Dauer der Privatinsolvenz: Wann ist man wieder schuldenfrei?
Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit – viele Wege können Verbraucher*innen in die Schuldenfalle führen. Darin ist es nicht gerade gemütlich: Die Gläubiger*innen machen Druck, negative Schufa-Einträge nerven und vielleicht klopfen schon Gerichtsvollzieher*innen an. Die Rettung aus der finanziellen Not kann eine Privatinsolvenz sein. Das Verfahren dauert in der Regel drei Jahre. Wann es länger dauern kann und wo du professionelle Hilfe bekommst, zeigen die KlarMacher.
Themen in diesem Artikel
- Wie lange dauert es bis zur Restschuldbefreiung?
- Wo und wie findest du eine seriöse Schuldnerberatung?
- Wann beginnt die Wohlverhaltensphase?
Auf den Punkt
- Für Insolvenzverfahren gilt seit dem 1. Oktober 2020: Nach drei Jahren werden dir im Idealfall alle restlichen Schulden erlassen.
- Für Verfahren, die nach dem 17. Dezember 2019 und vor dem 1. Oktober 2020 eröffnet wurden, gelten Übergangsregelungen: Die Dauer beträgt zwischen vier und fünf Jahren plus ein paar Monate ‒ abhängig vom Antragszeitpunkt.
- Für eine zweite Privatinsolvenz gilt: Wurde dir nach dem 1. Oktober 2020 bereits einmal die Restschuld erlassen, kannst du frühestens nach drei Jahren erneut Insolvenz beantragen. Diese dauert dann fünf Jahre.
Wie lange dauert es bis zur Restschuldbefreiung?
Irgendwann können Schulden so hoch sein, dass sie praktisch nicht mehr zu begleichen sind. Dann sind Betroffene zahlungsunfähig und damit überschuldet. In dem Fall ist oft eine Privatinsolvenz (oder auch Verbraucherinsolvenz genannt) der letzte Ausweg. Allerdings ein langer: Bis man schuldenfrei ist, vergehen drei Jahre.
Und auch danach bleibt noch der Schufa-Eintrag ein halbes Jahr stehen. Immerhin: Alle Schulden, die dann noch offen sind, werden in der Regel erlassen. Diese sogenannte „Restschuldbefreiung“ ist aber an Auflagen gebunden, die zumindest teilweise zu erfüllen sind. Mehr dazu liest du hier im letzten Abschnitt.
Wichtig zu wissen: Selbstständige können nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Privatinsolvenz anmelden. Sie dürfen zum Beispiel bei der Antragstellung nicht mehr als 20 Gläubiger*innen haben.
Die Dauer bis zur Restschuldbefreiung hängt vom Antragsdatum ab:
- Der Regelfall von drei Jahren gilt für alle Insolvenzverfahren, die nach dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden.
Für Verfahren, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 begonnen haben, gibt es eine Übergangsregelung. Die Privatinsolvenz dauert dann jeweils so lange:
- Antrag ab 17. Dezember 2019: 5 Jahre und 7 Monate
- Antrag ab 17. Januar 2020: 5 Jahre und 6 Monate
- Antrag ab 17. Februar 2020: 5 Jahre und 5 Monate
- Antrag ab 17. März 2020: 5 Jahre und 4 Monate
- Antrag ab 17. April 2020: 5 Jahre und 3 Monate
- Antrag ab 17. Mai 2020: 5 Jahre und 2 Monate
- Antrag ab 17. Juni 2020: 5 Jahre und 1 Monat
- Antrag ab 17. Juli 2020: 5 Jahre und 0 Monate
- Antrag ab 17. August 2020: 4 Jahre und 11 Monate
- Antrag ab 17. September bis 30. Oktober 2020: 4 Jahre und 10 Monate
Wurde das Verfahren vor dem 17. Dezember 2019 beantragt, gilt immer noch die frühere Frist von sechs Jahren bis zur Restschuldbefreiung. Die Dauer kann sich aber durch die Erfüllung bestimmter Bedingungen auf drei oder fünf Jahre verkürzen, etwa wenn du mindestens 35 Prozent deiner Schulden getilgt hast.
Und wenn du nach einer ersten Privatinsolvenz noch einmal zu viele Schulden machst? Bei einer zweiten Insolvenz dauert das Verfahren ebenfalls länger – nämlich fünf Jahre. Aber dies gilt nur, wenn du beim ersten Mal von deiner Restschuld befreit wurdest.
Wo und wie findest du eine seriöse Schuldnerberatung?
Du bist kurz vor der Schuldenfalle oder steckst schon drin? Und eine Privatinsolvenz scheint der einzige Ausweg zu sein? Voraussetzung für den Insolvenzantrag ist, dass du vorher mit professioneller Hilfe versucht hast, dich mit den Gläubiger*innen außergerichtlich zu einigen ‒ und es nicht geklappt hat. Dafür benötigst du eine offizielle Bestätigung. Deshalb solltest du dich frühzeitig an eine anerkannte Schuldner- oder Insolvenzberatung wenden. Denn die Wartezeiten sind lang ‒ teilweise mehrere Wochen.
In der Regel sind die gemeinnützigen Beratungen kostenlos. Die Verbraucherzentrale hat eine ausführliche Checkliste erstellt, wie du seriöse Anbieter erkennst. Und auf der Website des Statistischen Bundesamtes findest du eine Übersicht der Beratungsstellen.
Auch Anwält*innen können bei einer Privatinsolvenz helfen. Der Vorteil: keine oder zumindest kürzere Wartezeit. Der Nachteil: Deren Beratung kostet Geld. Du kannst zwar beim Amtsgericht eine Bewilligung der Beratungshilfe beantragen. Aber nur, wenn der Antrag akzeptiert wird, übernimmt der Staat die Kosten für die anwaltliche Beratung.
Ablauf der Verbraucherinsolvenz in Kürze
- Du musst zuerst mit anwaltlicher Hilfe oder der Unterstützung von einer Beratungsstelle versuchen, dich mit deinen Gläubiger*innen über den Schuldenabbau zu einigen.
- Wenn keine Einigung gelingt, wird mit einem Antrag ein Insolvenzverfahren eröffnet.
- Alles, was von deinem Besitz gepfändet werden darf, geht an die Gläubiger*innen.
- Danach beginnt die Wohlverhaltensphase, in der du deinen Verpflichtungen (siehe unten) nachkommen sollst.
- Ziel ist die Restschuldbefreiung am Ende der Privatinsolvenz – in der Regel nach drei Jahren.
Wann beginnt die Wohlverhaltensphase?
Die drei Jahre der Privatinsolvenz einfach aussitzen? In Saus und Braus über die Verhältnisse leben und während der Zeit nichts zurückzahlen? Eine schlechte Idee. Denn nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens wird die sogenannte Wohlverhaltensphase gerichtlich eingeleitet ‒ mit dem Ziel der Restschuldbefreiung. Für die säumigen Zahler*innen ist die Wohlverhaltensphase eine Art Bewährungsprobe. Sie ist der entscheidende Faktor bei der Frage, ob sie nach drei Jahren von der Restschuld befreit werden.
Verpflichtungen in der Wohlverhaltensphase
Wer in der Wohlverhaltensphase die finanziellen Verpflichtungen nicht wenigstens teilweise abbaut, dem oder der streicht das Insolvenzgericht am Ende die Restschuldbefreiung. Und wem die Schulden selbst nach drei Jahren in der Privatinsolvenz nicht erlassen werden, droht schnell (erneut) die Zwangsvollstreckung. Eine weitere Privatinsolvenz lässt sich erst nach frühestens drei Jahren beantragen.
Verkürzte Speicherdauer von Schufa-Einträgen
Die Auskunftei Schufa speichert Einträge abgeschlossener Verbraucherinsolvenzen seit Ende März 2023 nur noch für drei Monate. Zuvor war eine Dauer von drei Jahren üblich. Mit der Änderung wolle man mehr Klarheit und Sicherheit für die Konsument*innen schaffen, so eine Erklärung der Schufa.
Die Verkürzung hängt aber wohl auch mit anstehenden gerichtlichen Entscheidungen zusammen. Im Mittelpunkt steht dabei der Europäische Gerichtshof (EuGH), der sich mit der zulässigen Speicherdauer von Fällen einer Privatinsolvenz beschäftigt.
Zu den Bedingungen gehört unter anderem auch die Pflicht zur sogenannten Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet, dass die Schuldner*innen einer angemessenen Arbeit nachgehen sollen. Haben sie keine, müssen sie sich eine suchen. Von ihrem Gehalt haben die Schuldner*innen den jeweils pfändbaren Anteil an ihren oder ihre Insolvenzverwalter*in abzugeben. Diese Person teilt dann das Geld unter den Gläubiger*innen auf. Auch auf Einkäufe auf Pump, wie über Ratenkaufverträge und Kreditkarten, musst du in dieser Zeit verzichten.
Pfändung in der Wohlverhaltensphase
Damit du trotz Schulden noch genug Geld für Miete, Essen, Strom und alles weitere Lebenswichtige hast, steht dir ein Grundfreibetrag von 1.330,16 Euro pro Monat zu (Stand: Mai 2023). Je nachdem, ob eine Unterhaltspflicht besteht oder staatliche Sozialleistungen bezogen werden, kann der Freibetrag erhöht werden. Mehr dazu liest du im Ratgeber „Privatinsolvenz: Wie hoch ist der Selbstbehalt?”.
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