Raus aus den Schulden: Wie funktioniert das?

Auf den Punkt

Auf den Punkt
- Warten Sie nicht, bis Ihnen die Situation endgültig entgleitet. Werden Sie aktiv.
- Machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer finanziellen Situation und fertigen Sie einen Haushaltsplan an.
- Reagieren Sie bei Mahnbescheiden und Zwangsvollstreckungen, um noch mehr Schulden zu verhindern.
- Vereinbaren Sie einen Termin bei einer Schuldnerberatung.
- Versuchen Sie einen Vergleich zu erzielen und sich mit Gläubigern außergerichtlich zu einigen.
- Wenn außergerichtliche Lösungen nicht möglich sind, sind Sie mit einer Privatinsolvenz innerhalb von drei Jahren den Schuldenberg los.
Wie entstehen Schulden?
Eigentlich ist die Antwort ganz einfach: Indem Sie mehr Geld ausgeben, als Ihnen zur Verfügung steht. Anfangs können Sie einige Rechnungen noch warten lassen. Doch schon bald müssen Sie sich Geld leihen – und Ihre laufenden Kosten werden nur noch höher.
Aber warum geben manche Menschen mehr Geld aus, als sie haben? Der Grund muss nicht immer ein ausschweifender Lebensstil sein. Auch persönliche Schicksalsschläge können zu einer finanziellen Schieflage führen: Arbeitslosigkeit, eine gescheiterte Selbstständigkeit, Krankheit, Unfall oder Tod des Partners beziehungsweise der Partnerin. Wenn dann vielleicht noch die Lebenshaltungskosten steigen, wird es bei einem schmalen Gehalt oder einer kleinen Rente schnell eng.
In Deutschland sind fast sieben Millionen Menschen überschuldet. Das heißt: Diese Menschen sind über einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage, ihre Verbindlichkeiten, Rechnungen und Kredite zu zahlen. Spätestens dann wird es Zeit, etwas zu unternehmen.
Schritt für Schritt raus aus den Schulden
Der erste – und wichtigste – Schritt lautet: Gestehen Sie sich Ihre Situation ein. Es hilft nichts, immer weiter ein Loch dadurch zu stopfen, indem Sie woanders ein neues aufreißen. Je früher Sie etwas unternehmen, umso besser. Doch bevor Sie das Problem angehen können, müssen Sie erst einmal Ordnung ins finanzielle Chaos bringen.
Verschaffen Sie sich zuerst einen Überblick über Ihre finanzielle Lage:
- Sortieren Sie alle Unterlagen übersichtlich.
- Listen Sie alle Schulden nach Dringlichkeit und Höhe auf.
- Ganz oben auf die Liste kommen die Schulden, bei denen Ihnen ernsthafte Konsequenzen drohen, zum Beispiel der Verlust der Wohnung.
- Wie hoch sind Ihre Ausgaben und wie hoch die Einnahmen? All diese Fragen sollten Sie beantworten können und schriftlich festhalten.
- Sie wissen nicht, was alles auf die Liste gehört? Helfen kann Ihnen ein Haushaltsplan. Einen kostenlosen Vordruck bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. hier zum Download an.
Checkliste: Wo steckt Potenzial zum Sparen und für Einnahmen?
- Kontrollieren Sie alle Verträge und Verpflichtungen. Gibt es vielleicht noch Einsparmöglichkeiten, wie zum Beispiel das Vertragshandy zu kündigen und auf ein Prepaid-Handy umzusteigen?
- So manche Sparmöglichkeit entdecken Sie vielleicht auch per App. Ein paar Tipps finden Sie im Ratgeber „Geld sparen per App: Mit diesen Programmen wird das Leben günstiger“.
- Haben Sie die Möglichkeit, einen Minijob aufzunehmen, um etwas mehr Geld zur Verfügung zu haben?
- Klären Sie ab, ob Ihnen eventuell noch staatliche Sozialleistungen zustehen wie Wohngeld, Kinderzuschlag, Grundsicherung oder ein Unterhaltsvorschuss.
- Notieren Sie alle Ausgaben und prüfen Sie, ob Sie nicht ein paar von ihnen verringern können. Zum Beispiel ist beim Wasserverbrauch und beim Strom oft etwas drin, indem Sie einfach manche Angewohnheiten ändern.
- Überprüfen Sie Zinsen und Kosten, die Ihnen in Rechnung gestellt wurden. Gerade Inkassounternehmen verlangen oft mehr, als ihnen zusteht.
Wie Sie konkret vorgehen, lesen Sie ausführlicher in unserem Ratgeber „Schulden abbauen: So entkommen Sie der Schuldenfalle“.
Video: Pleite – was nun?
Schulden mit einem Kredit tilgen: Eine gute Idee?
Sie kennen jetzt die genaue Schuldensumme? Es ist doch nicht so schlimm wie gedacht? Oder noch viel schlimmer? Egal wie: Vielleicht können Sie mit einem neuen Kredit alle alten ablösen. Wenn die Zinsen günstiger sind, müssten Sie eine geringere monatliche Rate stemmen. Zumal bei einem statt mehrerer Kredite auch nur einmal Bearbeitungsgebühren anfallen. Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Die Schufa hält sie für kreditwürdiger, wenn Sie möglichst wenig Kredite laufen haben. Entsprechend würde Ihr Schufa-Score steigen.
Aber ob so eine Umschuldung deshalb wirklich sinnvoll ist, müssen Sie genau mit der Bank absprechen, die Ihnen den neuen Kredit geben soll. Denn es gibt ein paar Stolpersteine.
- Bislang steht es mit Ihrem Schufa-Score vermutlich nicht zum Besten. Das bedeutet, die Bank wird Ihnen wohl nicht die besten Konditionen anbieten. Die höheren Zinsen sind sozusagen der Preis für das höhere Risiko, dass Sie den Kredit nicht zurückbezahlen. Ob der Kredit dann wirklich günstiger ist, sollten Sie genau ausrechnen lassen. Und wenn Sie einen Kredit ohne Schufa-Prüfung finden? Dann Finger weg! Solche Angebote sind unseriös.
- Wenn Sie einen Kredit (oder mehrere) vorzeitig zurückzahlen (eben mit dem Geld aus dem neuen Kredit), dann zahlen Sie nicht mehr so lange Zinsen wie ursprünglich gedacht. Aber die Kreditgeber hatten mit der längeren Zinszahlung geplant. Zum Ausgleich können sie eine Extra-Zahlung verlangen, die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Die müssen Sie mitberechnen, wenn Sie die Kosten der Umschuldung errechnen wollen.
In einem Fall ist ein neuer Kredit immer günstiger. Nämlich dann, wenn Sie bei Ihrem Girokonto dauerhaft im Dispo stecken. Denn dafür zahlen Sie die höchsten Zinsen. Dann nehmen Sie lieber einen Kredit auf und gleichen damit Ihr Konto wieder aus. Die Kreditzinsen sind in jedem Fall günstiger.
Mehr zu dem Thema lesen Sie im Ratgeber „Aus zwei mach eins: Kredite zusammenfassen und sparen“.
Wie viele Schulden haben die Deutschen?
Wie viele Schulden haben die Deutschen?
Im Jahr 2021 belief sich das volkswirtschaftliche Schuldenvolumen in Deutschland auf 178 Milliarden Euro. Umgerechnet bedeutet das: Jede*r Deutsche hatte Schulden in Höhe von 28.900 Euro.
Zwangsvollstreckung: Nein, danke!
Wenn Sie immer wieder Rechnungen platzen lassen und keine Mahnung und keine Warnung etwas bringt– müssen Ihre Gläubiger dann auf ihr Geld verzichten? Nein, müssen sie nicht. Denn dann gibt es die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung. Und die kann richtig unangenehm werden.
Bei einer Zwangsvollstreckung schaltet sich eine Gerichtsvollzieherin beziehungsweise ein Gerichtsvollzieher ein und fordert eine Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung oder auch Offenbarungseid genannt). Dabei müssen Sie bis ins kleinste Detail angeben, wie viel Geld und was für Wertgegenstände Sie besitzen. Bei falschen Angaben droht eine Haftstrafe. Anschließend müssen Sie alles abgeben, was Sie nicht zwingend zum Leben brauchen– bis die Schulden bezahlt sind.
Wann eine Zwangsvollstreckung droht und was genau passiert, lesen Sie im Ratgeber „Das letzte Mittel: So läuft eine Zwangsvollstreckung ab“.
Besser ist es, wenn Sie rechtzeitig vor einer Zwangsvollstreckung aktiv werden. Welche Möglichkeiten Sie haben, gucken wir uns im Folgenden an.
Die Schuldnerberatung hilft
Die Schuldensumme ist so hoch, dass Sie nicht mehr weiterwissen? Alle Spartipps, Einsparungen beim Stromverbrauch oder ein zusätzlicher Minijob reichen nicht aus, um die vielen Schulden abzubauen?
Dann sollten Sie sich Hilfe holen. Vereinbaren Sie einen Termin bei einer Schuldnerberatung. In Deutschland gibt es mehr als 1.400 anerkannte Schuldnerberatungsstellen. Eine Übersicht finden Sie hier.
Allerdings kann es sein, dass Sie auf einen Termin ein paar Monate warten müssen. Für ganz dringende Fälle wie Probleme bei der Zahlung von Strom, Wasser oder Miete gibt es in der Regel allgemeine und kurzfristige Sprechstunden.
Hilfe erhalten Sie auch bei den Verbraucherzentralen, der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. und der Schuldenhelpline. Empfehlenswert sind auch die Schuldnerberatungen der Wohlfahrtsverbände wie die Arbeiterwohlfahrt e. V. (AWO), das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband und die Caritas.
Die staatlichen und gemeinnützigen Beratungen sind kostenlos. Falls dennoch Gebühren oder Kosten für Sie entstehen, werden Sie vorab darüber informiert.
Lösungsansätze für eine außergerichtliche Einigung
Lieber später Geld bekommen – und notfalls weniger – als überhaupt keins. Nach diesem Motto handeln auch die meisten Gläubiger, denen Sie Geld schulden. Deswegen stehen die Chancen gut, dass Sie sich mit ihnen einigen, bevor es ans Gericht geht. Wichtig ist, dass Sie von sich aus auf die Gläubiger zugehen. Eine Schuldnerberatung kann das für Sie übernehmen, braucht dafür von Ihnen aber eine Vollmacht.
Wie sehen diese außergerichtlichen Einigungen aus? Es gibt folgende Lösungsansätze:
- Zahlungsaufschub oder Stundung: Wenn ein Ende Ihrer finanziellen Notlage in Sicht ist (etwa weil Sie bald einen neuen Job antreten), warten Gläubiger vielleicht noch etwas länger auf das Geld.
- Ratenzahlung: Wenn Sie eine besonders hohe Summe zurückzahlen müssen, können Sie diese vielleicht auf mehrere kleinere Beträge aufteilen. Das Gleiche gilt, wenn die bisherigen Raten zu hoch sind – dann lassen sie sich vielleicht strecken und werden dadurch kleiner.
- Vergleich oder Forderungsnachlässe: Bei besonderen Umständen erlassen manche Gläubiger der verschuldeten Person einen Teil der Schulden. Zum Beispiel: Wenn es Ihnen gelingt, einen größeren Betrag auf einmal abzuzahlen, werden womöglich die Restschulden erlassen.
- Verzicht oder Erlass: In sehr selten Fällen können Gläubiger Ihnen aufgrund einer entsprechenden finanziellen, persönlichen und sozialen Prognose die gesamten Schulden erlassen.
Mit Privatinsolvenz nach drei Jahren schuldenfrei
Sie haben zusammen mit Ihrem professionellen Berater oder Ihrer Beraterin aus der Schuldnerberatung alles versucht und wollten sich mit den Gläubigern außergerichtlich einigen? Das hat aber nicht geklappt? Und nun können Sie Ihre Schulden beim besten Willen nicht zahlen? Selbst dann können Sie den*die Gerichtsvollzieher*in noch verhindern. Ihnen bleibt noch der Weg in die Privatinsolvenz. Der ist schmerzhaft, weil Sie jede Einnahme offenlegen müssen und nur den sogenannten Selbstbehalt behalten dürfen – alles darüber hinaus geht an Ihre Gläubiger. Dafür sind Sie nach drei Jahren schuldenfrei, wenn alles normal läuft. Selbst wenn Sie in dieser Zeit noch nicht alles zurückgezahlt haben: Die Restschulden werden Ihnen erlassen.
Für eine Privatinsolvenz brauchen Sie zunächst eine schriftliche Bestätigung, dass Sie sich nicht mit den Gläubigern einigen konnten. So eine Bestätigung bekommen Sie bei Anwält*innen, Notar*innen oder einer anerkannten Schuldnerberatung. Erst danach können Sie einen Antrag auf eine Privatinsolvenz stellen.
Alles Weitere, was Sie dazu wissen müssen, finden Sie in unserem Ratgeber: Gewusst wie: Antrag auf Privatinsolvenz stellen.