Älteres Paar steht in seiner Küche und plaudert gut gelaunt bei einer Tasse Kaffee
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Teilverkauf Haus: Was bringt das? Was sind die Nachteile?

Dagmar Sörensen
von Dagmar Sörensen, 17.02.2022

Die wenigsten Ruheständler*innen verfügen über eine Rente, von der sie nicht nur gut leben, sondern sich auch besondere Träume erfüllen können. Dabei haben viele durchaus Vermögen – in Form von Immobilien. Die sind oft schon abbezahlt und werden im Laufe der Jahre meistens sogar noch wertvoller. Aber das heißt leider nicht mehr Geld auf dem Konto. Oder doch? Es gibt Anbieter, die versprechen Ihnen Geld fürs Haus, und Sie dürfen trotzdem darin wohnen bleiben! Wie das gehen soll? Mit einem Teilverkauf. Ob sich das lohnt und worauf Sie achten müssen, erklären wir hier.

Themen in diesem Artikel

Auf den Punkt

Auf den Punkt

  • Ein Teilverkauf der eigenen Immobilie verschafft Ihnen finanzielle Reserven.
  • Sie erhalten ein lebenslanges Nießbrauchrecht.
  • Dafür zahlen Sie ein monatliches Nutzungsentgelt an das Teilkäufer-Unternehmen.
  • Alle Kosten für die Immobilie einschließlich Renovierungen zahlen Sie.
  • Beim späteren Gesamtverkauf wird in der Regel eine beträchtliche Gebühr fällig.

So funktioniert ein Teilverkauf

Beim Teilverkauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung wird ein Unternehmen stille*r Miteigentümer*in Ihrer Immobilie, und zwar maximal bis zu einer Höhe von 50 Prozent. Allerdings sind diese Unternehmen nur an Immobilien in gutem Zustand interessiert, die sich voraussichtlich in einigen Jahren gewinnbringend vermarkten lassen. Und: Ihr Wohneigentum muss einen Marktwert von mindestens 200.000 Euro haben (den ein*e Gutachter*in für die Immobilie ermittelt).

Sie als Eigentümer*in bekommen beim Teilverkauf also schon einen Teil des Immobilienwertes ausgezahlt. Gleichzeitig genießen Sie ein lebenslanges sogenanntes Nießbrauchrecht: Sie haben zum einen ein lebenslanges Wohnrecht, zum anderen aber auch das Recht zur wirtschaftlichen Nutzung der Immobilie. Das bedeutet, Sie können Ihr Haus oder die Wohnung auch vermieten und die Mieteinnahmen behalten. Das ist zum Beispiel von Vorteil, wenn Sie in ein Seniorenheim umziehen.

Für den verkauften Teil des Hauses zahlen Sie dem Investierenden monatlich ein sogenanntes Nutzungsentgelt, das in der Regel nach zehn Jahren überprüft und angepasst wird. Die Höhe dieses Betrages wird individuell festgelegt. Dabei spielen Faktoren wie die Auszahlungssumme, Ihr Alter und das aktuelle Zinsniveau eine Rolle. Als Orientierungsgröße können Sie jährlich 2,9 Prozent des beim Teilverkauf ausgezahlten Betrages ansetzen. 

Beispiel: Ihr Haus hat einen aktuellen Marktwert von 400.000 Euro. Sie verkaufen die Hälfte und erhalten dafür 200.000 Euro. Das fällige Nutzungsentgelt beträgt entsprechend 5.800 Euro im Jahr, also 483 Euro monatlich. Je nach Zinshöhe und Anbieter kann dieser Betrag etwas höher oder niedriger ausfallen.

Grafik: So funktioniert der Teilverkauf

Kosten bei späterem Gesamtverkauf

Und wie sieht es aus, wenn Sie oder Ihre Erb*innen zu einem späteren Zeitpunkt Ihre Immobilie ganz verkaufen wollen? Dann übernimmt meist das Teilkauf-Unternehmen die komplette Abwicklung. Der Verkaufserlös wird nach dem jeweiligen Eigentumsanteil aufgeteilt. In unserem Beispiel im vorigen Kapitel hatten Sie die Hälfte des Hauses verkauft. In diesem Fall würden Sie und das Käufer-Unternehmen also jeweils die Hälfte vom Verkaufserlös erhalten – zumindest theoretisch. Denn tatsächlich ziehen fast alle Anbieter von Ihrem Verkaufserlös-Anteil noch eine Gebühr ab, die mal Durchführungsentgelt, mal Abwicklungsvergütung heißt. Diese beträgt in der Regel zwischen 3,25 und 5,5 Prozent vom Verkaufspreis.

Beispiel: Das Miteigentümer-Unternehmen verkauft nach zehn Jahren in Ihrem Auftrag Ihr Haus vollständig. Das Haus, dem beim Teilverkauf vor zehn Jahren noch ein Wert von 400.000 Euro bescheinigt wurde, hat Jahr für Jahr zwei Prozent an Wert zugelegt. So erzielt es jetzt einen Verkaufserlös von 488.000 Euro. 

Verkaufserlös nach 10 Jahren:488.000 Euro
Ihr Anteil 50%:244.000 Euro
abzüglich Durchführungspauschale 3,25%:15.860 Euro
Ihre zweite Auszahlung:228.140 Euro

Und so sieht Ihre Bilanz im Ganzen aus:

Erste Auszahlung nach Teilverkauf:200.000 Euro
Zweite Auszahlung nach Gesamtverkauf:228.140 Euro
Über 10 Jahre gezahltes Nutzungsentgelt- 58.000 Euro
Gesamterlös nach 10 Jahren:370.140 Euro

 

Seniorenpaar sitzt auf dem Sofa und liest einen Vertrag
© istock/shapecharge/2020  Lesen Sie die Konditionen für den Teilverkauf sorgfältig durch, bevor Sie sich entscheiden.

Vorteile des Teilverkaufs

Zwar sehen die Konditionen für einen Teilverkauf von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich aus. Die grundsätzlichen Vorteile sind aber immer dieselben.

Liquidität freisetzen

Eine Immobilie ist zwar wertvoll, bei Geldbedarf aber wenig hilfreich. Mit einem Teilverkauf machen Sie das Geld, das in der Immobilie steckt, frühzeitig locker. Zum Beispiel, um Ihre Rente aufzubessern, das Haus seniorengerecht umzubauen oder sich einen Traum zu erfüllen. Trotzdem können Sie in Ihrer gewohnten Umgebung wohnen bleiben.

Eigentum behalten

Sie bleiben wirtschaftlicher Eigentümer Ihrer Immobilie und entscheiden weiterhin selbst über Umbauten, Sanierungen oder Renovierungen. 

Nießbrauch gibt Sicherheit

Ihr Nießbrauchrecht wird im Grundbuch Ihres Hauses oder Wohnung eingetragen. Das gibt Ihnen die Sicherheit: Sie können auf jeden Fall dort wohnen bleiben. Oder Sie vermieten die Immobilie und finanzieren mit den Mieteinnahmen zum Beispiel ein Seniorenheim. Achten Sie aber darauf, dass das Nießbrauchrecht für die gesamte Immobilie gilt und nicht nur für Ihren Anteil! 

Vorsicht: Ihr Nießbrauch sollte im Grundbuch im ersten Rang eingetragen sein. Nur so ist Ihr Wohnrecht gesichert, wenn das Käufer-Unternehmen pleitegeht und das Haus zwangsversteigert wird.

Rückkauf möglich

Beim Teilverkauf können Sie im Vertrag ein Rückkaufsrecht vereinbaren oder ein Vorkaufsrecht für Ihre Erb*innen, wenn Sie versterben. So kann Ihr Haus auch nach Ihrem Tod im Familienbesitz bleiben. Die Bedingungen für den Rückkauf sollten Sie schon beim Teilverkauf festlegen – zum Beispiel, wie der Preis für den Rückkauf berechnet wird und wer den Immobilienwert ermittelt.

Handwerker*innen arbeiten auf einem Dach
© istock/brizmaker/2019  Wenn es am Haus nach dem Teilverkauf etwas zu reparieren gibt, bleiben die Kosten dafür allein an Ihnen hängen.

Nachteile des Teilverkaufs

Leider haben die Angebote der Teilverkauf-Firmen auch ihre Schattenseiten. Über die folgenden Nachteile sollten Sie sich im Klaren sein, wenn Sie über einen Teilverkauf nachdenken.

Investor*in stellt Gutachter*in

Ein ganz maßgeblicher Faktor beim Teilverkauf ist der Verkehrswert Ihrer Immobilie. Den bestimmt ein*e Gutachter*in vom Käufer-Unternehmen. Zwar bezeichnen alle Unternehmen ihre Gutachter*innen als unabhängig und zertifiziert, Sie als Verkäufer*in haben aber kaum eine Möglichkeit, das zu überprüfen. 

Was hat das für Konsequenzen? Angenommen, Sie benötigen 200.000 Euro. Das bestellte Gutachten bescheinigt Ihrer Immobilie einen Wert von 400.000 Euro. Sie verkaufen also die Hälfte Ihres Eigentums. Setzen die Sachverständigen aber den Wert zum Beispiel auf 500.000 Euro an, müssten Sie nur einen geringeren Anteil verkaufen. Bei einem späteren Gesamtverkauf bliebe folgerichtig mehr für Sie übrig.

Immobilienbewertung oder: Was ist mein Haus wert?

Immobilienbewertung oder: Was ist mein Haus wert?

Um den Wert einer Immobilie zu ermitteln, wenden Immobilien-Sachverständige drei verschiedene Methoden an: 

Beim Vergleichswertverfahren wird das Wohneigentum mit ähnlichen bereits verkauften Immobilien verglichen: Welche Verkaufspreise sind üblich? Zusätzlich berücksichtigt das Verfahren individuelle Zu- und Abschläge, etwa für Ausstattung, Zustand oder Größe der Eigentümergemeinschaft bei Wohnungen. 

Beim Sachwertverfahren berechnet man den Boden- und Gebäudewert getrennt: Wie viel kostet heute der Bau desselben Gebäudes? Von diesem Wert ziehen die Gutachter*innen die Alterswertminderung (= Abschreibung) ab. Schlussendlich kalkulieren sie noch den Marktwert (aktueller Immobilienmarkt und regionale Baupreise) ein.

Das Ertragswertverfahren wenden Sachverständige bei vermieteten Immobilien an. Dabei betrachten sie die Miete als Zinsen und rechnen sie hoch auf die Restnutzungsdauer der Immobilie. Sie erfassen auch die Bewirtschaftungskosten und die übliche Immobilienrendite vor Ort. Den Bodenwert berechnen sie hier ebenfalls gesondert.

Online-Rechner wie von check24 oder baufi24 geben Ihnen schnell und kostenlos zumindest eine grobe Einschätzung des Wertes Ihrer Immobilie. Individuelle Ausstattungsmerkmale berücksichtigen die Online-Programme allerdings nicht.

Hohe Nutzungsentgelte

Das Nutzungsentgelt, das Sie monatlich zahlen, fällt recht hoch aus. Das müssen Sie entweder von Ihrem Teilverkauf-Erlös beiseitelegen oder bringen es von Ihrer laufenden Rente auf. Wenn Sie die Nutzungsentgelte nicht (mehr) zahlen können, verlieren Sie Ihr Nießbrauchrecht. 

Instandhaltungskosten bleiben

Alle Kosten für die Instandhaltung und Sanierung der Immobilie bezahlen in der Regel Sie allein. Ein neues Dach oder eine neue Heizung bedeuten hohe Kosten.

Gesamtverkaufskosten hoch

Beim Komplettverkauf der Immobilie fallen nochmal hohe zusätzliche Gebühren an.

Risiko bei Wertverlust

Die Käufer-Firmen sichern sich oft gegen einen Wertverlust der Immobilie ab. Falls Ihr Haus oder Ihre Wohnung an Wert verliert, beanspruchen die Teilkäufer nach einem Komplettverkauf trotzdem das eingesetzte Kapital. Das Risiko des Wertverlustes tragen also Sie allein beziehungsweise Ihre Erb*innen. 

Gesetzliche Regelungen fehlen

Der Immobilien-Teilverkauf ist ein noch recht neues Geschäftsmodell. Gesetzliche Regelungen und Überprüfungen fehlen daher (noch). Gleichzeitig handelt es sich dabei um ein komplexes Thema, das von Laien nicht leicht mit allen Konsequenzen zu überblicken ist.

Von der eigenen Immobilie leben - geht das?

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© Saarländischer Rundfunk 

Darauf sollten Sie achten

Die Anbieter von Immobilien-Teilkäufen sind keine Wohltäter*innen; sie wollen mit Ihrem Haus Geld verdienen – das sollten Sie stets im Hinterkopf behalten. Der Markt ist lukrativ und entwickelt sich daher rasant. Zu den bekannten Anbietern von Immobilien-Teilkäufen gehören derzeit Heimkapital, wertfaktor, Engel & Völkers Liquid Home und Deutsche Teilkauf. Auf deren Internetseiten finden Sie Zahlenbeispiele und Teilverkaufsrechner – so können Sie sich schnell einen ersten Eindruck verschaffen. Auch Erfahrungsberichte von Teilverkäufer*innen werden dort veröffentlicht – objektive Darstellungen sollten Sie dort aber nicht erwarten.

Wenn ein Teilverkauf für Sie infrage kommt, fordern Sie konkrete Angebote von mindestens drei Teilverkauf-Anbietern an und vergleichen Sie sorgfältig die Konditionen und Rahmenbedingungen. 

Diese Punkte sollten Sie besonders beachten:

  • Akzeptiert das Unternehmen auch eine*n von Ihnen benannte*n Sachverständige*n?
  • Wenn ja, wer übernimmt die Kosten dafür?
  • Wer übernimmt die Kaufnebenkosten für Notar*in, Grundbuch etc.?
  • Wie hoch ist der Nutzungsentgeltsatz und wie lange gilt er?
  • Wie wird anschließend die Höhe des Nutzungsentgeltsatzes festgelegt?
  • Gilt das Nießbrauchrecht für die gesamte Immobilie?
  • Wird das Nießbrauchrecht im ersten Rang ins Grundbuch eingetragen?
  • Wie sind größere Renovierungen, Umbauten oder Modernisierungen geregelt?
  • Hat das Unternehmen ein Mitspracherecht bei der (Teil-) Vermietung der Immobilie?
  • Kann die gesamte Immobilie an einen fremden Dritten verkauft werden?
  • Wer kommt für die laufenden Kosten wie zum Beispiel für die Versicherungen auf?
  • Können Sie oder Ihre Erb*innen den verkauften Teil zurückkaufen? Wenn ja, zu welchen Konditionen?

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