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Gewusst wie: Antrag auf Privatinsolvenz stellen

von Detlev Neumann, 02.11.2022

Das Konto ist schon lange tief im Minus, die unbezahlten Rechnungen stapeln sich immer höher. Und wenn kein Wunder passiert, dann bleibt das auf lange Sicht so. Wer einen Weg aus dieser Schuldenfalle sucht, kann eine Privatinsolvenz anmelden. Doch wie sieht der erste Schritt dahin aus und wie geht es weiter? Welche Unterlagen sind erforderlich? Und klappt das Ganze auch online? Die KlarMacher geben Orientierungshilfe.

Themen in diesem Artikel

Wann kann ich eine Privatinsolvenz beantragen?

Bevor Sie eine Privatinsolvenz anmelden können, müssen Sie einen außergerichtlichen Einigungsversuch mit den Gläubiger*innen starten. Dafür stellen Sie einen Schuldenbereinigungsplan auf, in dem Sie Ihre Einkommens- und Vermögenssituation schildern und mit Zahlen belegen. Außerdem beschreiben Sie in dem Konzept, wie und in welchem Umfang Sie Ihre Rückstände begleichen wollen. Das ist zum Beispiel möglich mit:

  • Einmalzahlungen
  • Ratenzahlungen
  • Stundungen
  • Zahlungsaufschub
  • teilweisem Schuldenerlass

Wenn die Gläubiger*innen mit diesem sogenannten Zahlungsangebot einverstanden sind, dann kommt es nicht zur Insolvenz. Lehnen die Gläubiger*innen jedoch den Vorschlag ab, ist der außergerichtliche Einigungsversuch gescheitert. Diesen Ausgang müssen Sie sich schriftlich bestätigen lassen. Und zwar anwaltlich, notariell oder einer anerkannten Schuldnerberatung. Ohne dieses offizielle Dokument können Sie später keinen Antrag auf Privatinsolvenz stellen.

Allerdings darf es kein formloses Schreiben sein, sondern muss den Anforderungen nach § 305 Eröffnungsantrag des Schuldners gemäß der Insolvenzverordnung (InsO) entsprechen. Um hier Fehler zu vermeiden, sollten Sie sich am besten von einer Rechtsberatung helfen lassen.

Die können Sie auch gleich fragen, wie es nach dem Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs weitergehen soll. Zum Beispiel kann die Rechtsberatung klären, ob sich die Insolvenz vielleicht doch noch mit einer gerichtlichen Schuldenbereinigung abwenden lässt. Dabei prüfen und entscheiden die Richter*innen, ob und wie Sie Ihre Schulden bezahlen können. 

Insolvenzantrag durch Gläubiger*innen

Insolvenzantrag durch Gläubiger*innen

Einen Antrag auf Ihre Privatinsolvenz können – ohne Ihre Zustimmung – auch Ihre Gläubiger*innen stellen. Vorausgesetzt, diese können Ihre Zahlungsunfähigkeit belegen, beispielsweise mit Ihren offenen Rechnungen oder an Sie verschickten Mahnungen.

Darauf sollten Sie mit einem eigenen Antrag reagieren, denn nur damit haben Sie die Chance auf die sogenannte Restschuldbefreiung. Das ist der Erlass Ihrer Schulden am Ende des Insolvenzverfahrens. Andernfalls müssen Sie bei einem Insolvenzantrag durch einen Gläubiger*innen alle offenen Rechnungen vollständig bezahlen. Es sei denn, der Gläubiger*innen ziehen ihren Antrag zurück.

Wie beantrage ich Privatinsolvenz?

Platzt jeder Einigungsversuch mit den Gläubiger*innen, führt der nächste Schritt zum Insolvenz- beziehungsweise Amtsgericht für Ihren Wohnort. Dort stellen Sie Ihren Antrag auf Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens. Im Gegenzug bekommen Sie eine Reihe von Formularen die Sie ausfüllen müssen. Die können Sie aber auch beim Justizportal des Bundes und der Länder herunterladen.

Mit dem ausgefüllten Antrag erklären Sie offiziell Ihre Zahlungsunfähigkeit. Anders ausgedrückt: Sie bestätigen, dass Sie Ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können. Folgende Dokumente und Anlagen gehören zum Antrag auf Privatinsolvenz und müssen ausgefüllt werden:

  • Antragsformular für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • Personalbogen: Angaben zu Ihrer Adresse usw.
  • Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs
  • Gründe für das Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans
  • Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO (Das ist der Antrag auf die Restschuldbefreiung. Wenn Sie den nicht stellen, gibt es am Ende des Verfahrens keine Restschuldbefreiung, also keinen Erlass Ihrer Schulden! Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber „Dauer der Privatinsolvenz”.
  • Vermögensübersicht: Hier machen Sie Angaben zu Ihrem Vermögen, Ihren Einkünften und Ausgaben.
  • Vermögensverzeichnis: Darin steht im Detail, welche Art von Vermögen Sie haben, etwa Guthaben auf Konten, Wertpapiere und Wertgegenstände.
  • Gläubiger- und Forderungsverzeichnis: Daraus geht hervor, wem und wie viel Geld Sie schulden.
  • Schuldenbereinigungsplan für das gerichtliche Verfahren: Darin machen Sie ggf. – neue – Vorschläge für eine einvernehmliche Einigung mit Ihren Gläubiger*innen.

Privatinsolvenz – Antrag online möglich?

Privatinsolvenz – Antrag online möglich?

Es ist nicht möglich, eine Privatinsolvenz online anzumelden. Der Antrag muss in schriftlicher Form beim Insolvenz- oder Amtsgericht eingereicht werden. Die erforderlichen Unterlagen lassen sich allerdings herunterladen, dann ausdrucken und ausfüllen. Außerdem können sich Betroffene kostenlos online über den Stand ihres Verfahrens erkundigen. Das geht über die Internetseite „Insolvenzbekanntmachungen“. Dort veröffentlichen alle deutschen Insolvenzgerichte zentral die entsprechenden Informationen. Wer sie sehen möchte, muss zuvor in einer Suchmaske verschiedene Angaben zu seinem Fall machen (u. a. Aktenzeichen, Registernummer des Verfahrens).

Ist das Anmelden einer Privatinsolvenz ohne Anwalt sinnvoll?

Den Antrag auf Privatinsolvenz (auch Verbraucherinsolvenz genannt) können Sie selbst stellen. Das macht aber viel Arbeit und muss sehr gewissenhaft erfolgen – zumal von dem Verfahren viel abhängt. Deshalb sollten Sie sich von einer Fachperson helfen lassen:

  • Rechtsanwält*innen und kostenpflichtige Schuldnerberatungsstelle: Für spezialisierte Jurist*innen gehören Anträge auf Privatinsolvenz zum täglichen Geschäft. Sie wissen genau, wie die Unterlagen ausgefüllt werden müssen und welche Angaben dabei zu machen sind. Dafür werden allerdings sowohl bei den Rechtsanwält*innen als auch bei der Schuldberatung Kosten fällig. Wie hoch die sind, regelt für beide das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Wichtig: Eine Rechtsschutzversicherung greift Ihnen bei einer Privatinsolvenz nicht finanziell unter die Arme.
  • Kostenlose Schuldnerberatungsstelle: Das sind meist gemeinnützige (z. B. Caritas, Diakonisches Werk) oder staatliche Einrichtungen. Nachteil: Kurzfristige Termine sind dort oft schwer zu bekommen. Das kann zum Problem werden, wenn während der Wartezeit für Ihre Schulden Mahngebühren und/oder hohe Zinsen auflaufen.

Reicht Ihr Einkommen nicht für eine gebührenpflichtige Hilfe, dann können Sie beim Amtsgericht einen Beratungsschein beantragen. Er gilt ausschließlich für eine außergerichtliche Rechtsberatung beziehungsweise Rechtshilfe. Dafür müssen Sie Ihre Vermögenswerte und Ihr Einkommen offenlegen. Wird der Antrag genehmigt, brauchen Sie für die juristische Begleitung bei Ihrem Privatinsolvenzverfahren höchstens 15 Euro zu bezahlen.

Übrigens: Wie viel Sie von Ihren Einkünften während des Privatinsolvenzverfahrens behalten dürfen, erfahren Sie im Ratgeber „Privatinsolvenz: Wie hoch ist der Selbstbehalt?”. 

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