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Berufsunfähig: Muss ich die Rente versteuern?

von Thorsten Schierhorn, 02.01.2024

Wenn Sie Ihren Beruf nicht mehr ausüben können, ist das eine große Belastung. Gut, wenn dann eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) einspringen und Sie mit einer Rente unterstützen kann. So müssen Sie die finanziellen Folgen nicht allein tragen. Doch steht Ihnen die komplette Summe zur Verfügung, die Sie laut Vertrag bekommen? Oder müssen Sie die Berufsunfähigkeitsrente versteuern? Die Antwort lautet: Ja, Sie müssen die Rente versteuern. Und trotzdem zahlen Sie meistens keine Steuern. Warum, lesen Sie hier.

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

Auf den Punkt

  • Grundsätzlich müssen die Berufsunfähigkeitsrenten versteuert werden.
  • Bei Renten aus sogenannten „selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen” muss nur ein Teil versteuert werden.
  • Bei einer BU im Rahmen einer Rürup-Rente hängt die Höhe der Steuerpflicht davon ab, wann Sie die Rente erhalten.
  • Eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer Versicherung über den Arbeitgeber muss immer voll versteuert werden.
  • In den meisten Fällen müssen Sie trotz Steuerpflicht keine Abgaben zahlen, da Sie unter dem steuerlichen Freibetrag bleiben.

So wird die Rente aus einer selbstständigen BU besteuert

Mit einer „selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung” (kurz SBU) versichern Sie sich direkt (und ausschließlich) gegen die Folgen einer Berufsunfähigkeit. Die BU ist also kein Teil einer Lebensversicherung oder einer Riester- beziehungsweise Rürup-Rente.

Wenn Sie im Fall der Fälle eine Rente aus einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsrente bekommen, dann gilt dieses Geld als Ihr Einkommen – und das müssen Sie versteuern. Zumindest in der Theorie. In der Praxis kommt das so gut wie nie vor. Warum? Schauen wir uns zunächst die Rechtslage an:

Sie müssen nicht die gesamte Berufsunfähigkeitsrente versteuern, sondern nur den sogenannten Ertragsanteil. Der ist gesetzlich festgelegt und funktioniert so: In dem Moment, in dem Sie berufsunfähig werden, stellt ein Arzt fest, wie lange Sie voraussichtlich auf eine BU-Rente angewiesen sein werden. Danach wird berechnet, wie hoch der Ertragsanteil ist, den Sie von Beginn an versteuern müssen. Dabei gilt: Je länger Sie voraussichtlich BU-Rente erhalten, umso höher ist der Ertragsanteil.

Beispiel 1: Sie werden im Alter von 64 Jahren berufsunfähig. Ein Jahr später erreichen Sie das gesetzliche Rentenalter. Dann benötigen Sie nur ein Jahr lang Berufsunfähigkeitsrente, da anschließend die gesetzliche Rente einspringt. In diesem Fall beträgt der Ertragsanteil 0 Prozent: Sie müssen keinen Cent von Ihrer BU-Rente versteuern.

Beispiel 2: Sie werden im Alter von 35 Jahren berufsunfähig. Vermutlich werden Sie es bis zum Rentenalter bleiben. Dann benötigen Sie voraussichtlich 30 Jahre lang Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsrente. Der Ertragsanteil bei einer Auszahlungsphase von 30 Jahren beträgt 30 Prozent. Das heißt, Sie müssen 30 Prozent Ihrer monatlichen BU-Rente versteuern – von Beginn an.

Diese prozentualen Stufen gelten für den Ertragsanteil

Diese prozentualen Stufen gelten für den Ertragsanteil

Und warum zahlt man in der Praxis trotzdem so gut wie nie Steuern?

Ganz einfach: weil es den sogenannten steuerlichen Grundfreibetrag gibt. Das ist der Betrag, den Sie verdienen dürfen, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Im Jahr 2024 liegt dieser Betrag bei 11.604 Euro im Jahr (bei Ledigen) beziehungsweise 23.208 Euro im Jahr (bei Verheirateten). Der Grundfreibetrag wird in der Regel jährlich angehoben.

Sehen wir nun noch einmal auf unser Beispiel 2:

  • Sie werden im Alter von 35 Jahren berufsunfähig.
  • Ihre BU muss Ihnen deshalb bis zum Beginn des Rentenalters eine Berufsunfähigkeitsrente zahlen, also etwa 30 Jahre lang.
  • Das heißt, der Ertragsanteil beträgt 30 Prozent.
  • Wenn Ihre BU-Rente monatlich 2.000 Euro beträgt, müssen Sie davon 600 Euro versteuern. 

In diesem Fall hätten Sie im Jahr Einnahmen von 7.200 Euro (= zwölf Monate à 600 Euro), die Sie versteuern müssen. Obwohl Sie also vergleichsweise lange eine BU-Rente erhalten und obwohl die monatliche Auszahlung vergleichsweise hoch ist, müssen Sie dennoch keine Steuern zahlen. Denn die Gesamtsumme von 7.200 Euro liegt unter der Grenze des Grundfreibetrags.

In den meisten Fällen müssen Sie deshalb auf die Einkünfte aus einer Berufsunfähigkeitsrente keine Steuern zahlen.

Mann sitzt auf dem Sofa und blickt verzweifelt auf diverse Papiere sowie Laptop und Taschenrechner, die vor ihm auf dem Boden liegen.
© istock/Marcos Calvo/2019  Sie verzweifeln daran, was wie besteuert wird? Keine Angst, Ihre Versicherung übernimmt die Meldung ans Finanzamt. Und meistens werden gar keine Steuern fällig.

So wird die Rente aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung besteuert

Sie haben Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung im Rahmen einer Rürup-Rente abgeschlossen? Dann besitzen Sie eine sogenannte Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (kurz BUZ). Wenn Sie berufsunfähig werden und die Versicherung Ihnen daraufhin eine Rente auszahlt, müssen Sie diese Einkünfte versteuern. Allerdings nicht die gesamte Summe.

Bei der BUZ läuft es genauso wie bei der Rürup-Rente: Sie muss prozentual versteuert werden. Der Betrag, auf den Sie Steuern zahlen müssen, steigt von Jahr zu Jahr um ein Prozent. Im Jahr 2022 waren es 82 Prozent, im Jahr 2023 waren es also 83 Prozent. Ab 2040 müssen dann die gesamten Einkünfte aus der Rürup-Rente inklusive Berufsunfähigkeitszusatzversicherung versteuert werden.

Entscheidend ist das Jahr, ab dem Sie die Berufsunfähigkeitsrente erhalten. Der Prozentsatz, der in diesem Jahr gilt, gilt für Sie über die gesamte Bezugszeit. Beispiel: Sie erhielten im Jahr 2024 erstmalig eine Berufsunfähigkeitsrente. Dann wurden auf 84 Prozent davon Steuern fällig – auch in den folgenden Jahren.

Und bei einer BU im Rahmen einer Riester-Rente? Da gilt dasselbe wie bei einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung (siehe nächstes Kapitel).

Muss ich von der Berufsunfähigkeitsrente Krankenkassenbeiträge bezahlen?

Muss ich von der Berufsunfähigkeitsrente Krankenkassenbeiträge bezahlen?

Das kommt darauf an.

  • Wenn Sie gesetzlich pflichtversichert sind und eine Rente aus einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung beziehungsweise Zusatzversicherung erhalten: nein.
  • Wenn Sie freiwillig gesetzlich versichert sind (das kann der Fall sein, wenn Sie ausschließlich Geld aus einer Berufsunfähigkeitsrente bekommen): ja.
  • Wenn Sie privat versichert sind: ja.
  • Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer betrieblichen Direktversicherung erhalten: ja.

Das Gleiche gilt übrigens bei den Beiträgen für die Pflegeversicherung.

So wird die Rente aus einer betrieblichen BU besteuert

Sie haben die Berufsunfähigkeitsversicherung über Ihren Arbeitgeber abgeschlossen? Oder im Rahmen einer Riester-Rente? Dann ist die Rechtslage vergleichsweise klar: Wenn Sie berufsunfähig werden und die Versicherung Ihnen deshalb eine Rente zahlt, müssen Sie diese Einkünfte versteuern. Und zwar in voller Höhe.

Wie viel Sie an Steuern zahlen müssen, hängt von der Gesamtsumme ab. Es ist möglich, dass Ihre Einkünfte aus der Berufsunfähigkeitsrente und anderen Quellen unter der Grenze des Grundfreibetrags liegen. Dann müssen Sie keinerlei Steuern zahlen. Der Grundfreibetrag liegt im Jahr 2024 bei 11.604 Euro im Jahr (bei Ledigen) beziehungsweise 23.208 Euro. Für alles darüber werden Steuern fällig – je mehr Einkünfte, desto mehr Steuern.

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