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Abfindung nach Kündigung: Das musst du dazu wissen

von Detlev Neumann, 15.05.2024

Hast du auch schon mal vom „goldenen Handschlag“ gehört? Gefeuerte Führungskräfte großer Unternehmen kassieren damit oft eine beträchtliche Abfindung. Manchmal erhalten sie mehrere Millionen Euro dafür, dass sie ihren Arbeitsplatz räumen. Und du? Bekämst du auch eine Abfindung bei einer Kündigung? Kann sein, muss aber nicht sein, denn einen Rechtsanspruch darauf hast du nur unter bestimmten Umständen. Welche das sind und wie du deine Abfindung berechnen kannst, erfährst du hier.

 

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

  • Eine Abfindung ist eine einmalige Sonderleistung, die dir dein Arbeitgeber unter bestimmten Umständen zahlt, wenn er dir kündigt.
  • Das Geld soll die finanziellen Nachteile deines Arbeitsplatzverlustes auffangen.
  • Die Höhe der Abfindung richtet sich unter anderem nach deinem Gehalt und der Dauer deiner Betriebszugehörigkeit.
  • Einen Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung hast du nicht in jedem Fall.

Wann bekommt man eine Abfindung?

Eine Abfindung kannst du bei der Kündigung durch deinen Arbeitgeber erhalten. Das Geld wird außerordentlich und einmalig gezahlt. Es soll deinen Verdienstausfall und andere finanzielle Nachteile der Kündigung abfedern. Deswegen wird es auch als Entlassungsentschädigung, Trennungsgeld oder Kündigungsabfindung bezeichnet.

Manchmal sorgen Abfindungen für öffentliches Aufsehen, wenn beispielsweise hochrangige Führungskräfte großer Konzerne entlassen werden und als Trostpflaster Millionenbeträge bekommen. Mit einem solchen „goldenen Handschlag“ können die meisten Beschäftigten allerdings nicht rechnen – sofern sie überhaupt Geld zum Abschied bekommen.

Denn in Deutschland besteht kein genereller Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber. Übrigens gibt es auch bei einer Kündigung wegen Krankheit oder Kündigung von Angestellten mit einer Schwerbehinderung nicht automatisch eine Abfindung.

Es sei denn, das Trennungsgeld ist generell festgelegt über ...

  • Tarifverträge,
  • Betriebsvereinbarungen,
  • Sozialpläne oder
  • Arbeitsverträge. 

Auf dich trifft weder das eine noch das andere zu? Dann kann es trotzdem sein, dass du ein Recht auf eine Abfindung hast. Das trifft für folgende Fälle zu.

Video: Erhalten Arbeitnehmer bei jeder Kündigung eine Abfindung? | Betriebsrat Video 

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Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Bekommst du eine betriebsbedingte Kündigung, dann hast du in der Regel zwei Möglichkeiten. Die erste:  Du reichst vor dem Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage gegen das Unternehmen ein. Dazu hast du drei Wochen Zeit. Dann prüft das Arbeitsgericht, ob folgende drei Punkte für deinen Fall gelten:

  • Die Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt.
  • Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist für dich unzumutbar.
  • Das Unternehmen geht davon aus, dass eine weitere sinnvolle Zusammenarbeit mit dir aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.

Wenn einer der drei Punkte zutrifft, hast du Anspruch auf eine Entschädigungszahlung. 

Die zweite Möglichkeit: Du pochst bei deinem Arbeitgeber auf eine Abfindung. Die steht dir zu, sofern ...

  • die Kündigung auf dringenden betrieblichen Gründen fußt.
  • die Kündigung einen Hinweis darauf enthält, dass du eine Abfindung beanspruchen kannst, sofern du in der gesetzlichen Frist von drei Wochen auf eine Kündigungsklage verzichtest.

Das geht allerdings nur bei einem Job, der dem Kün­di­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) unterliegt. Das ist der Fall, wenn dein Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten in einem Unternehmen mit mehr als zehn Vollzeitbeschäftigten läuft. 

Abfindung als Nachteilsausgleich

Dies ist möglich, wenn dein Unternehmen eine gravierende Betriebsänderung durchmacht. Das kann eine hierarchische Neustrukturierung sein, eine teilweise Stilllegung oder eine wesentliche Umstellung des Geschäftsmodells. Ein sogenannter Interessenausgleich soll dann dafür sorgen, dass die Belegschaft dadurch möglichst wenige Nachteile hat. Dies kann beispielsweise (in Absprache mit dem Betriebsrat) in Form von Umschulungen oder Versetzungen geschehen. 

Bietet der Arbeitgeber keinen Interessenausgleich an, und er kündigt dir wegen der geplanten Maßnahmen, kannst du Anspruch auf eine Abfindung haben. Um diesen Nachteilsausgleich durchzusetzen, musst du eine Klage beim Arbeitsgericht erheben.

Auflösung des Arbeitsvertrags

Hier stellt das Arbeitsgericht im Zuge deiner Kündigungsschutzklage fest, dass deine Kündigung unwirksam ist. Du könntest also in deinem Unternehmen weiterarbeiten. Allerdings ist das wegen des juristischen Streits oft für beide Seiten nicht zumutbar oder sinnvoll. In diesem Fall kann das Gericht die Auflösung des Arbeitsvertrags anordnen und für dich eine Abfindung festlegen. 

Grundsätzlich gelten sämtliche Regeln für Abfindungen auch bei Minijob, Teilzeit- und Kurzarbeit

Eine junge Frau und ein älterer Mann arbeiten gemeinsam an einem Computer
© istock/Szepy/2019  Ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag ist in der Regel mit einer Abfindung verbunden.

Aufhebungsvertrag mit Abfindung

Mit einem Aufhebungsvertrag einigst du dich mit deinem Arbeitgeber darüber, dass du freiwillig gehst. Um dir diese Lösung schmackhaft zu machen, bietet er dir eine Abfindung als Abschiedsgeschenk an. Doch Vorsicht: Unterschreibst du einen Aufhebungsvertrag, kann es gut sein, dass für dich eine Sperre bei der Auszahlung des Arbeitslosengelds I (ALG I) gilt. Dann bekommst du für bis zu zwölf Wochen keine finanzielle Unterstützung aus der Arbeitslosenversicherung. 

Wie lässt sich die Abfindung berechnen?

Gibt es keine gerichtliche Entscheidung oder eine sonstige feste Regelung zur Höhe der Abfindung, musst du die Summe selbst aushandeln. Das Ziel ist ein Aufhebungsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen mit deinem Arbeitgeber. Sollte eine Kündigungsschutzklage möglich sein, kannst du darüber Druck auf das Unternehmen erzeugen und deine finanziellen Chancen verbessern. Ausschlaggebend für die Höhe der Abfindung sind meist folgende Aspekte: 

  • Dein Bruttogehalt
  • Dauer deiner Betriebszugehörigkeit
  • Die Branche
  • Die generelle wirtschaftliche Lage und das durchschnittliche Einkommen am Standort
  • Regionale, arbeitsgerichtliche Urteile
  • Das Interesse deines Arbeitgebers an einer schnellen und geräuschlosen Abwicklung des Themas
  • Dein Verhandlungsgeschick

Was am Ende bei dem Handel herauskommt, hängt also von mehreren, individuellen Umständen ab. Eine konkrete Höhe der Abfindung lässt sich deshalb nicht pauschal vorhersagen. Als ungefährer Anhaltspunkt kann allerdings die sogenannte Regelabfindung dienen. Sie hat zwar keine gesetzliche Grundlage, ist aber als Richtwert für Vergleichsverhandlungen allgemein anerkannt.

Demnach kannst du erfahrungsgemäß mit einem Viertel bis zu einem Ganzen Bruttogehalt je Beschäftigungsjahr rechnen. Ausreißer nach unten oder oben sind möglich – je nachdem, wie gut du die sonstigen Faktoren ausspielst.

Klar ist: Je schwerer dich dein Arbeitgeber loswerden kann, desto besser sind deine Karten im Abfindungspoker. Das gilt beispielsweise, wenn du Mitglied im Betriebsrat und damit nur unter sehr strengen Auflagen kündbar bist. Oder, weil du aufgrund der Elternzeit oder einer Schwerbehinderung einen besonderen Kündigungsschutz hast.

Apropos Betriebsrat: Gibt es einen in deinem Unternehmen, solltest du dich bei ihm über deine Vorgehensweise erkundigen. Du kannst auch ein Mitglied zu den Verhandlungen mitnehmen. Das gilt ebenso für eine juristische Begleitung – für die du aber ein Honorar zahlen musst.

Warum zahlen manche Arbeitgeber freiwillig eine Abfindung bei Kündigung?

Obwohl sie nicht in jedem Fall dazu verpflichtet sind, bieten viele Arbeitgeber eine Abfindung bei Kündigung beziehungsweise einen Aufhebungsvertrag an. Denn mit der Aussicht auf eine Abfindung wollen sie möglichen Kündigungsschutzklagen zuvorkommen, die die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses verzögern – und so auch die eventuelle Neubesetzung. 

Ein weiterer Grund kann der Fachkräftemangel sein. Das Kalkül dahinter: Mit der Zahlung möchten sie sich nach außen als attraktive Arbeitgeber geben, die sich sogar bei einer Kündigung nicht lumpen lassen.

Ist eine Abfindung steuerfrei?

Für die Abfindung musst du Lohnsteuer entrichten – und zwar in voller Höhe des Betrags. Mit wie viel Prozent deine Abfindung versteuert wird, hängt von der Höhe des zu versteuernden Jahresgehaltes inklusive Abfindung ab. Denn die Abfindung erhöht nicht nur dein Gesamtgehalt und somit deine Steuerlast, sondern möglicherweise auch deinen persönlichen Steuersatz.

Mittels der sogenannten Fünftelregelung lässt sich aber die Steuerlast senken. Das lohnt sich besonders, wenn es einen großen Unterschied zwischen deinem üblichen, zu versteuernden Gehalt und der Abfindung gibt. Dann kannst du mehrere Hundert oder Tausend Euro sparen.

Grundsätzlich muss dein Arbeitgeber bei deiner Abfindung die Fünftelregelung anwenden. Hast du allerdings neben deinem Gehalt noch weitere Einkünfte, von denen dein Unternehmen nichts weiß, kann er das nicht korrekt machen. Dann solltest du das übernehmen.

Dafür behandelst du die Abfindung steuerlich, als würdest du sie nicht auf einen Schlag bekommen, sondern über fünf Jahre verteilt. Und das geht so:

  • Du berechnest die Steuer für dein Brutto-Jahreseinkommen ohne die Abfindung. Das ist Betrag 1.
  • Du teilst die Abfindung durch fünf, zählst das Ergebnis der zuvor ermittelten Steuerlast (Betrag 1) hinzu und berechnest die Steuer für die nun höhere Summe erneut. Das ist Betrag 2.
  • Du verfünffachst den Unterschied zwischen Betrag 1 und Betrag 2. Damit hast du den Wert der verringerten Einkommenssteuer für die Abfindung.

Die fiskalische Streckung der Abfindungszahlung auf fünf Jahre kann dazu führen, dass du der Steuerprogression entgehst und weniger Steuern zahlen musst. Die Berechnung dafür ist dir zu kompliziert? Dann nutze einfach einen Abfindungsrechner im Internet, zum Beispiel diesen.

Übrigens: Du brauchst wegen einer Abfindung bei Kündigung weder mehr für deine Kranken- und Pflegeversicherung noch für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu zahlen. Ebenso wenig wirkt sich die Abfindung auf die Höhe des monatlichen Arbeitslosengelds aus.

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