Studenten packen ihre Sachen und verlassen einen Hörsaal
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Elternunabhängiges BAföG: Wann gibt es wie viel?

Dagmar Sörensen
von Dagmar Sörensen, 16.02.2021

Mit Ihrem Schulabschluss oder dem gewählten Beruf läuft es nicht so wie erhofft? Macht nichts, jede*r hat eine zweite Chance verdient. Zum Beispiel, auch in späteren Jahren ein Studium zu beginnen. Die Frage ist allerdings, wer das bezahlt. Finanzielle Ansprüche an die Eltern bestehen jedenfalls nicht mehr. Dann bleibt nur noch, nebenbei zu jobben. Oder elternunabhängiges BAföG zu beantragen. Wann und wie das geht, verraten die KlarMacher.

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Elternunabhängiges BAföG gibt es nur in Ausnahmefällen

Ihre Eltern müssen Ihre Ausbildung unterstützen. Deshalb gibt es das „normale“ BAföG nur, wenn Ihre Eltern diese Kosten nicht tragen können. Es gibt aber Umstände, unter denen das Vermögen von Vater und/oder Mutter völlig außen vor bleibt. In den folgenden Fällen greift Ihnen der Bund ganz ohne Prüfung der finanziellen Verhältnisse ihrer Eltern unter die Arme – in Form des elternunabhängigen BAföGs.

Übrigens: Die gleichen Voraussetzungen gelten auch für Schüler*innen und Studierende! 

Zweiter Bildungsweg

Ohne Schulabschluss einen guten Job zu finden, ist schwer. Deshalb gibt es den Zweiten Bildungsweg. Wer ihn geht, der kann – auch nach einer Ausbildung – die Hauptschule zu Ende bringen oder einen weiterführenden Schulabschluss erreichen. Das findet der Staat gut und fördert Menschen, die auf diese Weise dazulernen wollen. Ihnen bietet er elternunabhängiges BAföG, wenn sie beispielsweise nach einem Realschulabschluss ein Abendgymnasium oder Kolleg besuchen.

Achtung: Haben Sie ein Abendgymnasium oder Kollegs mithilfe von elternunabhängigem BAföG absolviert, dann möchten Sie vielleicht ein Hochschulstudium dranhängen. Allerdings werden Sie dabei nicht weiter automatisch elternunabhängig gefördert. Anspruch haben sie dann nur, wenn sie zum Beispiel nach Ihrem vorherigen Abschluss älter als 30 Jahre sind.

Junge Frau in der Bibliothek arbeitet an ihren Laptop
© istock/gorodenkoff/2020  Wer nach der Ausbildung noch ein Studium draufsetzen will, hat gute Chancen auf elternunabhängiges BAföG.

Jahrelange Erwerbstätigkeit vor Beginn des Ausbildungsabschnitts

Waren Sie vor einem Studium mehrere Jahre berufstätig, haben Sie ebenfalls Chancen auf elternunabhängiges BAföG. Aber nur, wenn Ihr damals verdientes Geld zum Leben gereicht hat. Außerdem müssen Sie die folgenden beiden Bedingungen erfüllen:

  • Fünf Jahre Erwerbstätigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres.
  • Drei Jahre Erwerbstätigkeit nach einer dreijährigen berufsqualifizierenden Ausbildung. Wenn die Ausbildung kürzer war, müssen Sie umso länger erwerbstätig gewesen sein, sodass unterm Strich sechs Jahre zusammenkommen.

Zur Erwerbstätigkeit zählen unter anderem auch Zeiten ...

  • bei der Bundeswehr.
  • beim Bundesfreiwilligendienst.
  • eines sozialen oder ökologischen Jahres.
  • der Betreuung eines Kindes unter zehn Jahren oder eines behinderten Kindes.
  • im Mutterschutz.
  • von Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit.

Nicht als Erwerbstätigkeit gelten Phasen, in denen Hartz IV bezogen wurde oder Mini- beziehungsweise Ferienjobs

Wichtig: Um elternunabhängiges BAföG zu bekommen, müssen Sie Ihre Erwerbstätigkeit nachweisen. Das können Sie zum Beispiel mit Lohn- oder Gehaltsabrechnungen. Die Erwerbstätigkeit müssen Sie übrigens nicht an einem Stück abgeleistet haben.

Dreißigstes Lebensjahr vollendet

Nicht immer läuft im Leben alles glatt und Pläne für ein Studium müssen längere Zeit auf Eis liegen. Manchmal, bis das 30. Lebensjahr vollendet ist. Deshalb gibt es elternunabhängiges BAföG auch für akademische Spätstarter*innen. Sie müssen aber triftige persönliche oder familiäre Gründe nachweisen. Solche Umstände können sein:

  • Sie haben Ihr eigenes Kind bis zu dessen 14. Lebensjahr ununterbrochen betreut.
  • Sie haben auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur nachgeholt.
  • Sie waren schwanger, krank oder hatten beziehungsweise haben eine Behinderung.

Wichtig: Diese Ausnahmeregelungen für elternunabhängiges BAföG greifen nur, wenn Sie Ihr Studium unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes beginnen – also direkt nach dem Schulabschluss, der Schwangerschaft oder der Kinderbetreuung.

Unbekannter Aufenthaltsort der Eltern

Auch das gibt es: Die Adresse der Eltern ist unbekannt und lässt sich nicht ermitteln. Damit ist es unmöglich, von ihnen Geld für die Ausbildung ihres Nachwuchses zu bekommen. Für solche Fälle kann ebenfalls ein Antrag auf elternunabhängiges BAföG gestellt werden. 

Dazu müssen die Auszubildenden schriftlich versichern, dass …

  • sie den Aufenthaltsort ihrer Eltern nicht wissen.
  • sie keine Kontaktperson der Eltern kennen.
  • sie keinen Unterhalt von den Eltern beziehen.
Junger schwarzer Mann schreibt eine Klausur
© istock/LumiNola/2019  Elternunabhängiges BAföG ist unter Umständen auch eine Option für junge Asylbewerber*innen.

Eltern können in Deutschland keinen Unterhalt zahlen

Die Eltern sind zwar finanziell zu Unterhaltszahlungen in der Lage, können sie aber nicht leisten. Das passiert oft, wenn Vater und Mutter außerhalb der Bundesrepublik leben. Beispiele für solche Fälle:

  • Die Gesetze eines ausländischen Staates verhindern Unterhaltszahlungen.
  • Die Eltern von Asylberechtigten wohnen in deren Heimatland und müssen bei finanzieller Unterstützung ihrer Kinder mit politischer Verfolgung rechnen. 
  • Der Aufenthaltsort der Auszubildenden muss geheim bleiben, weil ihnen sonst Gefahr für Leib und Leben droht. Das können zum Beispiel Misshandlungen sein, aber auch eine Zwangsverheiratung.

Vollwaisen

Vollwaisen erhalten ebenfalls elternunabhängiges BAföG auf Antrag. Ihre Waisenrente gilt allerdings als Einkommen. Wenn das einen bestimmten Freibetrag übersteigt (mehr dazu unten), gibt es Abzüge beim BAföG. 

Kein Extra-Antrag: BAföG-Amt prüft automatisch

Für elternunabhängiges BAföG brauchen Sie nur den ganz normalen BAföG-Antrag auszufüllen. Ob Sie die elternunabhängige Förderung bekommen können, prüft das BAföG-Amt automatisch anhand Ihres Lebenslaufs. Der sollte daher lückenlos sein und alle Ausbildungszeiten und die Dauer Ihrer Erwerbstätigkeiten enthalten. Denken Sie auch an zusätzliche Nachweise, die zum Beispiel Zeiten der Erwerbstätigkeit belegen (Zeugnisse, Lohnabrechnungen).

Keine Regel ohne Ausnahme: Ist der Aufenthaltsort Ihrer Eltern unbekannt, müssen Sie kein „normales“, sondern ausdrücklich elternunabhängiges BAföG beantragen. Den Antrag dafür gibt es beim Amt für Ausbildungsförderung.

Junge Frau sitzt am Boden und schreibt auf einem Laptop
© istock/sefa ozel/2019  Elternunabhängiges BAföG können Sie auch online beantragen.

Elternunabhängig oder nicht: Höhe bleibt gleich

Die entscheidende Frage: Wie viel elternunabhängiges BAföG gibt es? Die Antwort: Es ist grundsätzlich genauso hoch wie das übliche BAföG. Einen Unterschied gibt es nur bei der Berechnung. Im Normalfall zählt dafür das Einkommen der Eltern. Hier aber ist Ihre persönliche Lebenssituation ausschlaggebend: Wohnort, Krankenversicherung, Familienstand. Aktuell (Wintersemester 2020/21) beträgt der Höchstsatz für Student*innen 861 Euro, für Schüler*innen 832 Euro – ganz egal, ob Sie elternunabhängiges oder „normales“ BAföG beziehen. Einzelheiten zur Berechnung finden Sie in unserem Ratgeber „Geld vom Staat für die Ausbildung: Wie viel BAföG kann ich bekommen?“. 

Achtung: Beim elternunabhängigen BAföG bleiben Vermögen und Einkommen Ihrer Eltern zwar außen vor, nicht aber Ihr eigenes Einkommen. Allerdings wird Ihnen beim Vermögen ein Freibetrag von 8.200 Euro pro Jahr gewährt. Nur wenn Sie mehr verdienen, gibt es weniger BAföG. Auch einen Minijob bis zu 450 Euro monatlich dürfen Sie haben, ohne dass Ihre Förderung gekürzt wird. 

Hilfe bei der Berechnung bieten BAföG-Rechner im Internet. Sie müssen viele Daten eingeben, planen Sie also genügend Zeit ein.

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