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Antrag auf Lohnsteuerermäßigung: So gibt es mehr Netto vom Brutto

von Dagmar Sörensen, 27.12.2023

Sicher hast du dich beim Blick auf deine Gehaltsabrechnung auch schon mal geärgert. Ist ja auch frustrierend, dieser Unterschied zwischen Brutto und Netto! Kann man nichts machen. Oder doch? Vielleicht beschert dir ja ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung jeden Monat mehr Geld auf dem Konto. Wann das für dich infrage kommt und wie du vorgehen musst, erklären wir hier.

Themen in diesem Artikel

Was bringt ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung?

Deine Lohnsteuer überweist dein Arbeitgeber direkt an das zuständige Finanzamt. Wie hoch dieser Betrag ist, hängt von deinem Bruttolohn und deiner Lohnsteuerklasse ab. Bestimmte pauschale Freibeträge werden dabei automatisch berücksichtigt. Womit wir auch schon mitten im Thema sind.

Denn was ist, wenn diese Pauschalen deine entsprechenden Ausgaben (mehr dazu im nächsten Kapitel) nicht decken? Also, wenn deine Kosten höher sind als die diesbezüglichen Freibeträge? Ist das der Fall, hast du in der Regel zwei Möglichkeiten. Entweder du holst dir dein Geld über deine Steuererklärung zurück. Oder – und darum soll es hier gehen – du stellst einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. 

Wenn das Finanzamt einverstanden ist, gewährt es dir ein sogenanntes Lohnsteuerermäßigungsverfahren. Das bedeutet in der Regel, du erhältst einen höheren, individuellen steuerlichen Freibetrag. Dieser „neue” Freibetrag wird dann bei der Berechnung deiner Lohnsteuer berücksichtigt. Damit fällt dein zu versteuerndes Einkommen geringer aus und entsprechend auch deine Steuerlast. Der Effekt: Dein monatliches Nettoeinkommen steigt sofort an. 

Übrigens: Der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung kann unabhängig von der Höhe der Ausgaben beantragt werden. 

Wofür kann ein Freibetrag beantragt werden?

Eine Lohnsteuerermäßigung kannst du beantragen für:

  • Werbungskosten
  • Sonderausgaben
  • außergewöhnliche Belastungen
  • Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung oder Hinterbliebene 
  • Aufwendungen für eine Haushaltshilfe, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerksleistungen
  • Aufwendungen für energetische Maßnahmen

Wie du deine Lohnsteuerermäßigung berechnest, hängt von deinen absehbaren Ausgaben ab. 

Wichtig: Bei erhöhten Werbungskosten und Sonderausgaben sowie außergewöhnlichen Belastungen gibt es eine sogenannte Antragsgrenze von 600 Euro. Das bedeutet, dass alle deine abziehbaren Beträge zusammengezählt diesen Mindestbetrag überschreiten müssen. Wenn du weniger Kosten hast, lohnt sich der Extra-Aufwand nicht, und es bleibt dabei, dass du die Kosten erst bei der jährlichen Steuererklärung geltend machen darfst.  

Außerdem: Wenn du ausschließlich Werbungskosten geltend machen willst, müssten deine Ausgaben nicht nur 600 Euro, sondern mindestens 1.830 Euro hoch sein. Warum? Weil dir das Finanzamt für Werbungskosten sowieso 1.230 Euro pauschal von deinem Jahreseinkommen abzieht (ab 2023). 

Werbungskosten

Werbungskosten sind alles, was du im Zusammenhang mit deiner Arbeit bezahlst. Diesen Steuerfreibetrag können Beschäftigte vor allem für folgende Kosten beantragen: 

  • Hohe Fahrtkosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz (Pendlerpauschale
  • Kosten für ein Arbeitszimmer
  • Doppelte Haushaltsführung
  • Fortbildungskosten
  • Reisekosten, die nicht vom Arbeitgeber erstattet werden
  • Kosten für Arbeitsmittel wie Berufskleidung, Werkzeuge, Fachliteratur

Sonderausgaben

Für einige private Zwecke können Sie sich Freibeträge als Sonderausgaben eintragen lassen. Das sind zum Beispiel Kosten für:

  • Kinderbetreuung
  • Schulgeld
  • Unterhaltsleistungen für geschiedene oder dauerhaft getrennt lebende Ehe- oder Lebenspartner*innen
  • Deine Berufsausbildung oder dein Erststudium
Eine Gruppe Kindergartenkinder strahlt auf dem Bauch liegend in die Kamera
© istock/FatCamera/2019  Kinderbetreuung ist oft teuer. Ein Freibetrag bei den Sonderausgaben kann helfen.

Außergewöhnliche Belastungen

Zu diesen Posten gehören:

  • Freibeträge für die Berufsausbildung eines volljährigen Kindes, das auswärts wohnt
  • Krankheits- und Pflegekosten
  • Unterhaltsleistungen an berechtigte Personen

Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung oder Hinterbliebene

Keinen Mindestbetrag gibt es für die Kosten, die einer Person durch ihre Behinderung entstehen. Personen mit einem Behindertenausweis können beantragen, dass ihnen das beim Finanzamt einen pauschalen Betrag zwischen 384 und 7.400 Euro vom Jahreseinkommen abzieht beantragen. Wie viel mehr Netto Personen mit Schwerbehinderung erhalten, richtet sich nach dem Grad der Behinderung. Der Pauschbetrag wird nach der Antragsstellung beim Finanzamt automatisch in der Gehaltsabrechnung berücksichtigt.

Einen neuen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung wegen Behinderung brauchst du deshalb nur zu stellen, wenn …  

  • der Gültigkeitszeitraum abgelaufen ist oder
  • sich dein Behinderungsgrad geändert hat.

Tipp: Diesen Pauschbetrag gibt es lediglich für die Hilfe. Außer der Reihe anfallende behinderungsbedingte Kosten, zum Beispiel für Arzneien, Kuren und so weiter, kannst du zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen.

Der Pauschbetrag für Hinterbliebene beträgt im Jahr 370 Euro. Ihn bekommen Menschen mit Anspruch auf laufende Hinterbliebenenbezüge.

Haushaltshilfen, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen

Für Haushaltshilfen, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkserleistungen gilt keine Antragsgrenze. Arbeitskosten im Privathaushalt werden für die Berechnung des Freibetrages also vom ersten Euro an berücksichtigt. Allerdings nur bis zu bestimmten Höchstgrenzen.

Bei geringfügig Beschäftigten mit einem Minijob liegt diese bei 510 Euro jährlich. Bei sozialversicherungspflichtigen haushaltsnahen Beschäftigten – und dazu zählen auch Pflege- und Betreuungsleistungen – bis zu 4.000 Euro jährlich. Und bei Handwerksleistungen sind es 1.200 Euro, die maximal vom Jahreseinkommen abgezogen werden.

Energetische Maßnahmen

Seit 2020 gibt es unter bestimmten Bedingungen auch Freibeträge für energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum. Und zwar bis zu 20 Prozent der Aufwendungen, höchstens 40.000 Euro.

Gärtner schneidet Pflanzen im Garten in Form
© istock/welcomia/2019  Auch für die Hilfe bei der Gartenarbeit kannst du Freibeträge beantragen.

Wo und wie muss ich den Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen?

Den Lohnsteuerermäßigungsantrag musst du bei deinem Finanzamt stellen. Er besteht aus dem Hauptvordruck und den Anlagen Kinder, Sonderausgaben/außergewöhnlichen Belastungen, Werbungskosten und Haushaltsnahe Aufwendungen/Energetische Maßnahmen. Die notwendigen Vordrucke für deinen Antrag auf die Freibeträge bekommst du unter anderem online beim Bundesfinanzministerium im Formular-Management-System (FMS). Dort findest du auch eine Anleitung zum Ausfüllen.

Du kannst die Unterlagen blanko herunterladen und unterschrieben beim Finanzamt abgeben oder direkt am Bildschirm ausfüllen und die Formulare elektronisch über Elster übermitteln. Elster ist eine von der Regierung kostenlose zur Verfügung gestellte Steuersoftware.

Sobald Ihr Antrag durch ist, werden die Freibeträge elektronisch als sogenannte Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELSTAM) gespeichert und Ihrem Arbeitgeber übermittelt. Der berücksichtigt die Lohnsteuerermäßigung dann in Ihrer Lohnabrechnung.

Wann kann ich einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen?

Grundsätzlich darfst du deinen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung jederzeit stellen. Er wirkt dann ab dem Folgemonat. Ausnahme: Wenn du den Antrag bis Ende Januar einreichst, wird der Freibetrag bereits für Januar berücksichtigt. Um noch für das laufende Jahr etwas von den Freibeträgen zu haben, musst du deinen Antrag bis Ende November stellen. Mehr dazu im übernächsten Kapitel.

Wie lange gilt ein gewährter Freibetrag?

Im Regelfall gilt ein Freibetrag für ein Jahr. Allerdings kannst du im Vordruck des Lohnsteuerermäßigungsantrags gleich eine zweijährige Gültigkeit beantragen und dir so Arbeit ersparen. 

Achtung: Zeichnet sich ab, dass deine Kosten niedriger als angegeben ausfallen, melde das sofort dem Finanzamt. Zum Beispiel wenn du verstärkt im Homeoffice arbeitest und sich deswegen deine Fahrtkosten zum Arbeitsplatz verringern. 

Wann wird der Freibetrag abgezogen?

Der Freibetrag wird als Jahresbetrag gewährt und auf die dem Antrag folgenden Monate verteilt. Wie bereits erwähnt: Um davon noch im laufenden Jahr zu profitieren, solltest du den Antrag bis spätestens Ende November stellen. Für eine Steuerermäßigung noch im Jahr 2023 muss der Antrag also bis Ende November 2023 beim Finanzamt eingehen. 

Beispiel:

Der Freibetrag beträgt 1.800 Euro und wird beantragt am

  • 30. Januar: Jeden Monat 150 Euro (auch rückwirkend für Januar)
  • 30. Oktober: November und Dezember jeweils 900 Euro
  • 30. November: Dezember 1.800 Euro

Beantragst du den Freibetrag gleich für zwei Jahre, werden in dem Beispiel im Folgejahr monatlich 150 Euro berücksichtigt.  

Tipp: Wenn du zu den Glücklichen zählst, die Weihnachtsgeld bekommen, reiche deinen Antrag bis spätestens Ende Oktober ein. Denn das zusätzliche Gehalt kommt meist im November und der Freibetrag wirkt sich dann besonders schnell vorteilhaft aus.

Ein Mädchen im Rollstuhl umfasst die Hand eines Erwachsenen
© istock/StockPlanets/2018  Der Behindertenpauschbetrag muss nur bei Veränderungen neu beantragt werden.

Muss ich mit Lohnsteuerermäßigung eine Steuererklärung machen?

Ja, im Normalfall schon. Schließlich möchte das Finanzamt überprüfen, ob deine Angaben auch alle korrekt waren. Hast du einen zu hohen Freibetrag beantragt, musst du demnach mit einer Nachforderung rechnen. 

Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Verpflichtung: 

  • Die Anzahl deiner Kinderfreibeträge hat sich geändert  
  • Dein Lohn/Gehalt für 2023 ist geringer als 13.150 Euro oder 24.950 Euro bei Verheirateten/Verpartnerten (Stand: Oktober 2023) 
  • Du hast den Behinderten- oder Hinterbliebenenpauschbetrag beantragt 

Mehr dazu liest du in diesem Artikel: „Steuererklärung abgeben: Pflicht oder Kür?”.

Nicht mehr Geld, aber früher

Um es klarzustellen: Nach einem erfolgreichen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gibt es unterm Strich und übers Jahr gesehen nicht wirklich mehr Netto. Denn das Geld, was du durch die Freibeträge jeden Monat zusätzlich hast, würdest du auch rückwirkend über deine Steuererklärung zurückbekommen. Der Vorteil aber ist: Du erhältst es früher und hast damit Monat für Monat mehr Geld.

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