
Niedrigzinsen – wann lohnt sich Sparen wieder?

Will Ihre Bank für Ihr Erspartes „Verwahrentgelt” kassieren und begründet das mit der Niedrigzinsphase? Da sind Sie nicht allein. Viele Banken erheben diese sogenannten Strafzinsen von ihren Kund*innen und geben daran der Europäischen Zentralbank (EZB) die Schuld. Nicht zu Unrecht, denn die legt den dafür entscheidenden Leitzins fest – und drosselt ihn seit Jahren auf null. Aber warum? Und wann steigen die Zinsen wieder? Die KlarMacher erklären das Prinzip hinter den Zinsen, wer wann davon profitiert. Und wagen einen Blick in die Zukunft.
Themen in diesem Artikel
- Niedrigzinsen – Phase oder Dauerzustand?
- Was hat die EZB mit den Zinsen zu tun?
- Was ist der Grund für die Niedrigzinsphase?
- Also, wann steigen die Zinsen wieder?

Auf den Punkt

Auf den Punkt
- Die EZB hat die Niedrigzinsphase 2008 eingeläutet.
- Grund waren und sind die weltweiten Finanzkrisen sowie die Corona-Pandemie.
- Die Zinsen werden erst wieder steigen, wenn sich die wirtschaftliche Lage erholt.
Niedrigzinsen – Phase oder Dauerzustand?
Bei vielen Geldgeschäften gehören Zinsen dazu. Vor allem bei Krediten und Sparanlagen. Ein wesentliches Merkmal von Zinsen: Manchmal steigen sie an, manchmal sinken sie. Momentan sind sie sogar auf einem so geringen Niveau, dass von einer Niedrigzinsphase gesprochen wird.
Über den Begriff „Phase” lässt sich allerdings streiten, jedenfalls wenn man ihn als vorübergehenden Zeitabschnitt versteht. Schließlich hält diese Periode bereits seit 2008 an und könnte schon als Dauerzustand bezeichnet werden. Mit ihrem kurzfristigen Ende ist derzeit nicht zu rechnen.
Woran liegt das? Und wann steigen die Zinsen wieder? Die kurze Antwort: Die Zinsen steigen wieder, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) das so will. Und die lange Antwort? Die verraten wir Ihnen im weiteren Text.
Das sind Zinsen
Das sind Zinsen
Zinsen sind eine Gebühr für geliehenes Geld. Die müssen Sie zum Beispiel einer Bank für einen Kredit geben, den Sie bei ihr aufnehmen. Es geht aber auch umgekehrt: Wenn Sie beispielsweise Geld in einen Sparvertrag anlegen, dann bekommen Sie dafür von der Bank Zinsen. Wie hoch die Zinsen sind, hängt vom jeweiligen Zinssatz ab. Der wird in Prozent angegeben und zeigt, wie hoch der Anteil der Zinsen an dem Gesamtbetrag des geliehenen oder verliehenen Geldes ist. Dazu ein stark vereinfachtes Beispiel:
Angenommen, Sie nehmen einen Kredit über 1.000 Euro bei einer Bank auf. Die verlangt dafür einen Zinssatz von fünf Prozent. Fünf Prozent von 1.000 Euro sind 50 Euro. Diese 50 Euro sind die Zinsen, die Sie zusätzlich zu den geliehenen 1.000 Euro abbezahlen müssen. Anders ausgedrückt: Der Kredit von 1.000 Euro kostet Sie 50 Euro an Zinsen.
Was hat die EZB mit den Zinsen zu tun?
Eine ganze Menge. Die Europäische Zentralbank in Frankfurt legt nämlich das allgemeine Zinsniveau fest. Und zwar für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und deren jeweilige Zentralbanken – darunter die Deutsche Bundesbank. Dabei lässt sich die EZB von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation leiten: Ist diese gut, hebt sie die Zinsen an. Ist die Lage schlecht, senkt sie die Zinsen. Mehr dazu weiter unten im Text.
Damit hat die EZB große geld- und wirtschaftspolitische Macht. Das bekommen alle Menschen in der Währungsunion zu spüren. Vor allem, wenn sie Geld anlegen oder aufnehmen wollen:
- Sind die Zinsen niedrig, kosten Kredite weniger. Gleichzeitig wirft Vermögen auf Sparbüchern und Co. weniger ab.
- Sind die Zinsen hoch, macht das Kredite teurer. Andererseits bekommen Sparer mehr für ihr Geld auf der hohen Kante.
Die Zinspolitik der EZB ist also immer eine zweischneidige Sache – mal ist sie für Sparer*innen günstig, mal für Kreditnehmer*innen. Und umgekehrt.

Die EZB besitzt vor allem drei Zins-Werkzeuge:
Leitzins
Der Leitzins ist der Zins, zu dem sich die Deutsche Bundesbank und alle anderen Geldinstitute in Deutschland Geld leihen. Diese reichen den Zinssatz wiederum an ihre Kund*innen weiter.
Damit bestimmt der Leitzins der EZB am Ende, was Sie persönlich ein Kredit kostet. Zwar entscheidet Ihre Bank selbst, wie viel Sie Ihnen für ein Darlehen berechnet. Doch sie wird sich dabei am Leitzins orientieren. Das gilt auch umgekehrt für die Zinsen, die Sie für Ihr Erspartes bekommen. Übrigens: Der Leitzins heißt in Fachkreisen Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft.
Einlagenzins
Den Einlagezins bekommen Banken, wenn sie ihr Geld vorübergehend auf einem Konto der EZB zwischenlagern. Man nennt das auch parken. Das ist so, als würden Sie Ihre Euros auf dem Girokonto liegen lassen, um in Ruhe zu überlegen, was Sie damit machen wollen. Mittlerweile aber haben sich wegen der Niedrigzinsphase die Spielregeln geändert: Seit 2019 erhalten Banken keinen Einlagezins mehr, sondern müssen ihn stattdessen bezahlen. Und zwar an die EZB, die das so entschieden hat. Der Volksmund nennt den Einlagenzins auch Strafzins.
Warum müssen Verbraucher*innen Strafzinsen zahlen?
Warum müssen Verbraucher*innen Strafzinsen zahlen?
Den Einlagenzins fordert die EZB für das Geld, das die Banken bei ihr parken. Viele Geldhäuser wollen auf den Kosten nicht sitzen bleiben und reichen sie als „Verwahrentgelt” an ihre Kundschaft weiter. Die nennt das dann meist Strafzinsen, Negativzinsen oder Minuszinsen. So ein Verwahrentgelt verlangen Banken bei Sparguthaben (oder ähnlichen Anlageformen) beispielsweise ab einer Höhe von 10.000 Euro, 50.000 Euro oder 100.000 Euro. Das heißt oft, dass sich das Kapital der Anleger*innen verringert, anstatt sich zu vermehren. Vorreiter war 2017 die Volksbank Reutlingen, die schon für den ersten gesparten Euro 0,5 Prozent Strafzinsen erhob.
Doch warum parken Banken Geld bei der EZB, wenn sie dabei drauflegen? Dazu müssen wir etwas ausholen: Manchmal haben Banken mehr Geld, als sie im Moment brauchen. Das kann zum Beispiel sein, wenn gerade kaum jemand einen Kredit aufnehmen will. Was machen die Banken dann mit dem überschüssigen Kapital? Im Idealfall legen sie es selbst gewinnbringend an, indem sie zum Beispiel Wertpapiere kaufen. Das bietet sich aber nicht immer an. Dann wählen Banken oft die EZB als Zwischenlager.
Und das funktioniert so: Jede Bank muss ein EZB-Konto haben. Allein schon deshalb, um darauf ihre finanziellen Reserven zu lagern. Dieses Geld braucht sie in der Hinterhand, damit sie flüssig (liquide) ist. Beispielsweise, um ihren Kund*innen kurzfristig und jederzeit Kreditwünsche erfüllen zu können. Hat eine Bank am Ende eines Tages noch diese Reserven oder andere Gelder übrig, dann bleiben die automatisch auf ihrem Konto bei der EZB – zum Strafzins.
Spitzenrefinanzierungssatz
Allerdings kann das EZB-Konto einer Bank abends auch mal ins Minus geraten. Dann muss sie den Fehlbetrag schnell ausgleichen. Zu diesem Zweck leiht sich das Unternehmen über Nacht Geld von der Zentralbank. Die erhebt dafür zusätzlich zum Leitzins eine Art Kreditzins. Das ist der sogenannte Spitzenrefinanzierungssatz und damit quasi der zweite Strafzins, den die EZB von den Banken fordert.

Was ist der Grund für die Niedrigzinsphase?
Sie sehen: Die Antwort auf die Frage „Wann steigen die Zinsen wieder?” hängt entscheidend von der Europäischen Zentralbank ab. Und die hält schon seit Jahren bei der Zinsentwicklung den Daumen drauf. Das zeigt ein Blick auf die aktuellen Zinssätze (Stand: Dezember 2021).
- Leitzins: 0,0 Prozent
- Einlagenzins: minus 0,50 Prozent
- Spitzenrefinanzierungssatz: 0,25 Prozent
Weniger Zinsen gehen kaum. Aber warum ist das seit längerer Zeit so?
Warum hat die EZB die Niedrigzinsphase eingeführt?
Das liegt zu einem großen Teil an der globalen Finanz-, Schulden- und Währungskrise. Deren Höhepunkt war zwischen 2007 und 2009. Im Herbst 2008 ging mit Lehman Brothers sogar eine US-Großbank von internationalem Format pleite. Das war bis dahin kaum denkbar und für die Finanzbranche ein Schock. Nicht zuletzt deswegen brachen global die Aktienkurse ein. Noch heute dauert die Unsicherheit an den Geldmärkten an. Auch aufgrund der Corona-Pandemie, die ebenfalls für erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen sorgt. In der Folge schwächelt weiterhin weltweit die Konjunktur.
Um die nicht weiter einbrechen zu lassen, senkte die EZB die Leitzinsen seit 2008 nach und nach von 4,25 Prozent auf 0,0 Prozent. Damit will sie Kredite billiger machen und so die Unternehmen zu Investitionen anregen, was zu mehr Umsatz und Gewinn führen soll. Gäbe es umgekehrt eine extreme wirtschaftliche Wachstumsphase, würde die EZB die Zinsen erhöhen. Kredite wären dann teurer. Der Sinn dahinter: Die hohen Zinsen sind sehr kostspielig und schmälern die Lust auf Investitionen. Deshalb würde die Konjunktur nicht überhitzen.
Ein zweiter wesentlicher Anlass für die Niedrigzinsphase ist die hohe Staatsverschuldung vieler Länder. Die kostet viele Kreditzinsen. Damit diese die Staatskassen nicht zu stark belasten, schraubt die EZB die Zinsen extrem herunter.

Also, wann steigen die Zinsen wieder?
Kann es sein, dass die Zinsen nie wieder steigen? Theoretisch ist das möglich, doch in der Praxis sehr unwahrscheinlich. Spätestens, wenn die Konjunktur sich von den Krisen und coronabedingten Lieferengpässen erholt und gut entwickelt, werden die Zinsen wieder steigen. Doch soweit ist es nach Ansicht der EZB noch nicht. Deshalb hält sie bis auf Weiteres an ihrer Niedrigzinspolitik fest.
Wie lange sie das tut, lässt sich seriös nicht vorhersagen. Eine kurz- oder mittelfristige Anhebung des Leitzinses gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die Niedrigzinsphase könnte also noch mehrere Monate oder sogar Jahre andauern. Manche Experten erwarten jedoch eine Zinserhöhung für Ende 2022 oder im Laufe von 2023.
Unser Rat: Verfolgen Sie aufmerksam, was die EZB bei ihren Treffen beschließt. Oft berichten die Medien schon vorher über eventuelle Tendenzen. Solange die Zinsen im Keller sind, ist es für Sie günstig, einen Kredit aufzunehmen. Steigen sie an, werden verzinste Geldanlagen wieder interessanter.
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