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Geschichte der Banken: Von Himmelsstürmern und Bruchlandungen

von Thorsten Schierhorn, 29.08.2023

Sie ersparten antiken Reisenden schweres Gepäck. Sie halfen den Händlern der Hanse beim Geldwechsel. Sie finanzierten Schiffe, Firmen und sogar Kriege. Banken finden immer wieder Lösungen – und manchmal werden sie selber zum Problem. Wie wurden die Banken zu dem, was sie heute sind? Die KlarMacher blättern im Geschichtsbuch.

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Schon Kleopatra kannte Traveller Checks

Na gut, ob die legendäre Königin tatsächlich den Begriff Traveller Check kannte, ist nicht überliefert. Aber sicher ist, dass solche Finanzdienstleistungen zur Zeit Kleopatras schon ein alter Hut waren. Denn Bankgeschäfte haben die Menschen schon abgewickelt, bevor es überhaupt Geld gab. So hatten Unternehmen in Mesopotamien bereits 2.000 Jahre vor Christus Anteilsscheine – also quasi Aktien – ausgegeben. Auch Schecks und Wechsel hat es dort wohl schon gegeben. Etwa zur selben Zeit vergaben Kaufleute aus Kappadokien (heute in der Türkei) die ersten Kredite: Sie liehen Händlern das nötige Geld für ihre Reisen und Einkäufe. Im Gegenzug erhielten sie Schuldscheine, die sie auch weiterverkaufen konnten.

Die alten Ägypter wiederum hatten bereits eine Art Zentralbank. Anstatt Geld lagerte hier aber Getreide, das zu dieser Zeit das hauptsächliche Zahlungsmittel war. Die Besitzer hatten hier also so etwas wie ein Girokonto: Die Verwalter der königlichen Speicher schrieben auf Anweisung eine bestimmte Menge Getreide einfach auf einen anderen Namen um oder „zahlten“ es gegen Vorlage eines Schecks aus.

Händlerkarawane vor den Pyramiden von Gizeh
© istock/sculpies/2010  Um den bargeldlosen Zahlungsverkehr kümmerte sich im Alten Ägypten eine Art Zentralbank.

Nächste Station: Griechenland. Als dort ab 600 vor Christus die ersten Münzen auftauchten, machten freigelassene Sklaven ein Geschäft, indem sie die verschiedenen Münzen der griechischen Stadtstaaten umtauschten. Ihren Gewinn nutzten sie, um Kredite zu vergeben, zum Beispiel für den Bau von Schiffen.

Im Römischen Reich kamen schließlich die Vorläufer der heutigen Reiseschecks hinzu. Reiche Adelige verliehen Geld und unterhielten sogar Filialen in mehreren Städten des Imperiums. So konnten Händler an einem Ort einen Betrag bei ihnen einzahlen, dann ohne große schwere Geldsäcke durchs Reich reisen und den Scheck in einer anderen Filiale wieder einlösen. Als Kleopatra im Jahr 51 vor Christus den Thron betrat, waren Traveller Checks und so gut wie alle anderen modernen Finanzdienstleistungen also längst etabliert – nur das Wort „Bank” gab es noch nicht.

Die moderne Bank entsteht

Im Mittelalter war der Handel über Landesgrenzen hinweg fast zum Erliegen gekommen. Denn im Mittelmeer, der Hauptverkehrsroute der Antike, kreuzten muslimische Piraten, große Teile Südeuropas und Nordafrikas waren von Arabern besetzt. Der Beruf des Kaufmanns verschwand von der Bildfläche.

Nach den Kreuzzügen war das Mittelmeer wieder „frei“. Venedig und Florenz wurden zu „Big Playern“ im internationalen Handel, Händler schickten ihre Flotten nach Nordafrika und durch den Bosporus. Die Waren, die sie dort bekamen, verkauften sie nach Nordeuropa, wo die Hanse ihr Handelsimperium aufbaute. In den italienischen Städten wimmelte es von Kaufleuten. Und jeder hatte sein eigenes Geld dabei.

Häuserkulisse vor dem Canale Grande in Venedig
© istock/Delpixart/2015  Die ersten Banken standen in italienischen Handelsstädten wie Venedig. Hier warteten gigantische Gewinne – und enorme Risiken.

Wie schon im antiken Griechenland dauerte es auch diesmal nicht lange, bis Geldwechsler ihre Dienste anboten. Ihr „Firmensitz“ waren die Bänke auf den Marktplätzen der Städte. Aus diesen „Bankgeschäften“ entstand schließlich der Begriff „Bank“ als Bezeichnung für Finanzinstitute.

Beim Geldtausch sollte es nicht bleiben. Denn die Händler hatten noch andere Sorgen. Zum Beispiel waren Räuber auf den langen Handelsreisen ein Sicherheitsrisiko. Außerdem war es einfach unpraktisch, große Mengen Gold- und Silbermünzen mitzuschleppen. Und den Münzen selbst waren obendrein manchmal noch andere, billige Metalle untergemischt, sodass sie weniger wert waren als erwartet. Die Lösung: Die Banken boten „Wechsel” an, ein Stück Papier, das Händler am Zielort gegen Bargeld eintauschen konnten. So brachten Banken den Handel weiter in Schwung – und andersrum der Handel die Banken.

Hoch geflogen und tief gefallen

Am meisten verdienten die Bänker mit Krediten. Sie streckten den Händlern das Kapital vor, damit diese bei einem günstigen Angebot kräftig Waren einkaufen konnten. Sie liehen Fürsten das Geld für Kriegszüge oder ihren Prunk. Sie finanzierten die Schiffe für Handelsreisen – Versicherungen gegen Piratenüberfälle oftmals inklusive. Dumm nur, dass Zinsen für die Kredite von der Kirche verboten waren. Das Streben nach Reichtum galt als Sünde. Der Mensch sollte die Welt so erhalten, wie sie von Gott geschaffen worden war. Aber ohne Zinsen ging es nicht. Also verschleierten die Bankiers ihre Gewinne durch Buchhaltertricks. Außerdem ließen sie sich manche Kredite in einer fremden Währung oder an einem anderen Ort zurückzahlen – ein Aufschlag fiel da kaum auf.

Die Gewinne waren teilweise gigantisch. In Florenz überboten sich die reichsten Bankiersfamilien mit immer prächtigeren Palästen. Die berühmte Familie Medici brachte aufgrund ihres Reichtums und Einflusses gleich zwei Päpste hervor. Der Deutsche Jakob Fugger, der in Venedig zum Kaufmann ausgebildet worden war, wurde „der Reiche” genannt. Er beeinflusste mit seinem Geld sogar die Wahl des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs. Seinen Reichtum setze Fugger aber auch für soziale Zwecke ein, etwa mit dem Bau der Fuggerei in Augsburg, einer Wohnsiedlung für Bedürftige.

© istock/Meinzahn/2015  Die Sozialsiedlung Fuggerei wurde mit den Gewinnen aus den Bankgeschäften der Fugger finanziert.

Doch kein Gewinn ohne Risiko. Ein Handelsschiff konnte untergehen. Ein Fürst konnte einen Kriegszug verlieren. Straßenräuber konnten wertvolle Ware auf dem Weg quer durch Europa stehlen. Dann waren mitunter riesige Summen verloren – und die Bank kaum zu retten. Von den 103 Privatbanken, die es zwischen dem 13. und dem Ende des 16. Jahrhunderts in Venedig gab, haben laut Historikern gerade einmal sieben überlebt. Auch in Florenz gab es spektakuläre Pleiten, zum Beispiel den Bankrott der steinreichen Peruzzi im Jahr 1343. Die hatten dem englischen König Edward III. enorme Summen geliehen, damit er gegen Frankreich in den Krieg ziehen konnte. Daraus wurde der Hundertjährige Krieg, der den König in finanzielle Bedrängnis brachte. Er konnte seine Kredite nicht mehr zurückzahlen, die Peruzzi gingen pleite.

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Banken machen Staat, der Staat macht Banken

Bei aller Macht der Banken: Für das Geld, das in den Umlauf kam, war nach wie vor der Staat zuständig. Zum Beispiel im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, wie das Zentrum Europas damals hieß. Dort gab es seit 1559 eine „Reichsmünzordnung”, die einheitliche Taler und Gulden für das gesamte Reichsgebiet vorschrieb. Trotzdem durfte jeder Kleinstaat-Fürst seine eigenen Münzen prägen. In der Folge gab es unzählige verschiedene Währungen, und die Händler wussten kaum noch, welche wie viel wert war. Es herrschte „Münzverwirrung“.

Schlimmer noch: Immer mehr Gauner ersetzten die Silbermünzen durch Kopien mit Kernen aus Kupfer, Zinn oder Blei. In der Folge verlor das Geld immer mehr an Wert, die Bürger verarmten. Die Hansestadt Hamburg zog die Notbremse: Eine eigene Bank sollte her. 1619 gründeten die Hanseaten von der Elbe die „Hamburger Bank”. Die neue Bank nahm alle unterschiedlichen Währungen an und notierte dafür eine entsprechende Menge „Bancotaler” in den Kontobüchern. Ein Bancotaler, später „Mark banco” getauft, entsprach dem Wert des Feinsilbers in einem Reichstaler. Aber während dieser gefälscht werden konnte, bissen sich die Münzfälscher am Bancotaler die Zähne aus: Es gab ihn nämlich nicht wirklich. Er stand nur in den Büchern, gedeckt von der entsprechenden Menge Silberbarren. Damit niemand der Bank gefälschte Münzen andrehte, drohte Betrügern die Todesstrafe. Nach drei Jahren waren die falschen Münzen so gut wie verschwunden.

Illustration von Hamburg 1572
© istock/nicoolay/2009  Hamburg um das Jahr 1600: Wenig später schlug hier die Geburtsstunde der öffentlichen „Hamburger Bank”.

Die Hamburger Bank war so erfolgreich, dass sie den Dreißigjährigen Krieg (1618-48), die französische Besatzung unter Napoleon (1806-14) und die Revolution von 1848 unbeschadet überstand. Erst die Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 bedeutete ihr Ende. Die Hamburger Bank wurde 1875 eine Filiale der Reichsbank. Da war sie aber schon längst zum Vorbild geworden für viele weitere öffentliche Banken, zum Beispiel die Sparkassen. Die erste wurde 1756 gegründet – auch wieder in Hamburg.

Neben den privaten und den öffentlichen Banken kam Mitte des 19. Jahrhunderts noch eine dritte Gruppe hinzu: die Genossenschaftsbanken. Sie gehören weder einzelnen Personen noch dem Staat, sondern einem Mitgliederverband. In Deutschland besteht dieses dreigliedrige System aus Privatbanken, öffentlichen Banken sowie Genossenschaftsbanken bis heute.

Banken sorgen für Stabilität – und für Krisen

Heute sind Banken aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken. Ihre Kredite ermöglichen es Unternehmern, erforderliche Investitionen zu tätigen und Innovationen voranzutreiben. Außerdem organisieren sie weltweit den Zahlungsverkehr: Wie sonst sollten Sie jemals einen Einkauf im Onlineshop bezahlen, wenn Sie nicht das Geld von Ihrem Bankkonto aufs Händlerkonto überweisen könnten? Ohne Banken würde das Wirtschaftsleben zusammenbrechen.

Allerdings kann das Wirtschaftsleben auch mit Banken ganz schön ins Schwimmen geraten. Etwa wenn sie mit dem Geld der Sparer nicht gewissenhaft umgehen oder leichtsinnig Kredite vergeben. So wie vor der Weltfinanzkrise ab 2007. Jahrelang hatten die Banken überteuerte Immobilien und zwielichtige Anlagen als Sicherheit akzeptiert. Bis die Blase platzte. Viele Kredite konnten nicht zurückgezahlt werden, Banken und Anleger gerieten in die Krise. Die US-Bank Lehman Brothers meldete im September 2008 Konkurs an – was die Krise noch verschärfte. Die Staaten mussten eingreifen und versorgten die Banken mit Kapital, damit diese zahlungsfähig blieben und deren Kunden ihr Geld nicht verloren. Einige Banken wurden auch komplett verstaatlicht, andere wurden geschlossen.

Blick von unten auf die Federal Hall an der New Yorker Wall Street mit umstehenden Hochhäusern
© Im Zuge der Weltfinanzkrise Anfang des Jahrhunderts mussten einige Banken schließen.  istock/MBPROJEKT_Maciej_Bledowski/2016

Die Banken, die die Krise überstanden haben, müssen heute mehr Eigenkapital besitzen als vor dem Crash. Die EU schuf eine europäische Aufsichtsbehörde. Die Einlagensicherung wurde verstärkt. Das soll die Welt vor einer neuen Krise schützen. Damit die Banken auch morgen noch dieselben Aufgaben erfüllen wie seit Tausenden von Jahren.

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