Sparen

Negativzinsen: Wann droht meinen Rücklagen ein Schiffbruch?

von Bianca Sellnow, 09.06.2023

Bestimmt hast du ein Tagesgeld-, Spar- oder Girokonto, auf dem zumindest ein Teil deines Ersparten liegt. Denn auch wenn du dort dein Guthaben kaum noch vermehren kannst, gelten die Konten eigentlich als sicherer Hafen für Sparer*innen. Und das ist grundsätzlich auch so. Es kann allerdings vorkommen, dass auf dein Erspartes Negativzinsen anfallen. Was es mit diesen Strafzinsen auf sich hat, wer sie zahlen muss, wie viel und warum überhaupt, erfährst du hier.

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

Auf den Punkt

  • Negativzinsen bedeuten, dass du für Guthaben bei der Bank Zinsen bezahlst, statt welche zu bekommen.
  • In den letzten Jahren verlangten viele deutsche Banken Negativzinsen. Der Grund: Die Niedrigzinspolitik der EZB.
  • Banken dürfen die Strafzinsen für bestehende Kund*innen nicht einfach verlangen, sie müssen die Einführung vorher mit ihren Kund*innen abstimmen.
  • Werden Negativzinsen fällig, kann es sich lohnen, die Bank zu wechseln oder das Geld anders zu investieren.

Was sind Negativzinsen?

Mit dem Sparbuch, Tagesgeldkonto oder auch dem Girokonto kannst du sparen. In den letzten Jahren war das allerdings nicht so attraktiv: Es gab kaum Zinsen. Häufig verlangten Banken sogar Negativzinsen, auch Minuszinsen oder Strafzinsen genannt. Oft werden diese auch mit dem Ausdruck Verwahrentgelt gleichgesetzt, weil die Bank Geld dafür bekommt, dass sie Guthaben ihrer Kund*innen verwahrt.

Die Negativzinsen funktionieren dabei im Grunde genau wie sonst die Guthabenzinsen. Mit dem einzigen Unterschied, dass du einen bestimmten Prozentsatz von deinem Ersparten abgeben musst statt dafür Zinsen gutgeschrieben zu bekommen.

Übrigens: Einen Überblick der verschiedenen Zinsarten findest du im KlarMacher-Ratgeber „Was sind Zinsen und welche gibt es?“.

Wann und warum verlangen Banken Strafzinsen?

Wann und warum verlangen Banken Strafzinsen?

Ob es Negativzinsen gibt oder nicht, hängt von der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Nach der Finanzkrise 2008 hat die EZB eine Zeit der Niedrigzinsen eingeläutet, die bis Mitte des Jahres 2022 angedauert hat. Seit 2019 hatte sie sogar Zinsen für Geld verlangt, das Banken bei ihr parken: den sogenannten negativen Einlagenzins. Diese Strafzinsen gaben viele Banken an ihre Kunden*innen weiter. Seit Mitte 2022 hat die EZB den Einlagezins allerdings schrittweise wieder angehoben – die Phase der Niedrigzinsen ist also vorbei. Aktuell steht er bei 3,25 Prozent (Stand: Mai 2023). Das bedeutet, dass die Banken selbst kein Verwahrentgelt mehr zahlen und deswegen immer weniger Banken Negativzinsen an ihre Kund*innen weitergeben. 

Wer muss die Strafzinsen bezahlen und wie viel?

Seit Mitte 2022 verlangen immer weniger Banken Negativzinsen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es wieder eine Zeit geben wird, in der auch Privatkund*innen von Negativzinsen betroffen sind.

Die gute Nachricht ist: Die Negativzinsen treffen, wenn überhaupt, in der Regel Kund*innen, die relativ große Summen auf der Bank liegen haben. Das kann, je nach Bank, bei 100.000 oder erst bei 500.000 Euro Guthaben auf dem Konto losgehen. Für die Zinsen werden normalerweise nur die Beträge angerechnet, die darüber liegen.

Ein Beispiel: Du hast 150.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto mit Negativzinsen geparkt. Deine Bank berechnet das Verwahrentgelt ab 100.000 Euro. Dann musst du für deine darüber liegenden 50.000 Euro die Negativzinsen bezahlen.

Ein Schraubglas voll mit Münzen steht auf einem Regalbrett, dass mit zwei Seilen in der Luft gehalten wird
© istock/malerapaso/2018  Steht dein Erspartes auf wackeligem Boden? Ob und wie viele Strafzinsen du zahlen musst, hängt von deiner Bank und der EZB-Zinspolitik ab.

Wie viel Strafzinsen werden fällig?

Das kommt ganz auf die Bank an. In den letzten Jahren lag der negative Einlagezins der Europäischen Zentralbank (EZB) (siehe dazu die Infobox oben) bei 0,5 Prozent. Das klingt nicht unbedingt viel. Aber gehen wir das mal durch mit den 150.000 Euro aus dem obigen Beispiel, von denen 50.000 Euro zu verzinsen sind:

 0,5 Prozent von 50.000 Euro sind immerhin 250 Euro. Auf die Gesamtsumme gerechnet vielleicht kein riesiger Betrag. Aber eine kleine Shoppingtour ließe sich damit schon finanzieren. Zudem fallen die Strafzinsen nicht nur einmal, sondern jährlich an solange du bei deiner Bank mit deinem Guthaben über der Grenze für das Verwahrentgelt liegst.

Wie findest du heraus, ob eine Bank Strafzinsen verlangt?

Wenn du bereits Kunde bei einer Bank bist, dann musst du nicht fürchten, dass plötzlich ein Verwahrentgelt von deinem Konto abgezogen wird. Sollte die Bank Negativzinsen für bestehende Kund*innen einführen, muss sie darüber vorab informieren. In dem Fall hättest du Zeit, um dem zu widersprechen beziehungsweise die Bank zu wechseln.

Anders sieht es aus, wenn du ein neues Konto beantragen möchtest. Die Bank muss dann nicht gesondert auf Negativzinsen hinweisen. Das Problem: Ob und wie viele Strafzinsen du unter Umständen zahlen musst, wird nicht immer auf den ersten Blick klar. Meistens ist die Rede davon, dass das Verwahrentgelt „variabel“ ist. Damit ist dann gemeint, dass es sich nach dem Einlagenzins der EZB richtet.

Abgesehen von möglichen Negativzinsen haben Banken noch andere Wege, um mehr Geld von ihren Kund*innen einzunehmen: So kann es sein, dass sie die Kontoführungsgebühren erhöhen oder welche einführen für Kontoarten, die normalerweise kostenlos sind. Hier solltest du also genau nachhaken und vergleichen, bevor du dich für ein Konto entscheidest.

Warum dein Guthaben auch ohne Negativzinsen schrumpft

Warum dein Guthaben auch ohne Negativzinsen schrumpft

Auch ohne Negativzinsen verlierst du Geld im Laufe der Jahre an Wert. Der Grund: die Inflation. Sie sagt aus, wie stark der Wert des Geldes sich im Laufe der Zeit verringert. Seit Mitte 2021 steigt die Inflationsrate in Deutschland stark. Im April 2023 lag sie bei 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das bedeutet: Dein Geld war im April 7,2 Prozent weniger wert als noch im April 2022. Mehr über die Inflation erfährst du hier: „‚Was, so viel kostet das jetzt!?‘ – Darum macht die Inflation alles teurer“.

Eine Frau hält ein umgedrehtes Sparschwein in die Höhe und blickt kritisch auf den Schlitz
© istock/SIphotography/2017  Nicht nur wegen Negativzinsen: Es kann sich lohnen, einen Teil des Ersparten nicht auf Konten zu parken, sondern zu investieren.

Was machen, wenn Negativzinsen fällig werden?

Informiert dich deine Bank, dass sie demnächst ein Verwahrentgelt einführen wird, kannst du dies erst einmal ablehnen. Lege dafür schriftlich Widerspruch gegen die Vertragsänderung ein. Das verschafft dir Zeit, um dich nach einer anderen Bank umzusehen oder unter Umständen auch nach alternativen Investitionsmöglichkeiten.  

Denn gerade, wenn du Geld langfristig anlegen möchtest, eignen sich Sparbücher, Tagesgeldkonten und Girokonten auch ohne Negativzinsen nur bedingt. Geld, das nicht kurzfristig verfügbar sein muss, investierst du in der Regel besser in ertragreichere Anlagemöglichkeiten.  

Ebenso sichere Möglichkeiten, die zumindest etwas Rendite abwerfen, sind zum Beispiel das Festgeld oder der Sparbrief. Mehr dazu liest du im KlarMacher-Ratgeber „Vergleich Festgeld und Sparbrief: Wo liegt der Unterschied?“.

Video: Steigende Zinsen und Inflation: Folgen für Verbraucher | Marktcheck SWR

Klicken Sie hier, um die Inhalte von YouTube anzuzeigen.

Meine Zustimmung kann ich jederzeit unter Datenschutz widerrufen.

© SWR Marktcheck 

Auswirkungen der Zinswende auf Ersparnisse und Kredite

Für Sparer*innen ist es eine gute Nachricht, dass die EZB den Leitzins erhöht hat: Die Zeit der Negativzinsen ist damit (erst einmal) vorbei. Entweder sie zahlen bereits keine Strafzinsen mehr auf ihr Erspartes, oder die Bank wird die Negativzinsen in naher Zukunft streichen. Es gibt mittlerweile auch wieder Banken, die auf Tagesgeldkonten Guthabenzinsen anbieten.  

Einen Nachteil hat die Zinswende allerdings für Privatkund*innen: Die Zeiten der niedrigen Zinsen auf Kredite sind ebenfalls vorbei. Seit 2008 waren Kredite besonders günstig zu haben – in der absehbaren Zukunft werden Kredite teurer. Wer sich nun Geld leihen möchte, muss sich auf höhere Zinsen und damit auch auf höhere Kosten einstellen. 

Wie hat dir der Artikel gefallen?

24
10

Das könnte Sie auch interessieren: