Riestern ja oder nein? Die Vorteile und die Nachteile der Riester-Rente einfach erklärt
Mehr Geld im Alter, den Lebensstandard halten und sich womöglich das eine oder andere Extra leisten können – die gesetzliche Rente könnte dafür häufig nicht reichen. Also sollen möglichst viele rechtzeitig zusätzliches Geld zurücklegen, fand der Staat. Und erfand die „Riester-Rente“, eine Vorsorge mit kräftigen Zulagen. Trotzdem genießt die Riester-Rente nicht den besten Ruf. Weil sie nicht nur Vorteile hat, sondern auch Nachteile. Was du über das Riestern wissen musst, liest du hier.
Themen in diesem Artikel
- Vorteil 1: Die Riester-Rente ist sicher
- Vorteil 2: Der Staat legt kräftig was drauf
- Vorteil 3: Es gibt einen Steuerbonus
- Nachteil 1: Steuerfrei heißt nicht steuerfrei
- Nachteil 2: Nur wer lange lebt, profitiert vom Riestern
- Nachteil 3: Geringverdienende könnten vergeblich sparen
- Nachteil 4: Erbende gucken womöglich in die Röhre
- Nachteil 5: Der Vertrags-Dschungel ist ein dichtes Gestrüpp
Auf den Punkt
- Die Riester-Rente ist besser als ihr Ruf.
- Undurchsichtige Verträge, hohe Abschlussgebühren und der ein oder andere Fallstrick können manch Riester-Sparer*innen das Leben schwer machen.
- Die Vorteile machen sich vor allem bemerkbar bei Beschäftigten mit Kindern, Gutverdienenden, Berufseinsteiger*innen und allen, die ihre Altersvorsorge vor finanziellen Risiken (Schulden, Arbeitslosigkeit, Insolvenz) schützen wollen.
Vorteil 1: Die Riester-Rente ist sicher
Norbert Blüm, Arbeitsminister unter Bundeskanzler Helmut Kohl, plakatierte damals werbewirksam den Spruch: „Die Rente ist sicher“. Was er meinte, war: Da die Jüngeren für die Älteren in die Rentenkasse einzahlen, wird immer Geld für Renten zur Verfügung stehen. Die Frage ist allenfalls, ob die Rente hoch genug ist für ein sorgenfreies Leben. Doch ganz leer ausgehen kann mit der gesetzlichen Rente niemand.
Auch die Riester-Rente ist sicher. Hier zahlen nur nicht die Jüngeren für die Älteren ein, sondern die Versicherten selbst legen Geld für ihr Alter beiseite. Sicher meint dabei, dass die Riester-Rente staatlich geschützt ist. Mit anderen Worten: Das angesparte Geld darf nicht gepfändet werden. Auch wenn du Bürgergeld erhältst oder Privatinsolvenz anmeldest, musst du die Rücklagen nicht auflösen. Außerdem darfst du nicht weniger ausgezahlt bekommen, als du eingezahlt hast.
Wer darf überhaupt riestern?
Grundsätzlich darf jede*r „riestern“. Aber nicht für jede*n Riester-Sparer*in gibt es auch eine Zulage. Riestern lohnt sich deshalb nur für
- Beschäftigte, die Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zahlen,
- Beamt*innen,
- Selbstständige, die rentenversicherungspflichtig sind (z. B. Hebammen, Seelotsen, Publizist*innen),
- Studierende, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind oder bei einem Minijob auf die Versicherungsfreiheit verzichtet haben.
Mehr dazu findest du im Artikel „Riester-Rente: Mit Zulagen wächst die Altersvorsorge kräftig“.
Für Selbstständige, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, gibt es als Alternative zur Riester-Rente die staatlich geförderte Rürup-Rente.
Vorteil 2: Der Staat legt kräftig was drauf
Der vielleicht größte Vorteil beim Riestern: Du legst nicht allein Geld für dein Alter zur Seite. Der Staat mischt ordentlich mit. Wenn du vier Prozent von deinem Bruttoeinkommen in die Riester-Kasse einzahlst, legt er 175 Euro Grundzulage obendrauf – Jahr für Jahr. Und pro Kind, das nach 2008 geboren wurde, spendiert der Staat noch einmal jeweils 300 Euro. Für Nachwuchs bis zum Jahrgang 2007 gibt es 185 Euro Riester-Zulage (Stand: 2024).
Beispiel: Du verdienst jährlich 30.000 Euro brutto. Davon legst du vier Prozent zur Seite, also 1.200 Euro. Dafür erhältst du eine Zulage von 175 Euro (ohne „Kinderzulage“). Der Clou: Diese Zulage kannst du von den angepeilten 1.200 Euro abziehen. Sprich: Du musst eigentlich nur 1.025 Euro statt der 1.200 Euro zurücklegen, um auf die geforderten vier Prozent zu kommen.
Theoretisch ist es demnach sogar möglich, dass du durch die Zulage überhaupt nichts mehr selbst einzahlen musst. Wenn du zum Beispiel drei Kinder (ab Jahrgang 2008) hast, gibt es schon 1.075 Euro Zulage (3 × 300 Euro Kinderzulage plus 175 Euro „normale“ Zulage) – bei einem Bruttoeinkommen von rund 26.800 Euro pro Jahr hättest du die geforderten vier Prozent dann schon allein durch die Zulage erreicht.
Ganz ohne eigenes Geld geht es dann aber doch nicht: Einen Beitrag von mindestens 60 Euro im Jahr musst du laut Gesetz selbst leisten, um die staatliche Förderung zu bekommen.
Übrigens: Mehr als die 175 Euro normale Zulage gibt es nicht – auch dann nicht, wenn du mehr als vier Prozent deines Bruttoeinkommens in die Riester-Rente einzahlst. Und: Um die Zuzahlung zu bekommen, ist ein Antrag bei der Zulagenstelle für Altersvorsorge nötig. Das übernimmt aber in aller Regel das Unternehmen für dich, bei dem du die Riester-Rente abgeschlossen hast.
Und dann ist da noch der Berufseinsteigerbonus von 200 Euro. Den bekommst du einmalig, wenn du diese Voraussetzungen erfüllst:
- Du wurdest nach dem 31.12.1982 geboren.
- Du darfst dein 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
- Du erhältst die Grundzulage.
Vorteil 3: Es gibt einen Steuerbonus
Der Staat hat noch einen zweiten Trumpf im Ärmel, mit dem er eine Riester-Rente interessant macht: den Steuervorteil. Maximal 2.100 Euro angespartes Riester-Geld darfst du bei deiner Steuererklärung von deinem Bruttoeinkommen abziehen. Entsprechend weniger Steuern musst du zahlen.
Wie viel Geld du dadurch sparst, hängt davon ab, wie viel du verdienst. Denn in Deutschland zahlen Beschäftigte je nach Höhe des Einkommens unterschiedlich viel Steuern – für die ersten 11.604 verdienten Euro im Jahr (Stand: 2024) werden gar keine Steuern fällig, für die nächsten 100 Euro zahlst du vier Prozent, dann 14 Prozent und für noch höhere Einkommensstufen noch mehr – bis zum Spitzensteuersatz von 42 Prozent auf das Jahreseinkommen ab etwa 67.000 Euro.
Wer besonders gut verdient, profitiert auch besonders gut von dem Steuervorteil einer Riester-Rente. Beispiel: Top-Verdienende müssten auf die 2.100 Euro, die sie jetzt stattdessen in die Riester-Kasse legen, normalerweise den Spitzensteuersatz zahlen – sparen also rund 880 Euro. Wer weniger verdient und vielleicht nur 14 Prozent auf das eigene Einkommen zahlt, spart nur knappe 300 Euro an Steuern.
Den Steuervorteil erhältst du direkt als Rückzahlung aufs eigene Konto. Allerdings ist die Rückzahlung nicht ganz so hoch wie der errechnete Steuervorteil, weil im Maximalbetrag von 2.100 Euro ja auch die Zulage eingerechnet ist und verrechnet wird.
Die Riester-Rente im Überblick
Meine Zustimmung kann ich jederzeit unter Datenschutz widerrufen.
Nachteil 1: Steuerfrei heißt nicht steuerfrei
Zwar können Riester-Sparer*in das eingezahlte Geld von der Steuer abziehen. Dennoch ist die Riester-Rente nicht komplett steuerfrei. Das Stichwort heißt „nachgelagerte Besteuerung”. Das bedeutet: Du musst zwar nicht die Steuern für das Geld zahlen, das du zurücklegst. Dafür aber für das Geld, das du im Alter ausgezahlt bekommst. Hier werden die vollen Steuern fällig.
Also zahlst du einfach nur später, was du vorher sparst? Nicht ganz. Denn wie schon bei Vorteil 3 erklärt, richtet sich der fällige Steuersatz nach der Höhe des Einkommens. Und die Rente ist ja in aller Regel niedriger als das, was du als Gehalt während deines Erwerbslebens bekommst. Entsprechend geringer fällt auch dein Steuersatz aus. Mit anderen Worten: Du zahlst im Alter zwar Steuern, aber insgesamt weniger als das, was du vorher gespart hast.
Nachteil 2: Nur wer lange lebt, profitiert vom Riestern
In der Regel bekommst du die Riester-Rente, sobald du auch deine gesetzliche Rente bekommst. Falls du schon in jüngeren Jahren in (Riester-)Rente gehen willst, kannst du dir das Geld auch früher auszahlen lassen – der Betrag fällt dann natürlich geringer aus, weil dir die letzten Jahre Einzahlungen und Zulagen fehlen. Unter 62 Jahren (bei älteren Verträgen: unter 60 Jahren) ist eine Auszahlung aber nicht drin.
Von der angesparten Summe kannst du bis zu 30 Prozent sofort als Einmalzahlung bekommen (bei älteren Verträgen: bis zu 20 Prozent). Den Rest gibt es dann Monat für Monat. Wie hoch die monatliche Rente ausfällt, hängt davon ab, welche Lebensdauer in deinem Vertrag veranschlagt ist. Die angesparte Gesamtsumme wird durch die vereinbarten Monate geteilt – fertig ist die monatliche Rente. Diese Rente bekommst du bis an dein Lebensende. Lebst du länger als veranschlagt, bekommst du also mehr ausgezahlt als angespart. Stirbst du früher, ist es unterm Strich weniger.
Das Problem: Viele Versicherer gehen davon aus, dass die Menschen sehr lange leben. Deshalb müsstest du recht alt werden, um mehr Geld aus Riester-Rente zu erhalten als du insgesamt reingesteckt hast. Allerdings legen die Versicherer dein Geld auf dem Finanzmarkt an, kaufen zum Beispiel Aktien oder Staatsanleihen. Von den Gewinnen erhältst du je nach Vertrag einen Anteil. Umso höher fällt dann die Riester-Rente aus. Dann hast du deinen Einsatz schneller wieder drin.
Nachteil 3: Geringverdienende könnten vergeblich sparen
Lange Zeit war es für Geringverdienende schlicht egal, ob sie privat vorsorgen oder nicht. Warum? Weil der Staat ihre Rente aufstockt, wenn sie im Alter weniger zur Verfügung haben als sie für die sogenannte „Grundsicherung“benötigen. Faustformel der Deutschen Rentenversicherung: Liegt dein gesamtes Einkommen unter 1.062 Euro pro Monat (Stand: 2024), solltest du prüfen lassen, ob du Anspruch auf Grundsicherung hast. Egal, ob Geringverdienende nun vorgesorgt hatten oder nicht: Über diese Grenze hinaus gab es vom Staat kein Geld dazu. Wenn sie trotz Riester-Rente unter der Grundsicherung blieben, hatten sie am Ende also genauso viel im Portemonnaie, als wenn sie niemals auch nur einen Cent zurückgelegt hätten.
Immerhin: Mittlerweile wurde diese Schieflage etwas begradigt. Seit 2018 dürfen Geringverdienende 100 Euro aus ihrer Riester-Rente behalten, ohne dass die Aufstockung dadurch geringer wird. Riester-Sparer*innen haben in diesem Fall also 100 Euro mehr im Geldbeutel als Nicht-Sparer*innen. Bekommen sie mehr Riester-Rente als diese 100 Euro, dürfen sie davon weitere 30 Prozent behalten – bis zu einem Maximalbetrag von knapp über 280 Euro (Stand: 2024). Der Maximalbetrag soll jährlich steigen.
Nachteil 4: Erbende gucken womöglich in die Röhre
Die Riester-Rente gehört den Versicherten – und nur den Versicherten. Sie lässt sich nicht ohne Weiteres vererben. Allenfalls, wenn die Ehepartner*innen auch einen Riester-Vertrag besitzen, kann das Guthaben übertragen werden. Sonst erhalten die Erbenden nur die eingezahlten Beiträge, aber die Zulagen und Steuervergünstigungen verfallen. Doch selbst das kann von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich sein.
Nachteil 5: Der Vertrags-Dschungel ist ein dichtes Gestrüpp
Welche Bedingungen gelten, welche Abschlussgebühren fällig werden, wann es wie viel Geld gibt – Riester-Verträge sind für viele Menschen kaum zu durchschauen. Und als wäre das nicht genug, sind auch die staatlichen Vorgaben kein Vergnügen. Stimmt nach einer Gehaltserhöhung noch der Mindestbeitrag von vier Prozent? Sind bei der Zulage alle Kinder erfasst? Dieses und mehr müssen Versicherte im Auge behalten.
Tipp: Hol dir vor dem Abschluss eines Riester-Vertrages mehrere Angebote ein und lass dir alles von einer unabhängigen Versicherungsfachkraft erklären
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