Fragwürdiger Brief vom Inkasso-Unternehmen: Was tun?
Das kann einen schon verunsichern: Sie finden in Ihrer Post den Brief eines Inkasso-Unternehmens. Das kündigt drastische Konsequenzen an, wenn Sie nicht umgehend eine ausstehende Forderung plus eine Menge Zinsen und Gebühren begleichen. Da wird mit Lohnpfändung und Zwangsvollstreckung, vielleicht sogar mit Haft gedroht. Was tun? Erst einmal tief durchatmen und dann die Sache geordnet angehen. Wir sagen Ihnen, wie.
Themen in diesem Artikel
- Ist die Forderung berechtigt?
- Wie erkennen Sie einen Inkasso-Betrugsversuch?
- Was tun bei betrügerischem Inkassoschreiben?
- Was tun bei gerichtlichem Mahnbescheid?
Auf den Punkt
- Prüfen Sie bei einem Inkassobrief die Berechtigung der Forderung.
- Bei unberechtigten Forderungen nehmen Sie das Inkassobüro genauer unter die Lupe.
- Ist das Unternehmen seriös, widersprechen Sie der irrtümlichen Forderung.
- Handelt es sich um einen Betrugsversuch, ignorieren Sie das Schreiben und stellen Sie Strafanzeige bei der Polizei.
- Bei einem gerichtlichen Mahnschreiben müssen Sie reagieren.
Ist die Forderung berechtigt?
Vermutlich sind Sie erst einmal geschockt, wenn Sie den Brief eines Inkasso-Unternehmens in Ihrem Briefkasten oder in Ihrem Mail-Eingang finden. Doch bewahren Sie Ruhe. Lesen Sie das Schreiben sorgfältig und überlegen Sie: Ist Ihnen vielleicht tatsächlich eine Rechnung durchgerutscht? Wenn, dann müssen Sie die natürlich begleichen.
Oder ist Ihnen die Forderung vollkommen unbekannt? Dann kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht.
- Sie sind irrtümlich angeschrieben worden.
- Sie sind Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden.
- Es handelt es sich um einen Inkasso-Fake-Brief.
Wie gehen Sie vor?
Prüfen Sie, ob das Inkassobüro überhaupt existiert. Wenn das der Fall ist, nehmen Sie zu ihm Kontakt auf. Wichtig: Nutzen Sie dazu trotzdem keine im Brief angegebene Telefonnummer oder Mailadresse – die könnten gefälscht sein – obwohl es das Büro gibt. Suchen Sie stattdessen im Internet nach den entsprechenden Daten.
Lassen Sie sich den Zahlungsgrund erklären und wie der erforderliche Vertrag mit der/dem Gläubiger*in geschlossen wurde. Zu dieser Auskunft sind Inkassofirmen nach § 11a Rechtsdienstleistungsgesetz verpflichtet. Wenn sich dabei herausstellt, dass Betrüger*innen unter Ihrem Namen einkaufen, sollten Sie (am besten per Einwurf-Einschreiben) die Inkasso-Forderung zurückweisen. Hilfe leisten hier die Verbraucherzentralen mit einem Musterbrief zur Abwehr einer unberechtigten Forderung eines Inkassobüros. Sobald Sie widersprochen haben, kann das Inkasso-Unternehmen nicht weiter gegen Sie vorgehen.
Ganz wichtig bei Identitätsdiebstahl: Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei! Es ist nämlich gut möglich, dass die Betrüger*innen Ihren Namen für weitere Betrugsversuche nutzen. In dem Fall können Sie mit dem Aktenzeichen der Polizei nachweisen, dass Sie nicht Täter*in, sondern Opfer sind. So lassen sich gegebenenfalls Schadenersatzforderungen an Sie abwehren. Und: Je mehr Betroffene Strafanzeige bei der Polizei machen, umso größer ist die Chance, die Täter zu erwischen und weitere Betrügereien zu unterbinden.
Wenn das Schreiben aggressiv formuliert ist, darin mit Pfändung, Schufa-Eintrag oder sogar Haft gedroht wird, handelt es sich vermutlich um einen Inkasso-Betrugsversuch. Wie Sie einen solchen erkennen können und dann reagieren sollten, erklären wir im nächsten Absatz.
Inkasso ohne vorherige Mahnung?
Viele Verbraucher glauben, sie müssen erst eine Mahnung bekommen, bevor ein Inkasso-Unternehmen ins Spiel kommen darf. Das ist jedoch falsch. Nach §286 Absatz 2 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch ist eine Mahnung zum Beispiel nicht erforderlich, wenn ....
- für die Zahlung schon bei Vertragsabschluss ein fester Termin vereinbart wurde.
- die Zahlung an eine bestimmte Bedingung gebunden ist. Beispiel: „Zahlbar innerhalb von zwei Wochen nach Lieferung.”
- die Schuldnerin oder der Schuldner sich endgültig weigert zu zahlen.
Wie erkennen Sie einen Inkasso-Betrugsversuch?
Eine erste gute Hilfestellung bietet die Verbraucherzentrale Hamburg mit einem interaktiven Inkassobrief auf ihrer Internetseite. Weitere Möglichkeiten, die Echtheit eines Inkasso-Schreibens zu überprüfen:
Ist das Inkasso-Unternehmen schon negativ aufgefallen?
Suchen Sie das Inkasso-Unternehmen im Internet. Am besten geben Sie dazu den Namen in Kombination mit dem Begriff „Erfahrung” ein. Ist ein Unternehmen schon mit einer arglistigen Masche aufgefallen, werden Sie schnell fündig.
Informieren Sie sich bei der Verbraucherzentrale Brandenburg und/oder beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. Beide führen schwarze Listen betrügerischer Inkasso-Unternehmen.
Ist das Inkasso-Unternehmen registriert?
Jedes Inkasso-Unternehmen, das in Deutschland Forderungen eintreiben möchte, muss ordnungsgemäß registriert sein. Prüfen können Sie das online im Rechtsdienstleistungsregister. Die dazu erforderliche Registrierungsnummer sollte auf dem Brief zu finden sein. Fehlt sie, macht sich das Unternehmen strafbar. Die Registrierung allein sagt zwar noch nichts darüber aus, ob ein Unternehmen seriös arbeitet. Aber ein unregistriertes Inkassobüro ist mit Sicherheit faul.
Ist das Inkasso-Unternehmen tatsächlich beauftragt worden?
Die bloße Behauptung, einen Inkassoauftrag zu haben, reicht nicht aus. Das Unternehmen muss das mit einer schriftlichen Vollmacht samt lesbarer Unterschrift des Auftraggebers nachweisen. Und zwar mit dem Originaldokument. Eine Kopie, eine von einem Rechtsanwalt beglaubigte Abschrift oder die „anwaltliche Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung“ reichen nicht aus.
Liegt keine schriftliche Vollmacht bei, sollten Sie die Forderung ablehnen. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland empfiehlt ein Schreiben an das Inkassobüro mit folgendem Inhalt:
„Sie haben Ihre Bevollmächtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen und mir keine schriftliche Vollmacht im Original vorgelegt, die auch den Namen des Ausstellers erkennen lässt. Bereits aus diesem Grund weise ich Ihr Schreiben zurück.“
Manchmal hat sich die Sache damit schon erledigt.
Enthält das Inkasso-Schreiben alle notwendigen Informationen?
Ein seriöser Inkassobrief muss Antworten auf folgende Fragen enthalten:
- Wofür schulden Sie das Geld?
- Wann wurde der (Kauf-)Vertrag abgeschlossen?
- Wer hat das Inkasso-Unternehmen beauftragt?
- Wie lautet das Aktenzeichen?
- Wer ist Ihr Ansprechpartner beim Inkasso-Unternehmen?
- Wie setzen sich Forderung, Zinsen, Mahn- und Inkassogebühren im Einzelnen zusammen?
Finden Sie in dem Brief keine Anschrift des Auftraggebers, verstößt dies gegen das Gesetz der seriösen Geschäftspraktiken – auch Anti-Abzocke-Gesetz genannt. Sie können dann sogar Strafanzeige gegen das Inkasso-Unternehmen stellen!
Tipp: Achten Sie auf auch Formalitäten. Rechtschreib- und/oder Grammatikfehler sind zum Beispiel Hinweise auf einen Fake-Brief. Das gilt auch für den Fall, dass Sie statt mit Ihrem Namen ganz allgemein als „Sehr geehrter UnternehmenXY-Kunde“ angesprochen werden. Werden zum Beispiel Umlaute wie ä, ö oder ü falsch geschrieben, kann das auf einen Absender im Ausland hindeuten. Die dort gebräuchlichen Tastaturen haben nämlich oft keine länderspezifischen Sonderzeichen. Das ist vor allem verdächtig, wenn das angebliche Gläubiger-Unternehmen seinen Sitz in Deutschland hat.
Wohin soll das Geld überwiesen werden?
Äußerste Vorsicht ist angesagt, wenn das geforderte Geld ins Ausland überwiesen werden soll. Das erkennen Sie an der angegebenen IBAN: Die Anfangsbuchstaben geben das Empfängerland an. So steht nur DE für Deutschland. Eine Übersicht aller Länderkennzeichen finden Sie zum Beispiel hier.
Was tun bei betrügerischem Inkassoschreiben?
Ihre Überprüfung hat ergeben, dass das Inkasso-Unternehmen nicht existiert, nicht zugelassen oder bereits als betrügerisch aufgefallen ist? Dann ignorieren Sie den Inkassobrief einfach. Überweisen Sie keinesfalls Geld, legen Sie keinen Widerspruch ein, rufen Sie nicht an, nehmen Sie überhaupt keinen Kontakt auf.
Möglicherweise bekommen Sie weitere böse Briefe. Mehr kann das Unternehmen allerdings nicht machen. Auch wenn es so tut, als ob es weitreichende Rechte hätte: Es darf weder Ihr Gehalt pfänden lassen, noch Ihnen einen Gerichtsvollzieher auf den Hals schicken, keinen Schufa-Eintrag veranlassen und schon mal gar nicht dafür sorgen, dass Sie ins Gefängnis kommen.
Dazu müsste sich der Gläubiger erst einmal einen sogenannten Titel besorgen, wie zum Beispiel ein Gerichtsurteil oder einen gerichtlichen Vollstreckungsbescheid. Dazu ist ein Mahnverfahren beziehungsweise eine Klage notwendig. Doch dazu wird es niemals kommen. Also: Lassen Sie sich nicht durch wüste Drohungen ins Bockshorn jagen, bleiben Sie stur. Dann hat sich die Sache über kurz oder lang erledigt.
Falsche Inkassobescheide: Wie Betrüger die Angst vor der Kontopfändung nutzen | Marktcheck SWR
Meine Zustimmung kann ich jederzeit unter Datenschutz widerrufen.
Was tun bei gerichtlichem Mahnbescheid?
Anders sieht es aus, wenn Ihnen ein gerichtlicher Mahnbescheid zugestellt wird. Dann ist Ignorieren keine Option, Sie müssen reagieren. Vielleicht sind Sie ja in eine Abofalle getappt und haben unabsichtlich doch ein Abonnement abgeschlossen? Lesen Sie den Bescheid sorgfältig: Wer verlangt Geld von Ihnen und warum? Sie haben zwei Wochen Zeit, um Widerspruch einzulegen. Das sollten Sie unbedingt tun, wenn Sie Ihrer Sache sicher sind. Wichtig: Das Gericht hat zu diesem Zeitpunkt die Berechtigung der Forderung noch nicht geprüft, das erfolgt erst im weiteren Verlauf des Verfahrens.
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