Vorsorgen

Rentenpunkte kaufen: Für wen lohnt sich die Sonderzahlung?

von Thorsten Schierhorn, 19.04.2024

Der Blick in deine Renteninformation ist eher unerfreulich? Damit bist du nicht allein. Für viele Bürger*innen sind die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung nicht genug, um im Alter genug Rente für ihren gewohnten Lebensstandard zu erhalten. Es gibt mehrere Möglichkeiten, diese „Rentenlücke“ zu schließen. Eine davon ist, zusätzliche Rentenpunkte zu kaufen. Was das bedeutet, wie das geht, wer das machen kann und für wen sich das lohnt, erfährst du hier.

Themen in diesem Artikel

Was ist ein Rentenpunkt?

Wer in Deutschland als Angestellte*r arbeitet und in die gesetzliche Rentenversicherung (DRV) einzahlt, sammelt Rentenpunkte. Ganz automatisch, denn das macht die Rentenkasse von allein. Dabei gilt: Bei einem Durchschnittsgehalt gibt es pro Jahr genau einen Rentenpunkt gutgeschrieben. Wer mehr verdient, bekommt prozentual entsprechend mehr Rentenpunkte angerechnet, wer weniger verdient, weniger. Für das Jahr 2024 gibt die DRV ein (vorläufiges) Durchschnittsgehalt von 45.358 Euro (brutto) an. 

Wenn du dann in Rente gehst, hängt die Höhe deiner Rente davon ab, wie viele Rentenpunkte du gesammelt hast. Denn ein Rentenpunkt entspricht einer festgelegten Geldsumme, die dir als Rente jeden Monat ausgezahlt wird. Diese Geldsumme nennt man Rentenwert – eben das, was ein Rentenpunkt buchstäblich „wert“ ist. Die Höhe des Rentenwerts wird regelmäßig angepasst. Aktuell entspricht ein Rentenpunkt einem Rentenwert von 37,60 Euro im Monat brutto (Stand: März 2024). Die nächste Anpassung wird voraussichtlich für Juli 2024 bekannt gegeben und gilt dann bis Juni 2025. 

Beispiel: Du hast 40 Jahre lang gearbeitet und dabei immer den deutschen Durchschnittslohn verdient. Das heißt, du hast 40 Rentenpunkte angesammelt. Das würde aktuell bedeuten: 40 Rentenpunkte x 37,60 Euro = 1.504 Euro monatliche Bruttorente für dich. 

Wie viele Rentenpunkte du bereits gesammelt hast, musst du zum Glück nicht selbst aus deinem Gehalt berechnen: Du entnimmst die Zahl deiner Renteninformation. Dort wird dir auch deine voraussichtliche Rente ausgerechnet, nach genau dieser Formel: gesammelte Rentenpunkte × aktueller Rentenwert = monatliche Rente. Das Ergebnis wird noch mit dem Zugangsfaktor und dem Rentenartfaktor multipliziert. Das lassen wir hier beiseite, denn wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und in Altersrente geht, hat für beide Faktoren eine 1 in der Rechnung stehen, die sich nicht weiter auf das Ergebnis auswirkt. 

Übrigens: Der offizielle Begriff für Rentenpunkte lautet Entgeltpunkte. 

Das deutsche Rentensystem

Das deutsche Rentensystem

Neben der gesetzlichen Rente gibt es in Deutschland noch zwei weitere Säulen für die Altersvorsorge: die betriebliche Altersvorsorge, kurz bAV, und die private Altersvorsorge, zum Beispiel durch einen ETF-Sparplan. Mehr erfährst du in unserem Ratgeber „Die Rente ist sicher! Wie Altersvorsorge in Deutschland (noch) funktioniert“. 

Rentenpunkte kaufen als Ausgleichszahlung

Rentenpunkte sind entscheidend für die Höhe deiner gesetzlichen Rente. Mehr Rentenpunkte könntest du erzielen, indem du mehr Geld verdienst oder über deine Regelaltersgrenze hinaus arbeitest – oder indem du einen oder mehrere Rentenpunkte selbst kaufst. Dabei handelt es sich genau genommen um eine freiwillige Sonderzahlung an die DRV. Das bedeutet: Die DRV bekommt von dir Geld, so als hättest du zusätzlich gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt, und für dieses Geld schreibt sie dir zusätzliche Rentenpunkte gut. 

Warum bietet die DRV diese Möglichkeit an? Die Sonderzahlungen sind eigentlich als Ausgleich gedacht. Gehen wir dazu kurz einen Schritt zurück: In Deutschland ist es möglich, bereits vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente zu gehen – auch bekannt als „Rente ab 63“. Allerdings wird für diese vorgezogene Rente ein Abschlag fällig. Konkret bekommst du 0,3 Prozent von deiner Rente abgezogen für jeden Monat, den du früher in Rente gehst. Die Sonderzahlungen für zusätzliche Rentenpunkte sind als Ausgleich für genau diese Abschläge gedacht – damit du früher in Rente gehen kannst, ohne dass deine Rente sinkt.  

Diese Begründung für die Sonderzahlung als Ausgleich hat eine wichtige Konsequenz: Es gibt eine Grenze dafür, wie viele Rentenpunkte du insgesamt kaufen kannst. Wenn du einen Antrag stellst (dazu unten mehr), berechnet die DRV, wie viel Rente dir verloren gehen würde, solltest du mit 63 in Rente gehen, und wie viele Rentenpunkte notwendig wären, um das auszugleichen. Das ist dann die Höchstsumme, die du kaufen kannst. Wie viele das genau sind, ist unterschiedlich, weil ja jede*r unterschiedlich viel verdient. 

Wichtig: Du musst nicht früher in Rente gehen, wenn du Rentenpunkte gekauft hast. Du kannst auch bis zu deiner Regelaltersgrenze weiter arbeiten und dann eine höhere Rente genießen. 

 

Tabelle: Wie viel ist ein Rentenpunkt wert? 

Jahr ab 1. JuliRentenwert West in EuroRentenwert Ost in Euro
201832,0330,69
201933,0531,89
202034,1933,23
202134,1933,47
202236,0235,52
202337,6037,60

Wer kann Rentenpunkte kaufen?

Es gibt noch ein paar weitere Einschränkungen beim Kauf von Rentenpunkten. Du musst bestimmte Bedingungen erfüllen: 

  • Du musst mindestens 50 Jahre alt sein.  
  • Du darfst deine Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben (wann das der Fall sein wird, hängt von deinem Geburtsjahr ab und steht auch in deiner Renteninformation).  
  • Du solltest mindestens 35 Beitragsjahre ansammeln können, bevor du 63 wirst und theoretisch in Rente gehen könntest. Weil dafür ab dem Alter von 50 noch 13 Jahre Zeit sind, solltest du also bis 50 mindestens 22 Jahre (35 – 13) angesammelt haben, um dann einen Rentenpunkt kaufen zu können.  

Was kostet ein Rentenpunkt?

Wie oben erwähnt, gibt es exakt einen Rentenpunkt für die, die im jeweiligen Jahr das Durchschnittsgehalt verdient haben. Von diesem Gehalt gehen dann natürlich unter anderem die Sozialversicherungen ab, und dazu gehören die Beiträge an die DRV. Von der Höhe dieser Beiträge auf das Durchschnittsgehalt hängen die Kosten für einen Rentenpunkt ab. 

Schauen wir uns das für das Jahr 2024 genauer an. Von dem oben genannten Durchschnittsgehalt von 45.358 Euro würdest du von deinem Bruttoeinkommen ganz regulär rund 4.218 Euro in die DRV einzahlen.  

Allerdings: Du zahlst als Angestellte*r von deinem Bruttoeinkommen genau genommen nur die Hälfte deiner Beiträge in die DRV. Die andere Hälfte, beim Durchschnittsgehalt also noch einmal rund 4.218 Euro, übernimmt dein Arbeitgeber. Wenn du nun einen zusätzlichen Rentenpunkt kaufen möchtest, musst du den gesamten Beitrag selbst zahlen. 

Konkret bedeutet das: Für das Jahr 2024 beträgt die Sonderzahlung für einen zusätzlichen Rentenpunkt 8.436,59 Euro (West) beziehungsweise 8.320,11 Euro (Ost). Wie viel die Entgeltpunkte in Zukunft kosten werden, hängt davon ab, wie sich die Löhne und das Durchschnittsgehalt entwickeln. 

Übrigens: In manchen Unternehmen gibt es die Möglichkeit, eine Sonderzahlung für Rentenpunkte vom Arbeitgeber zu bekommen. Diese Zahlung gilt dann nicht als Lohn, sondern als Entschädigungszahlung (wie das bei einer Abfindung der Fall wäre), und ist damit für dich zur Hälfte steuerfrei. Die andere Hälfte kannst du genauso von der Steuer absetzen wie die Sonderzahlungen, die du selbst tätigst – das schauen wir uns als nächstes an.  

Rente, Flexirente & Co. – so holt man meisten raus | Marktcheck SWR 

Klicken Sie hier, um die Inhalte von YouTube anzuzeigen.

Meine Zustimmung kann ich jederzeit unter Datenschutz widerrufen.

© SWR Marktcheck 

Rentenpunkte von der Steuer absetzen

Rentenpunkte kosten einiges Geld – das ist ein Nachteil. Es gibt es auch eine gute Nachricht: Du kannst deine Sonderzahlung von der Steuer absetzen. Die Kosten zählen nämlich zu den Altersvorsorgeaufwendungen, die du bei den Sonderausgaben in deiner Steuererklärung angeben kannst. Dadurch verringert sich dein zu versteuerndes Einkommen, kurz zvE, und du zahlst entsprechend weniger Steuern.  

Einen Haken gibt es aber: Du kannst unter Umständen nicht die vollen Kosten für deine Rentenpunkte absetzen. Es gibt nämlich eine Höchstgrenze für die Altersvorsorgeaufwendungen. Diese liegt bei: 

  • 27.566 Euro für Alleinstehende 
  • 55.132 Euro für gemeinsam veranlagte Paare 

(Stand: 2024) 

Einen Teil dieser Höchstsumme hast du als Angestellte*r in der Regel schon genutzt, nämlich für deine Beiträge an die DRV, die ganz regulär aus deinem Bruttoeinkommen abgehen. Dadurch verringert sich entsprechend das Geld, das du für zusätzliche Rentenpunkte absetzen kannst.  

Wichtig: Du musst nicht alle deine möglichen Rentenpunkte in einem Jahr kaufen. Du kannst auch dieses Jahr eine Teilzahlung tätigen und nächstes Jahr wieder Rentenpunkte kaufen, die dann erst nächstes Jahr steuerlich relevant werden. Allerdings: Es kann gut sein, dass Rentenpunkte nächstes Jahr teurer werden (siehe oben, es kommt auf die Lohnentwicklung an). In diesem Fall würde es sich nur bedingt lohnen, mit dem Kauf zu warten. 

Mehr zu der Frage, welche Versicherungen und Vorsorgeaufwände du bis zu welcher Höchstgrenze absetzen kannst, erfährst du im Ratgeber „Geschützt und gespart: Diese Versicherungen kann man von der Steuer absetzen“. 

Ein Mann mit grauen Haaren sitzt auf einer Hängematte im Garten mit einem Tablet in der Hand
© istock/izusek/2024  Rentenpunkte sind nur eine der vielen Möglichkeiten, deine Rentenlücke zu schließen – Vergleiche lohnen sich.

Rentenpunkte kaufen: Schritt für Schritt Anleitung

Schauen wir uns nun an, wie du am besten vorgehst, wenn du Rentenpunkte kaufst – oder auch, wenn du erst einmal herausfinden möchtest, wie viele du überhaupt kaufen könntest und was das kosten würde. Diese Auskunft kannst du nämlich unverbindlich anfragen und dich erst dann entscheiden. Aber der Reihe nach.

Kontenklärung 

Zuerst solltest du dein Rentenkonto klären lassen. Das geht mit dem Antrag V0100 online bei der DRV. Die Kontenklärung bedeutet konkret: Die DRV prüft alle deine bisher gesammelten Rentenansprüche und listet deine Beitragsjahre auf.  

Diese Angaben benötigst du für den eigentlichen Antrag (dazu gleich mehr). Es lohnt sich aber auch unabhängig von der Frage nach Sonderzahlungen, dein Rentenkonto einmal klären zu lassen. So kannst du nämlich sichergehen, dass in deinem Rentenverlauf keine Lücken sind, zum Beispiel, wenn die DRV Ausbildungs- oder Erziehungszeiten noch nicht verzeichnet haben sollte.

Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung  

Nun kannst du den eigentlichen Antrag stellen, damit die DRV dir ausrechnet, wie viele Rentenpunkte du insgesamt kaufen kannst, um deine (theoretische) vorgezogene Rente auszugleichen. Der offizielle Name dieses Antrags lautet deswegen „Antrag auf Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters“. Auch dieses Formular gibt es online als V0210

In diesem Antrag gibst du nun an, welche Rente du zu welchem Zeitpunkt in Anspruch nehmen möchtest. Wie oben erwähnt, verpflichtet dich dieser Antrag nicht dazu, auch tatsächlich zu diesem früheren Zeitpunkt in Rente zu gehen. Außerdem benötigst du eine Bescheinigung deines Arbeitgebers (V0211) über dein Gehalt im letzten und im aktuellen Kalenderjahr. 

Rentenpunkte kaufen 

Nachdem die DRV deine maximalen Rentenpunkte und die dafür nötige Geldsumme berechnet und dir zugesendet hat, hast du drei Monate Zeit, alle oder einen Teil dieser Rentenpunkte zum angegebenen Preis zu kaufen. Solltest du im Ausland leben, verdoppelt sich die Frist auf sechs Monate. Lässt du dir mehr Zeit, berechnet die DRV die Kosten neu, und es ist gut möglich, dass die Rentenpunkte dann teurer werden (siehe oben).  

Rentenbeiträge für Ausbildungszeiten

Rentenbeiträge für Ausbildungszeiten

Es gibt noch eine weitere, nicht ganz so bekannte Möglichkeit, Rentenansprüche zu kaufen: als Ausgleich für deine Ausbildungszeiten (sofern du nicht zur gleichen Zeit gearbeitet und bereits Beiträge gesammelt hast). Das geht nachträglich, aber nur bis zum Alter von 45 Jahren. Eine Auskunft über ausgleichbare Zeiten erhältst du im Alter von 43 Jahren mit deiner sogenannten Rentenauskunft. Oder du bringst mögliche Lücken durch eine Kontenklärung vorher selbst in Erfahrung.  

Die Höhe deiner Einzahlung kannst du selbst festlegen. Sie muss zwischen Mindestbetrag für die freiwillige Rentenversicherung (im Jahr 2024: 100,07 Euro pro Monat) und dem Höchstbetrag (1.404,30 Euro pro Monat) liegen. Je mehr du zahlst, desto mehr steigt deine spätere Rente. Für diesen Antrag stellt die DRV dir ein Formular, V0080, online zur Verfügung. Auch hier ist eine Teilzahlung möglich.  

Die Rentenlücke anders schließen

Der Kauf von Rentenpunkten ist nicht die einzige Möglichkeit, um deine Rentenlücke zu schließen – also dafür zu sorgen, dass du im Alter genug Geld zur Verfügung hast. Stattdessen – oder in Ergänzung – gibt es zum Beispiel folgende Wege, deine Rente aufzubessern: 

Einen Überblick über diese und mehr Optionen und welche sich für wen lohnen könnte, findest du in unserem Ratgeber: „Private Altersvorsorge: Diese Möglichkeiten lassen dich entspannter Richtung Rente blicken“. 

Was ist besser: Rentenpunkte kaufen oder ein ETF-Sparplan?

Zwei Alternativen werden am häufigsten gegeneinander gerechnet: Was lohnt sich mehr, Rentenpunkte kaufen oder in einen ETF-Sparplan investieren? Dabei wird die durchschnittliche Rendite eines ETFs mit der „Rendite“ eines Rentenpunkts verglichen. Dahinter steckt folgende Überlegung: Wenn du in einen ETF-Sparplan investierst, kaufst du damit Anteile am ETF, deren Wert im Laufe der Zeit (durchschnittlich) steigt. Im Alter kannst du diese Anteile nach und nach verkaufen und durch diese Gewinne deine Rente aufbessern. Wenn du hingegen einen Rentenpunkt kaufst, hast du dieses Geld sozusagen bei der DRV „investiert“ und bekommst im Alter „Rendite“ in Form von einer höheren monatlichen Rente ausgezahlt.  

Bei der Rente hängt dein „Gewinn“ von zwei Fragen ab: 

  • Wie alt wirst du? Die höhere Rente bekommst du für den Rest deines Lebens. Je länger du lebst, umso mehr hast du davon. 
  • Wie hoch steigt der Rentenwert? Nach aktuellem Stand müsstest du knapp 19 Jahre lang Rente beziehen, um deine Sonderzahlung pro Rentenpunkt wieder einzuspielen. Wie du aber an der Tabelle oben siehst, wird der Rentenwert ständig angepasst. Entsprechend mehr Rente bekommst du und hast deine Sonderzahlung schneller wieder drin. Die Rentenanpassungen sind quasi deine „Zinsen“. 

Bei ETFs hängt es davon ab, wie viel dein ETF tatsächlich im Wert steigt. Beide Fragen lassen sich nicht im Vorfeld beantworten. 

Ein „Investment“ in Rentenpunkte gilt als sicherer, weil du die Rentenpunkte auf jeden Fall gutgeschrieben und im Rentenalter wieder ausgezahlt bekommst. Allerdings bekommst du das Geld auch erst im Rentenalter. 

ETFs gelten hingegen zwar im Vergleich zu anderen Anlagen als relativ sicher, aber ein gewisses Verlustrisiko bleibt wie bei jedem Handel an der Börse. Dafür ist dein Geld in einem ETF flexibler verfügbar, falls du es früher benötigen solltest, zum Beispiel für einen Immobilienkauf. Es bleibt also eine individuelle Frage, was sich mehr lohnt – vielleicht ja sogar beides. 

Das könnte dich auch interessieren:

Wie hat dir der Artikel gefallen?

0
0