Arm und reich zugleich – so geht es vielen Immobilienbesitzer*innen im Rentenalter. Auf der einen Seite wohnen sie mietfrei in den eigenen vier Wänden. Auf der anderen Seite haben sie oft nicht einmal 1.000 Euro im Monat zum Leben. Und manche müssen von ihrem knappen Geld jeden Monat noch einen Teil der Bank überweisen, weil das Haus oder die Wohnung noch nicht abbezahlt ist. Die Lösung könnte eine Leibrente sein: Sie verkaufen Ihr Eigentum, bleiben aber darin wohnen und kassieren monatliche Zahlungen. Wir erklären, wie es funktioniert.
Bei einer Leibrente auf Immobilien verkaufen Sie Ihre Immobilie gegen monatliche Ratenzahlungen und ein lebenslanges mietfreies Wohnrecht.
Die Höhe der monatlichen Raten ist abhängig vom Wert der Immobilie und Ihrer statistischen Lebenserwartung: Je höher der Wert und je älter Sie sind, umso höhere Raten bekommen Sie.
Wohnrecht und Anspruch auf Leibrente werden im Grundbuch an erster Stelle eingetragen.
Was ist eine Leibrente?
Nach deutschem Recht ist eine Leibrente per Definition eine gleichbleibende Zahlung auf Lebenszeit. Die gesetzliche Altersrente ist zum Beispiel so eine Leibrente. Bei uns noch weniger bekannt, in angelsächsischen Ländern dagegen schon länger üblich: eine Leibrente auf Immobilien, deshalb auch Immobilienrente genannt.
Wie funktioniert eine Immobilien-Leibrente?
Die Eckpunkte einer Leibrente auf Immobilien sehen so aus:
Sie verkaufen Ihre selbst genutzte Immobilie; mit Unterschrift unter dem Kaufvertrag kommt es zum Eigentümerwechsel.
Der*die neue Besitzer*in zahlt Ihnen monatliche Raten, entweder lebenslang oder für einen bestimmten Zeitraum. Es ist auch eine Kombination aus Raten und einer Einmalzahlung möglich.
Außerdem erhalten Sie ein lebenslanges Wohnrecht, bleiben also weiterhin mietfrei in den vertrauten vier Wänden.
Der*die neue Besitzer*in darf erst nach Ihrem Tod über die Immobilie verfügen.
Zu Ihrer Sicherheit werden Ihr Wohnrecht und Ihr Anspruch auf Leibrente an erster Stelle ins Grundbuch eingetragen.
Ein Immobilienverkauf auf Leibrente ist also eine Wette auf die Zukunft: Je länger Sie leben, umso eher lohnt sich das Geschäft für Sie. Sterben Sie früh, profitieren die neuen Eigentümer*innen.
Wer kommt als Käufer*in infrage?
Im Prinzip gibt es drei Möglichkeiten: Privatpersonen, gewerbliche Käufer*innen oder Stiftungen.
Privatpersonen
Grundsätzlich ist das Modell auf alle Privatpersonen anwendbar. Oft aber übernehmen Familienangehörige wie Kinder oder Enkel*innen eine Immobilienrente. Das bietet mehrere Vorteile:
Das Haus bleibt im Familienbesitz.
Die Angehörigen müssen sich nicht mit einem Immobilienkredit belasten.
Die Angehörigen kommen so auch ohne Eigenkapital langfristig zu einem Eigenheim.
Die Angehörigen sparen Erbschaft- oder Schenkungsteuer.
Tipp: Bei einem Verkauf auf Leibrenten-Basis innerhalb der Familie besteht leicht die Gefahr, dass die vereinbarten Rentenzahlungen kleiner oder sogar ganz ausfallen. Gegen dieses Risiko sollten Sie eine Rückübertragungsklausel vereinbaren, notariell beglaubigen und im Grundbuch eintragen lassen. Damit legen Sie fest, in welchen Fällen die Immobilie an Sie zurückfällt. Heißt also, wann Sie wieder Ihnen gehört.
Auch Stiftungen wie die Stiftung Liebenau bieten eine Verrentung von Immobilien unter der Bezeichnung „Zustifterrente” an. Als gemeinnützige Organisationen zahlen sie oft etwas geringere Raten. Interessant ist der Verkauf an eine Stiftung daher vor allem für Menschen, die über ihren Tod hinaus mit ihrer Immobilie Gutes tun möchten.
Tipp: Holen Sie zum Vergleich mehrere Angebote ein und nehmen Sie für die Beurteilung eine unabhängige Beratung in Anspruch.
Welche Anforderungen stellen die Anbieter einer Immobilienrente?
Nicht jede Immobilie kommt für eine Immobilien-Verrentung infrage. Und auch die Verkaufenden müssen gewisse Bedingungen erfüllen.
Anforderungen an die Immobilie
Interessant für die Anbieter von Leibrenten sind nur Immobilien, die sich auch in ein paar Jahren noch gewinnbringend vermarkten lassen. So lehnen sie zum Beispiel Sanierungsfälle meist ab. Ihre Zielobjekte sind attraktive Immobilien in Ballungsgebieten.
Entsprechend verlangen sie meist einen Mindest-Verkehrswert von 200.000 Euro oder sogar 250.000 Euro. Dazu darf das Haus oder die Wohnung nicht oder nur bis zu einem bestimmten Anteil belastet sein.
Anforderungen an Verkaufende
Die meisten gewerblichen Anbieter oder Stiftungen verlangen von den Verkäufer*innen ein Mindestalter von 65 oder sogar 70 Jahren. Schließlich wollen sie in nicht allzu ferner Zukunft selbst Zugriff auf die Immobilie haben.
Ob Sie eine Immobilie als Einzelperson oder als Eheleute verkaufen wollen, ist dagegen unerheblich. Bei Ehepaaren gilt das lebenslange Wohnrecht dann für den Letztversterbenden.
Eine Immobilie verursacht Kosten. Die müssen Sie zum Teil selbst aufbringen, zum Teil aber auch der*die neue Eigentümer*in.
Laufende Betriebskosten
Heizung, Strom oder Müllgebühren zahlen weiterhin Sie – ähnlich wie bei einem Mietverhältnis.
Kosten für Reparaturen, Renovierungen, Sanierungen und Instandhaltung
Für Kleinreparaturen sind in der Regel weiterhin Sie zuständig. Größere Reparaturen, Renovierungen und notwendige Instandhaltungsmaßnahmen übernimmt dagegen der*die neue Eigentümer*in. Schließlich hat er*sie ein Interesse daran, die Immobilie „in Schuss” zu halten. Allerdings setzt er* sie für die Instandhaltung einen durchschnittlichen Betrag an, der von Ihrer Leibrente abgezogen wird.
Gewerbliche Käufer*innen lassen den Zustand der Immobilie meist regelmäßig ein- oder sogar mehrfach im Jahr durch eigenes Personal überprüfen.
Grundsteuer
Die Grundsteuer zahlt künftig als Eigentümer*in der*die Käufer*in.
Die Berechnung einer Leibrente ist nicht einfach. Mehrere individuelle Faktoren spielen eine Rolle, von denen zwei besonders ins Gewicht fallen:
der Verkehrswert
der Wert des Wohnrechts
Verkehrswert
Je mehr Ihre Immobilie wert ist, umso höher kann Ihre Leibrente ausfallen. Aber woher bekommen Sie den Verkehrswert? Als Anhaltspunkt für Berechnung einer Immobilien-Leibrente genügen Online-Rechner wie von check24 oder baufi24. Sollte es dann ernst werden, muss ein unabhängiges Gutachten den Verkehrswert Ihrer Immobilie bestimmen.
Wert des Wohnrechts
Vom Verkehrswert wird der Wohnwert abgezogen. Warum? Weil die Kaufenden nicht frei über die Immobilie verfügen können. Schließlich haben Sie ja ein lebenslanges mietfreies Wohnrecht. Das mindert für die Kaufenden den Wert der Immobilie.
Der Wert des Wohnrechts errechnet sich aus der fiktiven Miete, die für die betreffende Immobilie im Laufe der Jahre erzielt werden könnte sowie aus Ihrer statistischen Restlebenszeit. Bei Eheleuten wird die Restlebenszeit der jüngeren Person zugrunde gelegt, denn sie entscheidet darüber, wann die Kaufenden die Immobilie verwerten können.
Das heißt: Je höher der Verkehrswert Ihrer Immobilie ist und je älter Sie beim Verkauf sind, desto höher fällt die Immobilien-Leibrente aus.
Beispiel für die Berechnung einer Leibrente
Ein Ehepaar, beide 75, verkauft sein Einfamilienhaus im Wert von 300.000 Euro. Maßgeblich für die Berechnung ist in diesem Fall das Lebensalter der Frau, weil sie statistisch gesehen eine höhere Lebenserwartung hat. Gemäß der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes kalkuliert der Anbieter mit einer Restlebenserwartung von 14,1 Jahren.
Für das Wohnrecht und die Kosten der Instandhaltung werden pro Monat 1.020 Euro angesetzt. Somit ergibt sich ein Wohnwert von 1.020 × 12 × 14,1 = 173.000 Euro.
Berechnung Leibrente
Wert der Immobilie
300.000 Euro
abzüglich Wohnwert
173.000 Euro
Wert der Leibrente insgesamt
127.000 Euro
Daraus ergibt sich eine monatliche Rente von 127.000 : 14,1 : 12 = 750,59 Euro
Einen ersten Eindruck davon, wie hoch in Ihrem persönlichen Fall eine Leibrente ausfallen könnte, vermitteln Ihnen Immobilien-Leibrentenrechner im Internet wie zum Beispiel von biallo.
Was passiert, wenn das zahlende Unternehmen insolvent wird?
Wer seine Immobilie auf Leibrenten-Basis verkauft, erwartet und rechnet fest mit einer Zusatzrente. Was aber passiert, wenn der*die Käufer*in pleite geht? In so einem Fall müssen Ihr Wohnrecht und Ihr Recht auf Zahlung der Leibrente getrennt betrachtet werden:
Ihr Wohnrecht bleibt unverändert bestehen. Schließlich ist es ja an erster Stelle im Grundbuch abgesichert. Sie müssen also keinesfalls ausziehen!
Auch an Ihrem Recht auf Leibrenten-Zahlungen ändert sich nichts, denn auch das ist ja im Grundbuch eingetragen. Ausbleibende Zahlungen müssen Sie allerdings gerichtlich einklagen. Ihr Anspruch wird dann notfalls durch Verkauf oder Zwangsversteigerung der betreffenden Immobilie durchgesetzt. Aus dem Erlös erhalten Sie einmalig den Betrag, der den noch ausstehenden Rentenzahlungen entspricht. Wie viel genau Sie bekommen, berechnet das Gericht anhand Ihrer statistischen Restlebenserwartung und der vereinbarten Ratenhöhe.
Was sollte ein Vertrag zum Hausverkauf auf Leibrente regeln?
Einen Standardvertrag gibt es beim Wohnungs- oder Hausverkauf auf Leibrente nicht, dazu sind die Gegebenheiten zu unterschiedlich. Folgende Punkte sollten in einem Vertrag jedoch in jedem Fall geregelt werden:
Wer bestimmt und bezahlt die Gutachter*innen?
Wer ist wofür zuständig beziehungsweise, wer darf was?
Wohnrecht mit Absicherung an erster Stelle im Grundbuch
Zahlungen: Wann und wie erhalten Sie wieviel und wie lange?
Für den Fall eines unerwartet frühen Todes sollte eine Mindestlaufzeit für Rentenzahlungen vereinbart werden, die den Erben zugutekommt.
Für den Fall einer vorzeitigen Aufgabe des lebenslangen Wohnrechts – Beispiel Umzug in ein Pflegeheim – sollte ein finanzieller Ausgleich und dessen Berechnung festgelegt werden.
Rückfallklausel, damit bei ausbleibenden Zahlungen die Immobilie zurück an den*die Verkäufer*in fällt.
Ein Immobilien-Verkauf auf Leibrente ist eine komplexe Angelegenheit mit weitreichenden Konsequenzen. Wenn Sie kein Fachmann auf diesem Gebiet sind, sollten Sie unabhängige Beratung in Anspruch nehmen, zum Beispiel bei einem Rechtsanwalt mit dem Fachgebiet Immobilien.
Muss eine Immobilien-Leibrente versteuert werden?
Sie müssen nur den Ertragsanteil der Leibrente mit Ihrem persönlichen Steuersatz versteuern. Wie hoch der angesetzt wird, ist abhängig von Ihrem Alter bei Beginn der Rentenzahlungen. Ein 65-jähriger zum Beispiel muss 18 Prozent versteuern. Sind Sie zu Beginn der Leibrente schon 70, beträgt der Ertragsanteil nur 15 Prozent.
Welche Vor- und Nachteile bietet ein Hausverkauf auf Leibrente?
Wie alles im Leben hat auch das Modell der Immobilienverrentung Vor- und Nachteile.
Vorteile
Sie können über das in der Immobilie steckende Kapital verfügen und damit Ihre monatliche Rente aufstocken.
Oder Sie erfüllen sich mit einer Kombination aus Einmalzahlung und Raten einen Traum: ein Wohnmobil, eine Weltreise …
Oder Sie zahlen Ihren Kindern ein vorgezogenes Erbe aus.
Sie wohnen weiterhin mietfrei in Ihrer vertrauten Umgebung.
Um Instandhaltung und Sanierung müssen Sie sich nicht mehr kümmern, das ist Sache des*r neuen Eigentümer*in.
Nachteile
Beim Verkauf an ein Unternehmen oder an eine Stiftung ist die Immobilie weg und kann nicht mehr vererbt werden. Sie und mögliche Erb*innen sollten also sicher sein, dass Ihr Haus oder Ihre Wohnung nicht im Familienbesitz bleiben soll.
Wertsteigerungen Ihrer Immobilie gehen an Ihnen vorbei.