ein Depot und Verrechnungskonto bei einer Partnerbank des Anbieters. Wie bei einer klassischen Depoteröffnung müssen Sie sich mit einem amtlichen Ausweisdokument identifizieren. Über das Videoident-Verfahren funktioniert auch das völlig digital im Web. Alternativ geht es auch mit dem klassischen Postident-Verfahren in der Postfiliale. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Ratgeber

Im zweiten Schritt legen Sie eine Anlagestrategie fest. Diese gibt den Rahmen für die Verwaltung der Anlagen vor und bestimmt, wie viel Risiko der Robo-Advisor für Sie eingehen darf. Je nach Anbieter stehen bis zu 15 verschiedene Anlagestrategien zur Auswahl. Der Robo-Advisor erfragt Ihre Anlageziele, Risikobereitschaft sowie Erfahrungen und Kenntnisse mit Wertpapieren. Mit diesen Informationen legt das Programm automatisch die passende Strategie für Sie fest und entscheidet, welche Anlageklassen sich für Sie eignen und wie hoch deren Gewicht im Depot maximal sein darf. Sie haben bei den meisten Anbietern die Möglichkeit, die automatische Risikoeinstufung noch einmal individuell anzupassen. Sie können also auch mehr oder weniger Risiko eingehen, als die digitale Anlageberatung es Ihnen vorschlägt. 

Der gesamte Anmeldeprozess dauert in der Regel nicht mehr als 30 Minuten. Das Depot ist oft schon am selben oder am nächsten Tag eröffnet. Um mit Ihrem Robo-Advisor durchzustarten, müssen Sie nur noch – das ist der letzte Schritt – den gewünschten Anlagebetrag auf Ihr Verrechnungskonto überweisen.

Junges lächelndes Paar bedankt sich bei seiner Anlageberaterin
© istock/PeopleImages/2021  Bei Robo-Advisors übernehmen intelligente Computerprogramme die Aufgaben von Anlageberater*innen.

So managen Robo-Advisors Ihr Vermögen

In Deutschland gibt es derzeit 30 zugelassene Robo-Advisors, weltweit sind es rund 350 Anbieter. Sie unterscheiden sich teils beträchtlich darin, wie deren KI das Vermögen der Kund*innen managt.

Leistungsumfang: Vollumfassender Service oder Selbstbestimmungsrecht

In welchem Umfang der Robo-Advisor die gewählte Investmentstrategie für Sie umsetzt, hängt davon ab, ob der Anbieter als Anlagevermittler nach § 34f KWG oder als strenger regulierte Vermögensverwaltung nach § 32 KWG registriert ist. Man unterscheidet dabei zwischen sogenannten Full-Service- und Half-Service-Anbietern. 

Robo-Advisors, die als Anlagevermittler registriert sind, dürfen Ihnen nur Anlagevorschläge unterbreiten, diese aber nicht automatisch ausführen. Wenn Ihnen ein solcher Robo-Advisor also beispielsweise den Kauf einer bestimmten Anzahl von Aktien empfiehlt, müssen Sie dem aktiv zustimmen. Erst danach darf das Programm den Vorschlag für Sie umsetzen.  

Wenn Robo-Advisors über die umfangreichere Lizenzierung als Vermögensverwaltung verfügen, dürfen sie alle Transaktionen innerhalb Ihrer Vorgaben automatisch ausführen – ohne die vorherige Rücksprache mit Ihnen.

Ausgelassene junge Leute auf Tour in einem Cabriolet
© istock/g-stockstudio/2015  Wer sein Vermögen digital verwalten lässt, hat mehr Zeit für andere Dinge.

Management: Aktive oder passive Verwaltung 

Je nach Konzept können Robo-Advisors ihre Portfolios aktiv oder passiv managen. Aktive Robo-Advisors schichten Ihr Vermögen je nach Börsengeschehen um, um Risiken zu minimieren oder Chancen zu nutzen. Passive Robo-Advisors legen dagegen einmal am Anfang die prozentuale Verteilung des Investitionsbetrags auf verschiedene Anlagen fest und behalten diese dann bei. Da sich deren Gewichtung mit steigenden oder fallenden Kursen jedoch ändert, werden die Portfolios regelmäßig nachjustiert und auf die Anfangsverteilung zurückgesetzt. Diesen Prozess nennt man „Rebalancing“. 

Anlageformen: Aktien, Anleihen oder ETFs

Robo-Advisors verteilen das Vermögen Ihrer Kund*innen auf verschiedene Anlageklassen, um die Risiken zu minimieren. Manche nutzen dafür lediglich Aktien und Anleihen. Andere mischen für eine breitere Streuung noch Rohstoffe, Immobilien oder Geldmarkt-Investments bei. Auch Kryptowährungen spielen eine zunehmende Rolle. Wie beziehungsweise mit welchen Anlageinstrumenten Robo-Advisors die Anlage umsetzen, ist ebenfalls ganz unterschiedlich. Die meisten Anbieter setzen auf Exchange Traded Funds (ETFs, siehe Infobox). Einige investieren auch in Zertifikate oder setzen das Portfolio aus Einzelinvestments zusammen.

Was sind ETFs?

Was sind ETFs?

Exchange Traded Funds (ETFs) oder passive Investmentfonds sind an der Börse gehandelte Fonds. Deren Wertentwicklung orientiert sich an einem Referenzindex. Solche Indizes setzen sich aus verschiedenen Wertpapieren zusammen und spiegeln bestimmte Regionen oder Sektoren des Kapitalmarktes wider. Der Deutsche Aktienindex (DAX) besteht beispielsweise aus den Aktien der 40 größten deutschen Aktiengesellschaften. Mit einem DAX-ETF können Anleger*innen in diesen Index investieren und an seiner Wertentwicklung teilhaben. 

Umsetzung: Mensch oder Maschine 

Robo-Advisors ordnen Ihnen zwar beim Anmeldeverfahren automatisch die passende Anlagestrategie zu, aber nur in den wenigsten Fällen treffen sie auch die Anlageentscheidungen. Bei vielen Anbietern legen immer noch erfahrene Portfoliomanager*innen die strategische Verteilung des Vermögens fest. Nach ihren Vorgaben erfolgt die Umsetzung in den einzelnen Portfolios dann allerdings vollautomatisch. 

Einige Programme lassen sich beim Anlagemanagement hingegen von Künstlicher Intelligenz unterstützen. Sie kann Marktsituationen und Portfoliorisiken blitzschnell analysieren und Anlagevorschläge erstellen. Die Algorithmen folgen fest vorgegebenen Regeln, berücksichtigen Grundsätze der Portfoliotheorie und andere wissenschaftliche Erkenntnisse. Der Vorteil daran: Eine solche regelbasierte Anlage ist vollkommen frei von Emotionen. 

Manche Anbieter verfügen sogar über einen vollautomatischen Prozess, in dem sie die Portfolios nach festen Vorgaben maschinell und ohne menschliches Zutun anpassen. Basis dafür können beispielsweise Szenario-Analysen mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten für Gewinn und Verlust sein. Meist liegen den Programmen hochkomplexe mathematisch-statistische Rechenmodelle zugrunde.

Vogelperspektive auf einen Besprechungstisch, an dem sieben Anlagespezialist*innen die aktuelle Marktsituation diskutieren
© istock/rawpixel/2017  Computergestützte Algorithmen und Künstliche Intelligenz unterstützen das Portfoliomanagement bei der Arbeit oder übernehmen sie sogar ganz.

Kosten und Renditemöglichkeiten von Robo-Advisors

Das Konzept des Robo-Investings ist noch recht jung, deswegen ist ein Vergleich mit anderen Geldanlagen nur eingeschränkt möglich. Welche Rendite sich konkret mit dem digitalen Vermögensmanagement erzielen lässt, ist je nach Anbieter und Anlagestrategie ganz unterschiedlich. Die Chancen und auch die Risiken einer Anlage hängen von der gewählten Risikoklasse ab. Je mehr Risiko Sie beim Investieren eingehen, desto höhere Erträge sind langfristig möglich. Verluste sind trotz modernster Technologien auch bei Robo-Advisors nicht ausgeschlossen. 

Wie viel Gewinn am Ende auf Ihr Konto fließt, hängt zudem stark von den Kosten der Anlage ab. Die Dienstleistung eines Robo-Advisors ist vergleichsweise günstig. Je nach Anbieter und Anlagesumme zahlen Sie zwischen 0,3 und 1 Prozent für die digitale Verwaltung Ihres Vermögens. Meist ist die Gebühr als „All-in-Fee“ ausgestaltet. Das heißt, es sind alle Kosten abgedeckt. Manchmal wird zusätzlich noch eine Erfolgsgebühr fällig. 

Wenn ein Robo-Advisor Ihr Vermögen in ETFs anlegt, entstehen weitere Kosten, die Sie auf den ersten Blick vielleicht gar nicht wahrnehmen. Wie bei allen Investmentfonds, werden auch bei ETFs Verwaltungsgebühren fällig. Sie liegen durchschnittlich bei etwa 0,3 Prozent und werden direkt aus dem Fondsvermögen entnommen. Diese Gebühren schmälern die Wertentwicklung eines ETFs und damit auch des Anlagevermögens im Robo-Depot. Wenn das Portfolio aus Einzelinvestments wie Aktien und Anleihen zusammengestellt wird, entstehen keine zusätzlichen Verwaltungsgebühren.

Gut gelauntes Paar am Laptop
© istock/fizkes/2022  Wichtiger Teil des Anlageerfolgs-sind die Kosten.

Wie sicher sind Robo-Advisors?

Hinter Robo-Advisors stehen in Deutschland im Normalfall streng regulierte Finanzinstitute, die entweder als Anlagevermittler oder Vermögensverwaltung der Finanzaufsicht unterliegen. Deswegen müssen sie die umfangreichen Anforderungen des Wertpapierhandelsgesetzes erfüllen. 

Das bei Robo-Advisors angelegte Vermögen wird im Wertpapierdepot bei einer Bank verwahrt. Dieses gilt als Sondervermögen und gehört anders als Konto- und Sparguthaben nicht zu deren haftendem Eigenkapital. Alle Wertpapiere im Depot sind Ihr Eigentum und werden im Falle einer Bankinsolvenz nicht angetastet. Anders ist das beim Social Trading, bei dem Sie der Social-Trading-Plattform Ihr Vermögen übereignen. Auch die gesetzliche Einlagensicherung gilt dort nicht.

Was Sie bei der Auswahl eines Robo-Advisors beachten sollten

In Deutschland gibt es rund 30 zugelassene Robo-Advisors. Welche davon der richtige für Sie ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben den Rahmenbedingungen für die Anlage und den Kosten spielt auch die Seriosität des Anbieters eine wichtige Rolle. Die wichtigsten Fragen für Ihre Suche im Überblick: 

  • Wie hoch ist die Mindestanlage? Beim Robo-Advisor Evergreen zum Beispiel ist es nur ein einziger Euro. 
  • In welche Anlageinstrumente wird das Vermögen investiert? Der Robo-Advisor Scalable Capital zum Beispiel setzt neben ETFs auch auf Anleihen, Rohstoffe und Immobilien. 
  • Welche Anlagestrategien werden angeboten, ist die Auswahl feingliedrig genug, um Ihren Bedürfnissen gerecht zu werden? Beim Robo-Advisor Whitebox zum Beispiel können Sie vier Anlagestrategien mit bis zu zehn Risikostufen wählen. 
  • Wo liegt der Schwerpunkt der Aktienanlage? Setzt der Anbieter auf besonders ertragsstarke, schnell wachsende oder defensive Unternehmen? 
  • Welche Kosten fallen im Einzelnen an, gibt es ein „All-in-Fee“-Angebot oder fällt eine Erfolgsgebühr an? 
  • Wie lange ist der Anbieter bereits am Markt? 
  • Verfügt der Anbieter über renommierte Kooperationspartner? Welche ist die angebundene Depotbank?

Hilfreich können auch etablierte Tests sein. Bei der Stiftung Warentest (Finanztest 7/21) erhielt der Robo-Advisor Growney als einziger die Note „sehr gut“. Computerbild hob im April 2022 Quirion aufs Schild.

Auch noch wichtig: Steuerliche Behandlung

Die Anlage bei einem Robo-Advisor wird steuerlich wie ein klassisches Wertpapierdepot behandelt. Die Depotbank führt die Steuer auf Erträge automatisch für Sie ab. Sie haben die Möglichkeit, einen Freistellungsauftrag zu stellen, um Erträge bis zu 1.000 Euro pro Sparer*in (2.000 Euro bei Verheirateten) vom automatischen Steuerabzug zu befreien. Im Frühjahr erhalten Sie dann Jahressteuerbescheinigung und Erträgnisaufstellung. Die Gewinne tragen Sie in der Anlage zu Kapitalerträgen (KAP) in der Steuererklärung ein. 

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