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Digitaler Nachlass: Was passiert mit Ihren Spuren im Internet?

Thorsten Schierhorn
von Thorsten Schierhorn, 09.10.2019

Wer beantwortet im Fall der Fälle Ihre E-Mails? Antwortet auf Freundschaftsanfragen auf Facebook? Hat einen Blick auf Ihre WhatsApp-Gruppen? Solche Fragen stellen sich manchmal schneller als einem lieb ist. Ein Unfall, eine Krankheit – schon können Sie monatelang außer Gefecht gesetzt sein. Und was passiert eigentlich nach Ihrem Tod? Bleibt Ihre Fotogalerie bei Instagram für immer sichtbar und unverändert? Was passiert mit Ihren Streaming-Abos? Wer hat welche Passwörter? Gut, wenn Sie das alles rechtzeitig geregelt haben. Die KlarMacher zeigen: So sorgen Sie rechtzeitig vor. 

Themen in diesem Artikel

Wem gehört Ihr digitaler Nachlass?

Was passiert mit Ihrem digitalen Erbe, wenn Sie es nicht selbst regeln? Ganz einfach: Dann gehört alles Ihren Erben. Die dürfen nach Ihrem Tod alle Fotos und Nachrichten sehen, die zum Beispiel in Ihren Social-Media-Accounts gespeichert sind. Facebook und Co. sind sogar zur Herausgabe der nötigen Zugangsdaten verpflichtet. So hat es der Bundesgerichtshof entschieden.

Sie wollen nicht, dass Ihre Erben Ihre digitalen Spuren Schritt für Schritt verfolgen? Oder Sie möchten, dass bestimmte Accounts gelöscht werden? Dann sollten Sie alles rechtzeitig regeln.

Aufschrift Testament auf der Taste einer Tastatur
© istock/Stadtratte/2018  Im Testament können Sie Ihren digitalen Nachlass regeln – dafür muss es aber handschriftlich verfasst sein.

Digitaler Nachlass: Das sollten Sie tun

Sie können selbst bestimmen, wer sich nach Ihrem Tod um Ihre digitalen Angelegenheiten kümmern soll. Eine solche Regelung ist auch sinnvoll, falls Sie wegen eines Unfalls oder einer Krankheit länger im Koma liegen sollten. Und so gehen Sie vor:

  1. Stellen Sie eine Liste zusammen mit den Online-Benutzerkonten, die Sie angelegt haben: E-Mail-Konten, Social-Media-Accounts (z. B. Facebook, Twitter), Cloud-Dienste (z. B. Dropbox, Google Drive), Bezahldienste (z. B. PayPal, Paydirekt), Konten bei Onlinehändlern (z. B. Amazon, Zalando), Streaming-Abos (z. B. Netflix, Amazon Prime) und alles andere, worum sich jemand im Notfall kümmern soll. Schreiben Sie jeweils die kompletten Zugriffsdaten auf, also mit Benutzername und Passwort.
  2. Speichern Sie die Liste auf einem USB-Stick, den Sie am besten verschlüsseln bzw. mit einem Passwort versehen. Hinterlegen Sie den Stick an einem sicheren Ort.
  3. Bestimmte E-Mails oder Fotos soll niemals jemand zu Gesicht bekommen? Dann speichern Sie diese von Zeit zu Zeit auf einer Festplatte oder in einer Cloud, von denen nur Sie wissen. Anschließend löschen Sie die Daten, beispielsweise aus Ihrem E-Mail-Archiv oder Ihrem Facebook-Account.
  4. Setzen Sie handschriftlich eine Vollmacht auf, welche Person im Fall der Fälle Ihren digitalen Nachlass verwalten soll. Wichtig ist der Hinweis, dass die Vollmacht „über den Tod hinaus” gilt. Dann die Vollmacht mit Datum versehen und unterschreiben.
  5. In der Vollmacht können Sie zum Beispiel auch festhalten, welche Benutzerkonten bzw. welche Daten gelöscht werden sollen. Oder was mit Ihren Profilen bei Facebook und Co. und mit den Daten auf Ihrem Smartphone, Tablet und PC passiert.
  6. Übergeben Sie die Vollmacht an den Verwalter Ihres digitalen Nachlasses und informieren Sie ihn, wie er an den USB-Stick mit der Benutzerkonten-Liste und den Zugangsdaten kommt.
  7. Halten Sie die Benutzerkonten-Liste immer auf dem neuesten Stand.
  8. Alternativ können Sie ein Testament aufsetzen und darin einen Nachlassverwalter benennen. Auch hier sollten Sie eine Liste mit den Benutzerkonten und Zugriffsdaten beifügen. Ein Notar kann Sie beraten, wie Sie am besten vorgehen.

Vorlagen: So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass

Vorlagen: So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat eine Muster-Vollmacht erstellt, mit der Sie Ihren digitalen Nachlass einer bestimmten Person anvertrauen. Die Vorlage können Sie hier einsehen und herunterladen:

Muster-Vorlage Vollmacht für digitalen Nachlass der Verbraucherzentrale NRW

Was muss alles auf eine Liste, die Ihr Nachlassverwalter benötigt? Auch hierzu hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen eine Muster-Vorlage erstellt, die Sie beliebig ergänzen können.

Muster-Vorlage Kontenübersicht für digitalen Nachlass der Verbraucherzentrale NRW

Einzelne Accounts: Diese Adressen helfen weiter

Bei einigen Anbietern können Sie direkt regeln, was mit Ihrem jeweiligen Account passieren soll.

Bei Facebook zum Beispiel können Sie eine Person benennen, die sich im Fall der Fälle um Ihr Konto kümmern soll. Dieser „Nachlasskontakt“ darf unter anderem einen Beitrag zu Ihrem Gedenken einrichten, neue Freundschaftsanfragen beantworten und das Konto löschen lassen. Er kann allerdings nicht Ihre Nachrichten lesen und neue Freunde in Ihrem Namen suchen.

Hier richten Sie den Nachlasskontakt bei Facebook ein

Bei Google gibt es einen „Kontoinaktivität-Manager“. Damit können Sie bis zu zehn Personen auswählen, die Zugang zu Ihrem Google-Konto erhalten, wenn Sie es einen bestimmten Zeitraum nicht mehr genutzt haben. Wie lang dieser Zeitraum ist, bestimmen Sie selbst – möglich sind zwischen drei und 18 Monaten.

Hier finden Sie mehr Informationen zum Kontoaktivität-Manager

Bei vielen Webdiensten haben Sie Ihren Account vielleicht schon lange nicht mehr genutzt und möchten ihn löschen? Dabei hilft Ihnen JustDeleteMe. Das Programm listet so gut wie alle Anbieter auf und führt Sie per Klick auf den Button zum jeweiligen Abmeldeprozess. Ein Farbschema Rot-Gelb-Grün zeigt Ihnen außerdem an, wie leicht die Abmeldung ist.

Hier geht es zum Dienst JustDeleteMe.

Junge Frau macht ausgeflippte Gesichter vor der Kamera
© istock/PeopleImages/2017  Auch auf private Fotos dürfen Erben laut Gericht zugreifen. Wer das nicht will, sollte sie rechtzeitig löschen.

Tipp: Passwortmanager statt Liste

Vielleicht haben Sie Passwortmanager ohnehin schon im Einsatz. In diesen Programmen können Sie Ihre verschiedenen Onlinekonten mit den dazugehörigen Passwörtern abspeichern. Sie selbst brauchen sich dann nur noch das Master-Passwort für den Passwortmanager zu merken.

Das ist natürlich auch praktisch für Ihre Erben. Wenn die das Master-Passwort kennen, finden sie im Passwortmanager alle Ihre Konten inklusive Passwörter. Eine eigens angelegte Liste ist dann nicht nötig.

Zu den bekanntesten Passwortmanagern gehören 1Password und LastPass. Bei 1Password können bis zu fünf Personen gemeinsam ein Konto führen und einzelne Zugänge miteinander teilen. Noch praktischer ist der „Notfallzugriff“ bei LastPass. Hier benennen Sie eine Vertrauensperson, die das Master-Passwort bekommt. Der Clou: Will die Vertrauensperson vor Ihrem Tod auf Ihr Passwortmanager-Konto zugreifen, dann können Sie das innerhalb einer bestimmten Frist ablehnen. Erst nach dieser Frist gibt es den Zugang. So verhindert das Programm, dass jemand Ihr Vertrauen missbraucht.

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