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“Wer bezahlt hier eigentlich was” oder: Wie funktioniert eine Kreditkarte?

von Thorsten Schierhorn, 08.10.2021

Dezent legt der Kellner die Rechnung auf den Tisch. Keine große Sache: Kreditkarte gezückt, ein kurzes Piep, eine PIN oder Unterschrift, schon haben Sie bezahlt – denken Sie. Doch was steckt da eigentlich alles hinter? Schließlich überweisen Sie ja kein Geld ans Restaurant. Mehr noch: In dem Augenblick, in dem Sie das Lokal verlassen, haben Sie eigentlich überhaupt noch nichts bezahlt. Wie also läuft das genau mit der Kreditkarte?

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Mit Kreditkarte bezahlen heißt: Geld leihen

Eine Kreditkarte erhalten Sie von einer Bank oder einem Unternehmen, das Ihnen damit im Grunde genommen einen Kredit gewährt. Denn mit der Karte können Sie zunächst einmal überall bezahlen, ohne dass Sie irgendwo auch nur einen müden Cent lassen. Stattdessen übernimmt der Herausgeber der Kreditkarte die Rechnung.

Die Summe, die sich dabei ansammelt, zahlen Sie dann an einem bestimmten Termin an das Kreditkartenunternehmen zurück, zum Beispiel jeweils am letzten Tag eines Monats oder immer am 15. eines Monats – wie einen klassischen Kredit. Und so wie einen klassischen Kredit können Sie die Summe auch in Raten über einen längeren Zeitraum zurückzahlen. In der Regel ist die Kreditkarte mit einem Girokonto verknüpft (das sogenannte “Referenzkonto”), von dem das Geld dann einfach abgezogen wird.

Bis zum Rückzahlungsdatum wird Ihnen also praktisch genauso Geld geliehen wie bei einem Kredit. Daher der Name Kreditkarte. Wie viel Geld Sie leihen können, sprich: wie viel Sie pro Monat per Kreditkarte bezahlen dürfen, sagt Ihnen der sogenannte “Verfügungsrahmen”. Der ist von Karte zu Karte unterschiedlich und hängt meistens davon ab, wie viel Geld auf Ihrem Konto eingeht (Gehalt, Mieteinnahmen, Unterhaltszahlungen u. a.).

Verkäuferin in einer Boutique übergibt einem Kunden die Ware, die er mit Kreditkarte bezahlt hat
© istock/GeorgeRudy/2017  Sofort die Ware erhalten, aber erst später bezahlen: Das ist das Prinzip der Kreditkarte.

Gebühren und Zinsen: Was kostet eine Kreditkarte?

Kreditkarten gibt es in allen möglichen Varianten: kostenlos und gebührenpflichtig, mit Mindestumsatz oder ohne, pur oder mit Zusatzleistungen und vieles mehr. Je nachdem, welche Kreditkarte Sie wählen, kommen verschiedene Kosten auf Sie zu.

  • Kostenlose Kreditkarten sind in der Regel tatsächlich komplett ohne eine jährliche Gebühr zu haben, zum Beispiel die GenialCard der Hanseatic Bank. Sie zahlen auch keinerlei Zinsen, zumindest dann nicht, wenn Sie die aufgelaufene Summe zum vereinbarten Termin voll begleichen. Nur wenn Sie die Rückzahlung in Raten über mehrere Monate wählen, müssen Sie für das geliehene Geld Zinsen bezahlen. Außerdem können Gebühren beim Geldabheben am Automaten anfallen
  • Kreditkarten mit einer Jahresgebühr bieten in der Regel einige Zusatzleistungen. Bei der GoldCard der Hanseatic Bank beispielsweise sind eine Auslands-Krankenversicherung, eine Reiserücktrittsversicherung, eine Reisegepäckversicherung und vieles mehr bereits inklusive. Auch hier fallen Zinsen nur bei der Rückzahlung in Raten an.

Karte schlägt Bargeld

Karte schlägt Bargeld

Bye-bye Bargeld? Das Zahlen mit Karte ist auf dem Siegeszug: 2018 wanderte erstmals mehr Geld bargeldlos über den Ladentisch als in Form von Scheinen und Münzen. US-Amerikaner zucken da nur müde mit den Schultern: Sie bezahlen mit einer Kreditkarte siebenmal mehr als ein Deutscher.

Zusätzliche Kosten können durch den Einsatz der Kreditkarte entstehen:

  • Bargeld am Automaten abheben ist nicht immer kostenfrei. Je nachdem, welche Kreditkarte Sie besitzen oder zu welchem Geldinstitut der Automat gehört, kann eine feste Gebühr (meistens 3 bis 6 Euro) oder einige Prozent des abgehobenen Betrags fällig werden. 
  • Bargeldabhebungen im außereuropäischen Ausland kosten bei vielen Karten noch einmal extra. Lesen Sie dazu am besten auch den Ratgeber Tschüss Kostenfalle: Mit diesen 4 Tipps sparen Sie beim Geldabheben im Ausland.
  • Auch wenn Sie mit der Kreditkarte etwas in einer fremden Währung bezahlen, können Gebühren anfallen. Informieren Sie sich dazu bei dem Unternehmen, von dem Sie die Kreditkarte erhalten haben.
Junge Frau zahlt per Kreditkarte in einem amerikanischen Coffee-Shop
© istock/Spiderstock/2019  Beim Bezahlen im Ausland fallen bei vielen Kreditkarten extra Gebühren an.

Der Kreislauf des Geldes: Das passiert bei einer Zahlung

Wenn Sie mit einer Visa- oder Mastercard-Kreditkarte bezahlen, läuft in Sekundenschnelle ein wilder Informationsaustausch ab. Diese Stationen sind dabei beteiligt:

  • Der Kunde.
  • Der Händler, also z. B. der Online-Shop, in dem Sie mit Ihrer Kreditkarte etwas kaufen.
  • Der Kreditkarten-Herausgeber, also die Bank bzw. das Unternehmen, von dem Sie Ihre Kreditkarte bekommen haben. In der Fachsprache heißen diese Kreditkarten-Anbieter “Issuer” oder auf Deutsch “kartenausgebende Bank”.
  • Das Kreditkartenunternehmen, also z. B. Visa oder Mastercard.
  • Die Bank des Händlers, bzw. der Dienstleister, der den Kreditkarten-Zahlungsverkehr für den Händler abwickelt, damit der sich nicht selbst an unzählige Issuer wenden muss. In der Welt der Kreditkarten nennt man diese Station den  “Acquirer”. 

Was also passiert, sobald Sie Ihre Mastercard oder Visa-Karte in ein Bezahl-Terminal stecken oder in einem Online-Shop nutzen?

  1. Ihre Kreditkarten-Informationen landen beim Händler.
  2. Vom Händler aus werden Ihre Kreditkarten-Informationen zunächst an den Acquirer übermittelt. Der leitet sie an das jeweilige Kreditkartenunternehmen (Visa, Mastercard etc.) weiter.
  3. Anhand der Kreditkartennummer erkennt das Kreditkartenunternehmen, welches Unternehmen (sprich: welcher “Issuer”) die Karte herausgegeben hat (also z. B. Ihre Bank), und leitet die Daten dorthin weiter.
  4. Ihre Kreditkarten-Informationen werden geprüft. Ist alles in Ordnung? Stimmen die Angaben? Haben Sie noch Kredit? Dann kommt der Betrag mit auf Ihre Kreditkartenrechnung. Gleichzeitig erhält das Kreditkartenunternehmen die Rückmeldung: Alles OK mit dieser Zahlung.
  5. Das OK läuft weiter zum Acquirer und von dort zum Händler. Der gibt die Ware frei.

Kreditkartenunternehmen, Herausgeber, Abwickler: Wer verdient woran?

Alle Beteiligten am Kreditkarten-Kreislauf wollen und müssen Geld verdienen. Doch wer kriegt welches Stück vom Kuchen? Und welcher Kuchen überhaupt?

  • Am einfachsten ist es beim Händler. Der macht Gewinn mit dem, was er Ihnen verkauft.
  • Die Kreditkarten-Herausgeber bzw. “Issuer” (Banken, Sparkassen, der ADAC, Handelsketten u. a.) verdienen zunächst an den Gebühren, die Kunden für die Kreditkarte zahlen. Und an den Zinsen für die Ratenzahlung, wenn welche anfallen. Außerdem erhalten sie eine Gebühr vom Händler, wenn mit ihrer Kreditkarte gezahlt wurde. 
  • Auch der “Acquirer”, also der Dienstleister, der für den Händler den Zahlungsverkehr mit allen Kreditkarten-Herausgebern abwickelt, erhält dafür eine Gebühr.
  • Und die Kreditkartenunternehmen? Manche wie American Express und Diners Club geben selbst Kreditkarten heraus. Wie die übrigen Kreditkarten-Herausgeber kassieren sie dann Gebühren, Zinsen und Umsatzanteile. Visa oder Mastercard aber haben keine “eigenen” Kreditkarten. Stattdessen zahlen die Kreditkarten-Herausgeber und die Acquirer ihnen Lizenzgebühren dafür, dass sie das Visa- bzw. Mastercard-System nutzen dürfen. Von den Händlern erhalten die Kreditkartenunternehmen außerdem ebenfalls vermehrt Gebühren.

Wer hat’s erfunden? Die Amerikaner!

Die Kreditkarte ist eine waschechte Amerikanerin. Und weit älter, als man glauben mag. Ihre Vorläufer gibt es schon seit 1894. Damals gaben einige Hotels in den USA an besonders gute Kunden Wertmarken heraus. Diese zeigten die Kunden vor, wenn sie den Service des Hotels nutzten. Erst am Ende des Aufenthalts gab es dann eine Sammelrechnung – quasi das gute alte Prinzip des “anschreiben lassen”. 20 Jahre später gab es dann schon richtige Karten, herausgegeben vom Telegrafenkonzern Western Union und dem Ölmulti General Petroleum Corporation. Schrittweise konnte man damit auch bei anderen Händlern bezahlen.

Eine dieser Händler-Verbünde waren 27 Restaurants, die rund 200 betuchten Kunden gemeinsam Kredit gewährten – dem sogenannten “Diners Club”, aus dem 1950 die erste Kreditkarte nach heutigem Muster hervorging. Kurz darauf folgten die Konkurrenten Mastercard (1951), American Express und Americard (1958). Americard heißt heute Visa. Alle diese Unternehmen haben ihren Sitz in den USA. Es bleibt also dabei: Die Kreditkarte ist eine waschechte Amerikanerin.

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