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So schieben Sie Schlüsseldienst-Abzocke einen Riegel vor

von Detlev Neumann, 11.09.2024

Der erste Schreck: Mir ist die Tür zugefallen! Also schnell einen Fachmann gerufen, der sie öffnet. Danach der zweite Schreck: Ich bin auf Schlüsseldienst-Abzocke hereingefallen! Diese bittere Erfahrung machen leider viele Menschen. Betrüger nutzen ihre Notlage schamlos aus und verlangen für ein paar Handgriffe völlig überhöhte Preise. Aber zum Glück können Betroffene gegen einen unseriösen Schlüsseldienst vorgehen.

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Ein unangenehmes Schlüsselerlebnis

Falls Sie sich selbst ausgesperrt oder Ihren Schlüssel verloren haben, sind Sie natürlich froh, wenn Sie jemand aus Ihrer Notlage befreit. Und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit. Aber sicher nicht um jeden Preis. Trotzdem hört man immer wieder von unseriösen Schlüsseldiensten, die horrende Summen für eine sogenannte Notöffnung verlangen.

500, 1.000, 1.200 Euro oder noch mehr werden da schon mal aufgerufen – und bezahlt. Oft wird den überrumpelten Kunden erst später klar, auf welche Schlüsseldienst-Abzocke sie sich eingelassen haben. Doch sie können sich wehren. Es ist nämlich möglich, unseriösen Türöffnern einen Riegel vorzuschieben.

Grundsätzlich geht das auf eigene Faust. Sicherer ist es aber, wenn Sie sich beim Kampf gegen eine überhöhte Rechnung von einer Verbraucherzentrale oder einem Anwalt helfen lassen.

Das darf ein seriöser Schlüsseldienst kosten

Schlüsseldienst-Abzocke liegt vor, wenn der übliche Betrag für eine Notöffnung erheblich überschritten wird. Seriöse Schlüsseldienste orientieren sich hingegen an dieser Preisempfehlung, die der Bundesverband Metallhandwerk (BVM) für Innungsmitglieder zusammengestellt hat. Die genannten Preise sollten nicht überschritten werden. Sie gelten für einfache Türöffnungen, die maximal 15 Minuten dauern.

Die Kosten für einen Schlüsseldienst hängen von der Uhrzeit und vom Wochentag ab. Faustformel: Je später, desto teurer wird die ungeplante Türöffnung, und an Werktagen ist sie günstiger als an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen. Außerdem kommt es darauf an, wo der Einsatz stattfindet.

Beispiel: Für ländliche Regionen und Kleinstädte setzt der Verband zwischen rund 85 Euro (Werktag zwischen 8–18 Uhr) und 210 Euro (Feiertag 0–24 Uhr) an. In Großstädten empfiehlt er für dieselben Zeiten eine Preisspanne zwischen rund 90 Euro und 222 Euro. Diese Vorgaben verstehen sich ohne Fahrtkosten und Zuschläge für längere Arbeitszeiten.

Telefonischen Auftrag an den Schlüsseldienst widerrufen

Am besten ist es, wenn Sie zweifelhafte Angebote sofort ablehnen. Zum Beispiel, wenn der gerufene Schlüsseldienst vor der Tür plötzlich mehr von Ihnen verlangt, als er Ihnen telefonisch zugesichert hat. Dann können Sie Ihren Auftrag mündlich widerrufen. Und zwar möglichst, bevor der sogenannte Fachmann einen Finger gerührt hat. In dem Fall brauchen Sie dem Monteur nämlich nichts zu zahlen – auch keine Anfahrtskosten.

Anfahrtskosten sind allenfalls dann fällig, wenn Sie beispielsweise die Tür bis zum Eintreffen des Schlüsseldienstes selbst öffnen konnten und sich die Angelegenheit damit erledigt hat. Lassen Sie sich vom Mann oder der Frau vom Schlüsseldienst also die vereinbarten Kosten ausdrücklich zusichern, sobald er oder sie vor der Tür steht.

Wenn Sie den Schlüsseldienst noch nicht bezahlt haben

Nach getaner Arbeit will ein unseriöser Schlüsseldienst fast immer sofort Geld sehen – in bar oder per EC-Karte. Lassen Sie sich darauf nicht ein, und lehnen Sie eine Zahlung direkt an der Tür ab. Bestehen Sie stattdessen auf einer ordnungsgemäßen Rechnung – schwarz auf weiß. Das ist Ihr gutes Recht.

Fällt dann die Forderung höher als vereinbart aus, sollten Sie den offenkundigen Schlüsseldienst-Betrug schriftlich anfechten. Begründung: Wäre Ihnen dieser hohe Preis bekannt gewesen, hätten Sie den Auftrag erst gar nicht erteilt. Damit werden Sie aber nur dann erfolgreich sein, wenn Ihr Konter den Schlüsseldienst nachweislich erreicht. Mit einem normalen Brief funktioniert das nicht zuverlässig. Der Adressat kann nämlich einfach behaupten, den Schrieb nicht erhalten zu haben.

Deshalb sollten Sie die Rechnung des Schlüsseldienstes per Einschreiben mit Rückschein anfechten. Dabei bekommen Sie von der Post ein Dokument, das Ihnen den Eingang des Schreibens beim Schlüsseldienst bestätigt. Alternativ – und sofern technisch möglich – können Sie ein Fax an den Betrieb senden. Das bringt aber nur etwas, wenn Ihr Gerät danach eine Sendeberichtsbestätigung ausspuckt. Idealerweise nutzen Sie beide Möglichkeiten. Am besten vor Zeugen, die bestätigen, dass Sie tatsächlich den Widerruf eingetütet beziehungsweise versendet haben.

Nicht ganz so zuverlässig ist eine Anfechtung per E-Mail. Zwar dürfte diese mit ziemlicher Sicherheit beim Schlüsseldienst eingehen, doch einen handfesten Beweis dafür haben Sie nicht.

Was ist eine Notöffnung?

Von einer Notöffnung ist die Rede, wenn eine Tür ungeplant und/oder so schnell wie möglich geöffnet werden muss. Zum Beispiel bei Gefahr im Verzug sowie außerhalb der üblichen Arbeitszeit, also nachts und an Wochenenden beziehungsweise Feiertagen.

Das sollte in Ihrem Einschreiben stehen

  • Beschreiben Sie möglichst detailliert die Umstände der Türöffnung. Dazu gehört, wann und wie Sie den Auftrag erteilt haben, wann und von wem er ausgeführt wurde, wie lange der Einsatz dauerte und um welche Art von Tür es sich handelte.
  • Beschweren Sie sich über die Höhe der dafür geforderten Rechnung. Liegt der Preis um das Doppelte oder mehr über den üblichen Kosten für Schlüsseldienste, können Sie das mit Wucher begründen. Maßstab sind die Angaben, die der Bundesverband Metallhandwerk vorgibt.
  • Wurde bei der telefonischen Auftragserteilung ein deutlich niedrigerer Preis genannt als später verlangt, fechten Sie das als Täuschung an.
  • Benennen Sie eventuelle Zeugen, die Ihre Aussage stützen.
  • Weigern Sie sich, die Rechnung zu bezahlen. Oder erklären Sie sich bereit, sie höchstens in Höhe der Preisempfehlung des BVM zu begleichen.
  • Setzen Sie eine Frist – beispielsweise drei Wochen –, in der der Schlüsseldienst schriftlich reagieren oder Ihnen eine angepasste Rechnung schicken soll. Kündigen Sie an, andernfalls gar nichts zu bezahlen.

Möchten Sie sichergehen, dass Ihr Widerspruch rechtlich einwandfrei ist, sollten Sie eine Verbraucherzentrale oder einen Juristen zurate ziehen.

Eine junge Frau liest die überteuerte Rechnung eines Schlüsseldienstes
© istock/gilaxia/2018  Oft bemerken Betroffene erst nach Erhalt der Rechnung, dass sie das Opfer von Schlüsseldienst-Abzocke geworden sind.

Wenn Sie den Schlüsseldienst schon bezahlt haben

Haben Sie die überhöhte Rechnung bereits beglichen, müssen Sie sich trotzdem nicht mit der Abzocke abfinden. Sie können noch im Nachhinein die Rechnung anfechten. Aber auch hier sollten Sie nachweisen können, dass der Schlüsseldienst Ihre Beschwerde erhalten hat. Halten Sie sich dafür an die Tipps im vorherigen Abschnitt.

Das gilt im Großen und Ganzen auch für den Inhalt Ihres Einschreibens. Beachten Sie jedoch folgende Unterschiede:

  • Erklären Sie sich bereit, einen angemessenen Preis zu zahlen, der sich an den Vorgaben des Bundesverbands Metallhandwerk orientiert. Auf dieser Grundlage setzen Sie einen Betrag fest und fordern zu viel gezahltes Geld von dem Schlüsseldienst zurück. Zu diesem Zweck geben Sie Ihre Kontodaten an.
  • Sollte das nicht innerhalb weniger Wochen passieren, drohen Sie dem Betrieb mit einer Strafanzeige. Grund: Verdacht auf Betrug.

Auch hier wichtig: Sie können das Schreiben zwar selbst formulieren und abschicken. Besser ist es aber, sich vorher bei einer Verbraucherzentrale zu informieren oder einen Anwalt einzuschalten.

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