„Was, so viel kostet das jetzt!?“ – Darum macht die Inflation alles teurer
Vergleich von Inflationsrate und durchschnittlichem Tariflohn in Deutschland | ||
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Jahr | Inflationsrate | Tariflohn |
2008 | 2,6 Prozent | 2,9 Prozent |
2009 | 0,3 Prozent | 2,6 Prozent |
2010 | 1,1 Prozent | 1,8 Prozent |
2011 | 2,1 Prozent | 2,0 Prozent |
2012 | 2,0 Prozent | 2,7 Prozent |
2013 | 1,4 Prozent | 2,7 Prozent |
2014 | 1,0 Prozent | 3,1 Prozent |
2015 | 0,5 Prozent | 2,7 Prozent |
2016 | 0,5 Prozent | 2,4 Prozent |
2017 | 1,5 Prozent | 2,4 Prozent |
2018 | 1,8 Prozent | 3,0 Prozent |
2019 | 1,4 Prozent | 2,9 Prozent |
2020 | 0,5 Prozent | 2,0 Prozent |
2021 | 3,1 Prozent | 1,7 Prozent |
2022 | 6,9 Prozent | 2,0 Prozent |
Die wichtigsten Arten der Inflation
Aber was soll dieses Hase-und-Igel-Rennen zwischen Preisen und Einkommen? Könnte man beides nicht einfach einfrieren und fertig? Theoretisch: ja. Praktisch: nein. Das liegt unter anderem an der freien Marktwirtschaft, nach deren Regeln wir hier unser Geld verdienen und ausgeben. Somit gilt in Deutschland das Prinzip von Angebot und Nachfrage – wie in den meisten anderen Ländern auch. Das hat Auswirkungen auf die Preise. „Schuld” daran sind drei Arten von Inflation: die Angebotsinflation, die Nachfrageinflation oder die Geldmengeninflation. Was ist was? Schauen wir es uns an.
Angebotsinflation
Die Angebotsinflation entsteht, wenn Unternehmen die Preise anheben, weil sie selbst mehr verdienen müssen. Zum Beispiel, weil Rohstoffe wie Öl, Metalle, Holz oder Chemikalien teurer geworden sind. Oder wenn sie ihren Beschäftigten mehr Gehalt zahlen, damit die nicht abwandern. Oder auch einfach nur, weil ihre Aktionäre und Aktionärinnen höhere Gewinne verlangen. Die Kund*innen müssen dann mehr für die Produkte und Dienstleistungen dieser Unternehmen bezahlen. Oder sie bekommen für das gleiche Geld plötzlich weniger.
Nachfrageinflation
Auch hier spielen die Unternehmen eine entscheidende Rolle. Und zwar dann, wenn sie das obere Ende ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben. Was das heißt? Obwohl sie auf Hochtouren fertigen, können sie nicht so viel herstellen, wie die Kund*innen von ihnen kaufen wollen. Die Nachfrage ist also größer als das Angebot. Aus dieser Knappheit schlagen viele Unternehmen Kapital: Sie erhöhen die Preise für ihre heiß begehrte Ware. Dann müssen die Verbraucher*innen dafür mehr zahlen. Im Umkehrschluss verliert auch in diesem Fall ihr Geld an Wert. Passiert das in großem Stil, nennt man das Nachfrageinflation.
Übrigens: Manchmal sorgen die Unternehmen mit Absicht dafür, dass nicht so viele Waren zur Verfügung stehen, wie sie verkaufen könnten. Denn solche künstlich verknappten Artikel bleiben dann womöglich länger begehrt und erzielen hohe Preise.
Geldmengeninflation
Was soll ein Staat tun, wenn er hohe Schulden hat oder die Wirtschaft schwächelt? Eine Idee liegt dann immer besonders nahe: einfach mehr Geld drucken. Das geht schnell und ist billig. Mit diesem Geld kann man dann die Schulden bezahlen, Kredite für Investitionen aufnehmen oder staatliche Aufträge vergeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Ergebnis: Mehr Reichtum für alle.
Das klingt zwar einleuchtend. In der Praxis sieht das allerdings oft anders aus. Weil die Bürger*innen mehr ausgeben können, erhöhen die Unternehmen kurzerhand ihre Preise. Oder: Die Menschen wissen nicht, wohin mit ihrem Geld, weil die angeschlagene Wirtschaft mit der Produktion nicht hinterherkommt. Auch dann können die Preise ansteigen (Nachfrageinflation). In beiden Fällen verliert das Geld an Wert.
Die deutsche Hyperinflation von 1923
Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) stand das Deutsche Reich vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Hauptgründe: Die militärischen Ausgaben hatten zig Milliarden Reichsmark verschlungen. Außerdem musste Deutschland den Siegern Reparation (Schadenersatz) leisten.
Um trotzdem ihren Verpflichtungen nachzukommen, warf die Regierung die Notenpresse an – und ließ sie laufen und laufen. Die Folge war die größte Geldmengeninflation in der deutschen Geschichte. Preise und Löhne kletterten in groteske Höhen. Beispiel: Im November 1923 kostete ein Brotlaib 5,6 Milliarden Mark! Gegen diese sogenannte Hyperinflation führte das Deutsche Reich im Oktober 1924 eine neue, vor allem von den USA gestützte Rentenmark ein. Damit war die Hyperinflation überstanden.
Gewinner und Verlierer der Inflation
Von der Inflation profitieren vor allem Schuldner*innen. Denn die Summe, die sie als Kredit aufgenommen haben, bleibt gleich: Stehen 10.000 Euro im Schuldbuch, müssen sie auch nur 10.000 Euro zurückzahlen – egal, was der Euro wert ist. Was das bedeutet, zeigt das Beispiel der deutschen Hyperinflation (siehe obigen Kasten): Wer vorher einen Kredit von 1.000 Reichsmark aufgenommen hatte, konnte ihn währenddessen locker zurückzahlen. Das gilt natürlich nur, wenn auch die Löhne steigen. Wenn der Alltag immer teurer wird, das eigene Einkommen aber gleichbleibt, fällt das Schuldenabbauen umso schwerer.
Umgekehrt gehören die Gläubiger*innen zu den Verlierer*innen einer Inflation. Bleiben wir beim krassen Beispiel der Hyperinflation: Damalige Forderungen waren im Grunde nur noch so viel wert wie das Papier, auf dem sie standen. Auch die einfachen Bürger*innen hatten stark gelitten. Ihre Ersparnisse lösten sich von einem Tag zum anderen quasi in Luft auf. Denn mit den Summen, die in ihren Sparbüchern standen, konnten sie sich auf dem Höhepunkt der Inflationswelle nicht einmal ein Pfund Butter kaufen. Ebenfalls negativ betroffen waren die Beschäftigten mit einem festen Einkommen, weil ihr Lohn stark an Wert verlor. Denn von einem Lohn bis zum nächsten war die Teuerungsrate oft enorm angestiegen.
Gibt es einen Schutz vor Inflation?
Eine existenzbedrohende Hyperinflation kommt zwar nur selten vor, doch auch die „normale”, langsame Form nagt nach und nach am Geldwert. Um das wenigstens auszugleichen, müssen Anleger*innen eine Rendite erzielen, die der Inflationsrate entspricht. Das wäre zwischen 2020 und 2021 ein Zinssatz von 3,1 Prozent gewesen, im Jahr 2022 noch viel mehr. Mit dem Sparbuch oder Girokonto ist das in Zeiten der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch unrealistisch.
Einen möglichen Schutz vor Inflation bieten Sachwerte, zum Beispiel Aktien, Edelmetalle oder Immobilien. Warum? Weil ihr Wert weitgehend unabhängig von der Zins- und Geldwertentwicklung ist. Das zeigt sich unter anderem an den Immobilienpreisen und Mieten in Deutschland. Und da Anleger*innen lange Zeit an Spareinlagen praktisch nichts mehr verdienten, kauften sie vermehrt Wohneigentum. Dieser Nachfrageschub treibt die Preise in die Höhe. Und wer viel für „Betongold“ bezahlt hat, der möchte die Investition durch höhere Mieten wieder hereinholen.
Nachdem die EZB den Leitzins 2022 und 2023 nach und nach erhöhte, gibt es zwar wieder mehr Guthabenzinsen. Doch die Preise für Immobilien sinken trotzdem nicht signifikant, weil sie weiterhin mehr abwerfen als ein Sparbuch oder Tagesgeldkonto.
Wie gesagt: Wir reden hier über einen möglichen Schutz vor Inflation. Ob er funktioniert, hängt maßgeblich von der richtigen Auswahl der Aktien, der Immobilien oder anderer Sachwerte ab.
Die Inflation in Deutschland – die Prognosen
Die Inflation in Deutschland wird im Jahr 2023 bei weiterhin vergleichsweise hohen 5,8 Prozent liegen. Diese Prognose stellt das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, kurz Ifo-Institut, an. Für das Jahr 2024 sagt das Ifo-Institut eine Inflation von 2,1 Prozent voraus. Damit wäre die Teuerungsrate etwa auf dem Niveau, das die EZB anstrebt. Allgemein gehen die Erwartungen aber eher in Richtung 3,0 Prozent. Mit einem Wert um die 2,0 Prozent rechnen die meisten Fachleute erst für 2025.